Marimba mirakulös. Die Rosengarten-Serenaden im Kaisersaal.

Von Musicouskuß

BRUCKNER war da in großen Lettern auf dem Bus (er kam aus der Oberpfalz) zu lesen, der am Samstagabend vor der Residenz parkte. Aber wie das eben so ist, im Leben: der Schein trog. Was in diesem Falle besser so war, denn beispielsweise Bruckners Neunte oder gar die übermächtig klanggewaltige Achte im Kaisersaal der Residenz wären wohl aufgrund der Akustik kaum zu ertragen. Für kleinere Besetzungen aber ist der Raum sehr gut geeignet.

In ihrer einundfünfzigsten Saison haben sich die unter der Schirmherrschaft von Andreas Starke stehenden Rosengarten-Serenaden dazu entschlossen, sämtliche Konzerte in das historische Gemäuer zu verlegen. So kann es ruhig einmal regnen, ohne dass das Holz und die Streicher um ihre Instrumente fürchten müssten. Und wem nach Rosen ist, der darf sich vor Konzertbeginn und auch in der verlängerten Pause dem Blumenzauber hingeben.

Es war ein ungewöhnliches, ein inspiriertes, ein sich auf erfrischend anderen Pfaden als den üblichen bewegendes Programm, welches das Bamberger Kammerorchester unter der Leitung von Gerhard Olesch präsentierte. Nur selten – man kann schon von einem Rarissimum sprechen – ist ein Marimbaphon solistisch mit Orchester zu erleben, und auch Klarinettisten bietet sich nicht allzu häufig die Gelegenheit zum konzertieren. Der klassische Betrieb wird eben von Pianisten, von Geigern und Cellistinnen dominiert, Bläser und Schlagwerker müssen sich arg zurückhalten.

Wenn dann doch einmal ein Konzert für Klarinette und Orchester angesetzt wird, dann steht es meist in A-Dur, hört auf die Köchelverzeichnisnummer sechs zwei zwei und ist eines der letzten Werke Mozarts. Dabei ist das zur Auswahl stehende Repertoire für das Rohrblatttinstrument so reizvoll wie vielfältig. Da sind die Konzerte der Mannheimer Schule, also von Stamitz & Co., da ist ein Ludwig Spohr, später, 1909, kommt Claude Debussy mit seiner wundervollen Rhapsodie hinzu, dann Aaron Copland und der Däne Carl Nielsen.

Und da ist natürlich Carl Maria von Weber, der 1811 gleich zwei Klarinettenkonzerte vorlegte, eines in Es-Dur, das andere, das erste, in f-moll. Für dieses Opus 73 hatte sich Seraphin Maurice Lutz entschieden, eine gute Wahl, um seine Virtuosität und seinen musikalischen Geschmack auszustellen. Lutz, Jahrgang 1998 und in Bamberg geboren, begann bereits mit vier Jahren an Klarinette und Klavier. Auf beiden Instrumenten hat er etliche Preise eingefahren, nicht nur bei „Jugend musiziert“ auf Bundesebene.

Warum das so ist, machte Lutz’ Deutung des weberschen Konzertes ersichtlich. Im Adagio versprühten die für Weber so typischen Hörner im Dialog mit dem Solisten romantischen Zauber. Das Rondo-Allegretto ging Lutz sehr frech und flott an. Vor doch recht schrillen Spitzentönen scheute er nicht zurück. Ein großes Talent, welches da heranwächst, schon herangewachsen ist. Die Zuhörer im sehr gut besuchten Kaisersaal goutierten es mit Bravorufen. Eine Zugabe hätte man sich durchaus gewünscht, von Igor Stravinsky vielleicht oder, warum nicht, von Jörg Widmann. Sie blieb allerdings aus.

Der zweite Solist des Abends war der Stegauracher Josef Treutlein. Daß der 1996 in Bamberg Geborene zur Perkussionsgruppe des Bundesjugendorchesters zählt, wird niemanden verwundern, der Treutlein an diesem Samstag am Maribaphon hörte. Das Wort Schlagzeug und der Name Siegfried Fink sollten Eingang ins Synonymwörterbuch finden. Aus Finks Würzburger Klasse, die er bis vor zwei Dekaden leitete, gingen etliche grandiose Perkussionisten hervor. Einer davon ist der Brasilianer Ney Rosauro. Sein Konzert für Marimba und Orchester, entstanden im Sommer 1986, gilt als das populärste seiner Art überhaupt. Es beginnt mit „Saudação“, einem Willkommensgruß im Allegro. Das Zusammenspiel zwischen Solist und Orchester war sehr präzise, nicht nur beim schön auf den Punkt gebrachten Schluß. Das Lamento ging ans Herz, sehr fein das Pizzicato des Kontrabasses, später dann, in der Kadenz, ein eindringliches Zwiegespräch der musikalischen Art zwischen dem Konzertmeister und Treutlein. Die „Danca“, der Tanz, sprühte vor Virtuosität. Schon erstaunlich, was man mit vier Schlegeln – zwei in jeder Hand – einem Marimbaphon entlocken kann. Das Finale geriet zum synkopisch durchsetzten, vom Jazz und lateinamerikanischen Rhythmen beeinflußten Rausschmeißer, einschließlich einer Kadenz über fast den gesamten Tonumfang der Marimba hinweg. Lautstarke Bravi für Treutlein, der mit einer zart verinnerlichten Interpretation der „Rotation IV“ des Franzosen Eric Sammut dankte. Bravo! Oder besser: Chapeau!

Gerahmt wurde das solistische Programm von Luigi Cherubinis „Il Gulio Sabino“ und von Carl Maria von Webers Zweiter Symphonie in C-Dur. Das Bamberger Kammerorchester unter Gerhard Olesch war bestens vorbereitet und spielte großartig auf. Vor allem die Oboe (Falk Krause) durfte sich immer wieder hervortun. Ein Abend, der Lust machte auf das, was da noch kommen mag in dieser Rosengarten-Spielzeit. Am 20. Juli geht es im Kaisersaal weiter mit Werken von Mozart, Beethoven und Ravel. Das „Quinten“-Quartett – es setzt sich aus Mitgliedern der Bamberger Symphoniker zusammen – ist zu Gast.