Winnie Wenzel
Irgendwie erinnert mich der Auftakt der Fußball-EM an die kürzlich in Moskau ausgetragene Schach-WM: nicht wirklich viel los, am Ende remis. Nun will ich nicht so tun, als verstünde ich besonders viel von Fußball oder wäre ein echter Fan des getretenen Leders. Aber die Bamberger Onlinezeitung konnte bislang keinen anderen für dieses Ressort finden, also hängt es an mir. Ich habe mir also das Spiel zwischen Rotweiß und Blau angesehen und zwei brave Mannschaften und einige Schiedsrichter dabei erlebt, halbwegs anständig über die Runden zu kommen. Was beim Fußball nun einmal keine einfache Sache ist, weil bestimmte Regeln zu beachten sind und sich das gesamte Spiel mit über 90 Minuten fürchterlich in die Länge zieht. Als Anhänger von Basketball, Snooker, Eishockey, Handball, Radball, American Football, Badminton, Tischtennis und ähnlichen Sportarten auch noch nie für eine gute Idee gehalten, einen Spielball ausgerechnet mit den Füßen zu bewegen – zumindest wenn man Wert auf eine gewisse Präzision der Ballbewegung legt. Andererseits kann ich durchaus wieder nachvollziehen, dass man bei bestimmten Spielen gerade Präzision nicht besonders hochschätzt, sondern stattdessen lieber dem Zufallsfaktor eine größere Rolle einzuräumen gewillt ist. Dabei könnte man aber auch konsequent sein und gleich Würfel ins fußballerische Regelwerk einbauen; z.B. könnte man auswürfeln, wie viele Spieler eine Mannschaft aufs Feld schicken darf oder wie groß die jeweiligen Tore sind.
Nun, heute erfüllte ja der spanische Hauptschiedsrichter die Funktion eines solchen Würfels, indem er einen Griechen bereits in der ersten Halbzeit in die Kabine schickte, obwohl dessen polnischer Gegenspieler nur gestolpert war. Durch einen Treffer von Lewandowski hatte es da schon 1:0 gestanden. Nach 60 Minuten wurden die Spieler ziemlich müde, was einen Basketballer nicht verwundert. Dort sind die Leute schon nach 40 Minuten platt. (Wobei sie sich zuvor allerdings auch ordentlich bewegt haben.) Fußballer scheinen auch keine Systeme eintrainiert zu haben, sondern eher dem gütigen Geschick zu vertrauen, dass der Ball dorthin springt, wo man gerade steht. In der zweiten Hälfte hatten die Griechen ein solches Glück und kamen in Unterzahl zum Ausgleich. Dennoch behauptete der Reporter im Fernsehen noch weit in die zweite Hälfte hinein, ein spannendes Spiel zu sehen, „auch und gerade wenn der Ball an der Mittellinie quer gespielt würde“. Eine interessante Feststellung, sympathisch bescheiden. In den letzten 20 Minuten gab der Fernsehsprecher diese recht verzweifelt wirkende Position allerdings auf und sprach vermehrt von einem enttäuschenden Trainingsspiel. Das nette polnische Publikum hatte inzwischen auch zu pfeifen begonnen. Die Griechen verschossen dann noch einen Elfmeter gegen den eingewechselten Reserve-Keeper, um das Publikum nicht zu arg zu frustrieren. Von wegen, Angst des Tormanns, Herr Handke!
Mit 10 Mann (zu viele, zu viele!) auf beiden Seiten schaukelte man die Kiste dann doch noch ganz gut ins Ziel. Das 1:1 lässt den Ausgang der EM noch offen. Was im Grunde zu begrüßen ist.