Na dann Mahlzeit!

Brighton Royal kitchen Nash's Views edited

… wünscht Monika Schau

Oder: Die Essgewohnheiten der Deutschen und wie man gegensteuern sollte, bevor es zu spät ist

Manchmal ist zappen im Fernsehen doch gar nicht so schlecht. Sender, die man eigentlich von vorne herein nicht guckt – wie RTLII, können dann auch mal zeigen, was sie drauf haben. Nein, nicht die Container-Sendung Big Brother. Da gibt es Sendungen, die helfen wollen, die Restaurants auf Vordermann zu bringen, denen die Gäste weglaufen, und die die Großküchen unter die Lupe nehmen.

Können Sie sich vorstellen, dass es in einer Großküche, die täglich fast 1.000 Essen herausgibt, keine frischen Zwiebeln mehr gibt? Von frischem anderem Gemüse ganz zu schweigen. Die machen nur noch Päckchen auf und rühren die an. Sogar Tomatenmark gab es nur in Pulverform. Und das essen täglich Hunderte von Menschen. Ob Soßen, ob Suppen, ob Gewürzmischungen – alles mit Geschmacksverstärker! Da wundert es keinen mehr, wenn die Leute immer anspruchsloser und aufgeschwemmter werden und ordentlich gekochtes Essen nachsalzen. Die Geschmacksnerven werden konditioniert, denn diese Geschmacksverstärker enthalten jede Menge Salz und das macht Durst. Viele Zusatzstoffe, die außerdem da drin sind, verursachen Kopfschmerzen, Völlegefühl und Übelkeit. Meine Tochter kann ein Lied davon singen: Vor Jahren, als das noch wenig bekannt war, kollabierte sie regelmäßig, wenn sie ein ‚süßes Teilchen’ vom Bäcker aß. Nach dem Genuss von Gummibärchen bekam sie einen Bauch wie eine Schwangere und auf bestimmte Pillen wurde ihr schlecht. Zuerst wurde ihr gesagt, sie würde markieren und hätte keine Lust, in die Schule zu gehen. Nach vielem Testen und Arztbesuchen fand ein Zahnarzt (!) heraus: Zusatzstoffunverträglichkeit. Es waren übrigens nicht die Inhaltsstoffe der Arznei, die ihr zusetzten, sondern die Dragierung der Pille!

Eigentlich bin ich der Meinung, es sollte – wie auf Zigarettenpackungen – vor der Unverträglichkeit von Chips und Fertignahrung gewarnt werden. Oder vor genmanipulierten Haselnüssen in Schokoriegeln. Damit könnten Sie nämlich in Bezug auf Allergie mittlerweile eine Lawine lostreten.

Haben Sie schon mal Hackfleisch vom Discounter gesehen? Das wird zusätzlich bestrahlt, damit es länger haltbar ist und bekommt wegen der Farbe noch einige Zusatzstoffe eingeimpft. Dazu gibt es noch Geschmacksverstärker und Konservierungsstoffe zusammen mit viel Salz, damit man die Fettanteile nicht sofort herausschmeckt.

Wie weit muss es beim Industriefutter noch gehen? Separatoren-Fleisch in der Wurst oder in den Hühnertopf oder Antipasti di Mare vom Hersteller – ohne rot zu werden – gepressten Krill (Leuchtkrebs) als Surimi verkauft und das dann auch noch gekauft wird. Zusätzlich sind noch Abfallprodukte von Krabben und sonstigem drin, die jeder, der das mitisst, nicht einmal anlangen würde. Da ist doch unsere Katzen- und Hundenahrung noch besser.

Übrigens: Wenn Sie kein Glutamat wollen, sollten Sie auf der Nahrungsmittelbeschreibung – die ja mittlerweile wie ein Beipackzettel einer Arznei aussieht – auch darauf achten, ob Hefeextrakt drauf steht. Klingt natürlich, hat es aber in sich.

Mittlerweile wird von jedem Stückchen Fleisch das Fett weggeschnitten. Koteletts gibt es nur noch als fettloses Fleischteil mit Griff (Knochen). Wenn überhaupt ist ein ordentlich durchwachsener Schweinebauch fast nicht mehr zu bekommen (wo doch Fett der Geschmacksträger ist), aber die Leute essen Leber- und andere Wurst, Leberkäse, Hamburger und Currywurst mit so viel versteckten Fettanteilen, dass das an und in dem Fleisch, das weggeschnitten wird, Marginalien sind. Das wird dann toleriert.

Oder die Hühnerteilchen, die Formfleisch sind – Fleischreste, die in die passende Form gepresst und dann noch paniert wurden und anschließend in Fett herausgebacken werden und die so viel verstecktes Fett haben, dass es einem schlecht werden könnte.

