Der Reiseroman
von Rosemarie Krieger, übernommen aus "Unser Bartenstein"
Gedichte und ein Roman, medizinische Fachbücher und Ratgeber und der Fluchtbericht Fuga Matris in Hexametern – der Bamberger Autor Sigurd Göttlicher ist in unserer Stadt kein Unbekannter. Heute machen wir auf sein neues Werk aufmerksam:
Der Autor stellt mit diesem Reiseroman eine literarische Mischform vor: Reiseziele, Reiseerfahrungen, Reiseeindrücke und Reisebegegnungen bestimmen den Inhalt, aber der Autor will ausdrücklich keinen Reiseführer vorlegen, er verweist dafür auf die einschlägige Literatur.
Ein Roman im strengen Sinne des Gattungsbegriffes ist das vorliegende Buch auch nicht, so einer mit wechselnder Erzählperspektive, Handlungssträngen, Spannungsbogen, eisern durchgehaltener Fabel und klar umrissenen und sich entwickelnden Charakteren. Der Erzählfaden wird allein vom erlebenden, erzählenden, kommentierenden und reflektierenden Verfasser gesponnen – und der Leser folgt diesem Ariadnefaden willig und lässt sich wie Sindbad der Seefahrer im Nu an entlegene oder nahe, exotische oder bekannte Orte tragen, nach Südtirol und Jordanien, Spanien und Finnland, Japan und Jemen, China und Frankreich, Nepal und Schottland, Malta und Sylt, nach Prag und Bartenstein, auf das Mittelmeer und die Donau. Der Rekurs auf eine solche Kreuzfahrt von Passau bis zur Donaumündung und zurück ist zusammen mit autobiografischen Facetten das verstetigende Ordnungsprinzip dieses Buches. Der siebte Delfin, der den Titel des Buches abgibt, taucht eher beiläufig auf. (Von jedem Malta-Besuch bringen sie einen Türklopfer in Form eines Delfins mit nach Hause.) Diese wohlbedachte Beiläufigkeit kennzeichnet das Werk und bestimmt die Form. Sie erlaubt dem Autor vergnügliche Exkurse zu Themen, die dem Reiseerleben entspringen, er plaudert über das Flirten an Bord, über Seekrankheit und Homosexualität, über den Terrorismus und Havarien, die Königin von Saba und Homer, Folklore und Biersorten.
Einen Bericht über den Jakobsweg wird man nicht erwarten, und das nicht nur wegen des Autors erklärter Abneigung gegen Fußmärsche. Nicht von ungefähr taucht das Wort „genüsslich“ im Text auf: Sigurd Göttlicher ist ein Genießer. Er lässt sich begeistern und genießt, was diese Reisen ihm bieten, landschaftliche Schönheiten und Besonderheiten, das Wiedersehen mit vertrauten Orten und Gegenden, den Reiz neuer Eindrücke, Begegnungen mit Fremden aller Sorten, den guten Service an Bord, das vorzügliche Essen (kein Sushi !), beschauliche Muße und haarsträubende Fahrten im Jeep. Und er lässt seine Leser an diesen Genüssen teilhaben, ohne ihnen Kopf und Geist damit vollzustopfen.
Aus Reisetagebüchern und vertiefender Lektüre nimmt der Verfasser seinen Stoff und stellt die Details in lockerer Folge und kürzeren oder längeren Kapiteln zusammen. In der Schule und im Elternhaus wurde ihm noch klassische Bildung zuteil, die fließt nun erlebnisgesättigt in seine Betrachtungen ein: Nibelungen und Odyssee, Bibel und Karl May, die Sieben Weltwunder, Troja. Kreuzfahrten auf der Donau, dem Nil und dem Mittelmeer geben ihm Gelegenheit zu leicht ironischen Betrachtungen über das Bordleben und die Mitreisenden.
Der erwiesene Liebhaber der Sprache freut sich an dem Klang fremder Sprachen, auch solcher, von denen er nur wenig versteht. Hier und auch sonst überlässt er sich willig dem Reiz des Fremden.
Man kann das Buch als Roman lesen – oder blätternd an einer Überschrift, einem Ortsnamen, einem Land hängen bleiben und dabei Neues erfahren oder eigene Erinnerungen vertiefen und eigene Reisen mit diesen hier beschriebenen vergleichen, zustimmend nicken, wenn der Autor ähnliche Erfahrungen oder Eindrücke benennt oder verwundert feststellen, dass einem da wohl etwas entgangen ist.
Mit dem Reiseroman „Der siebte Delfin“ liegt ein Buch vor, das gut im Urlaub zu lesen ist, oder vor oder nach einer Reise – oder anstatt einer Reise, falls ein Leser seine Reisezeit hinter sich hat, aber mit Freude an diese Reisen denkt.
„Der siebte Delfin“ von Sigurd Göttlicher
Erich Weiß Verlag
ISBN: 978-3-940821-08-9
Preis: € 18,50