Verstehen Sie mich richtig: Keiner hat etwas gegen Chips, Schokoriegel und Hamburger. Viele mögen auch fetten Schweinebauch. Aber all das sollte doch in Maßen gegessen werden und nicht ausschließlich.

Die Wunschgerichte vieler Kids sind Pommes, Burger, Pizza, Schokoriegel und Gummibärchen – so sehen sie auch aus. Alles mit zuviel Salz und Geschmacksverstärker. Kein Wunder, dass die Fettleibigkeit immer mehr um sich greift. Abgesehen davon, dass Kinder und Erwachsene zunehmend unter Verstopfung leiden, weil keine Ballaststoffe mehr gegessen werden. Das ist übrigens einer der Gründe dafür, dass mittlerweile zunehmend Darmkrebs auch bei Kindern auftritt.

 

Zutatenliste. Foto: Christiane Hartleitner

Jamie Oliver, der mittlerweile bekannteste Koch Englands, hat versucht, die Schulspeisung (Jamie’s School Dinners) gesünder zu gestalten. Eine böse Überraschung für ihn. Die Schüler wollten absolut kein frisches Gemüse essen, denn sie wussten gar nicht mehr, was was war. Und schon gar nicht, wie es schmeckt.

Untersuchungen in England haben herausgefunden, dass die Schüler, die tagtäglich nur von der Schulküche verköstigt werden, auffallend aggressives Verhalten hatten. Es kommt von den Zusatzstoffen in den Convenience Produkten, die bei der Schulspeisung ausgegeben werden. Das gibt es bei uns nicht? Dann fragen sie doch mal die Kids, was sie den ganzen Tag in sich hineinstopfen. Hamburger, Cola, süße Teilchen vom Bäcker (der backt fast nur noch mit Backmischungen), Schokoriegel – überall Geschmacksverstärker und genmanipuliertes Soja. Haben Sie schon mal ein Schulkind gefragt, wie ein Lauch oder Rosenkohl aussieht? Ein Beispiel dieser Sendung war, dass von 10 Kids nur eines wusste, was Rhabarber, eines, was Lauch, keines was grüner Spargel war, aber alle kannten sie das Mc Donald’s Zeichen. Das kann Ihnen jetzt bald auch bei jungen Müttern passieren, die zwar noch wissen, wie was aussieht, die aber keine Ahnung mehr haben, wie man es zubereitet.

Ein Versuch zeigte, dass Kindern, die keine Süßigkeiten, keine Snacks und keine zuckerhaltigen Getränke mehr bekamen, nach einiger Zeit deutlich ruhiger wurden. All die hippeligen Kinder, die heute schon die Psychologensprechstunde bevölkern und solche Hämmer wie Ritalin verordnet bekommen, sollten mal dahingehend behandelt werden. Beobachtungen in England zeigten, dass bei Kindern, die aufgrund dieser Untersuchung normal ernährt wurden, bei einem Rückfall zur Junkfood binnen 30 Minuten die alten Symptome wie Wutanfälle und sonstige Aggressionen wieder auftauchten. Noch Fragen?

Und nun sind wir wieder da, wo wir anfingen, bei der Schulspeisung unserer Kinder bzw. Enkelkinder: Was glauben Sie wohl, was die bekommen, wenn die Ganztagesklassen eingeführt werden? Genau. Sicherlich ist es nicht so wie in Italien, wo die Schulspeisung verbietet, frittierte Gerichte anzubieten (wissen Sie noch? Tiefkühle auf, rein ins Fett und fertig). In Italien schreibt die Schulordnung vor, dass die Kinder frisches Obst und Gemüse bekommen und dort gibt es in den Schulküchen nicht mal eine Friteuse. Hier bei uns, fürchte ich, wird es anders aussehen. Siehe England – aggressive Kinder, müde Kinder, Darmkrankheiten (wegen der wenigen Ballaststoffe) und vor allem allergische Reaktionen,  bis hin zu Asthma …

Na dann Mahlzeit!

Unsere Essgewohnheiten sind es, die wir ändern müssen. Denn, wenn es so weitergeht, kann sich keiner mehr erinnern, wie richtiges Essen schmeckt. Schauen Sie doch mal in die Körbe der Leute, die vor Ihnen an der Kasse stehen! Da tun sich Welten auf. Es gilt umzudenken, bevor es zu spät ist. Die Omas sterben weg, die uns noch sagen konnten, wie alles gekocht wird. Die Eltern haben keine Zeit, wenn sie beide von der Arbeit nach Hause kommen und es ist doch so praktisch, eine Fertigpackung aufzumachen und in die Mikrowelle zu schmeißen.

Na dann Mahlzeit!

* alle lebensmittelverarbeitungsrelevanten Tatsachen wurden dem Buch entnommen:    Udo Pollmer / Cornelia Hoicke / Hans-Ulrich Grimm: Vorsicht Geschmack!