Berggebiet: Die Nase voll

Bewahren – Befahren?
Infoveranstaltung am 15. 2. 2012
Dr. Dieter Volk

Bewahren_Befahren

Viele Bewohner des Berggebiets wollen die Verkehrsbelastung nicht länger hinnehmen. „Das bessere Verkehrskonzept rund um den Dom“, „Bewahrt die Bergstadt“ und der „VCD“ hatten eingeladen, um über die Situation zu informieren und nächste Schritte zu diskutieren. Michael Vogel leitete die Versammlung mit dem Kurzfilm „Impressionen“ ein (von Ecker/Jositsch/Vetterling). Der ließ sofort die Haare zu Berge stehen: Sutte und Torschuster früh im Sekundentakt des Berufsverkehrs, die Hochtonner in der ab 3 t gesperrten Matern, das Knöcklein kurz vor Schulbeginn, von Schulbussen verstopft.

Achim Hubel setzte die Galerie des Grauens fort. Er hat jüngst das derbe Wachstum der Parkplätze im Bild festgehalten und die derbe Zunahme des Parksuchverkehrs. Dämpfende Absprachen mit Institutionen werden nicht eingehalten (Altenpflegeschule der Caritas am Jakobsberg), Versprechen der Stadtverwaltung sind von vorneherein als bloße Makulatur abzusehen (Parkplätze von St. Getreu für die Musikschule). Und neue Nutzungen oder Nutzungserweiterungen erzeugen noch mehr Parkansprüche (Verwaltung ins Bürgerspital, Montessorischule).

Wie passen das Bewahren der Bergstadt und ihr Befahren zusammen? Die Antwort liegt auf der Hand: Nur wenn der MIV weniger wird. Michael Rieger rückte einige Stellschrauben in den Blick. Die Parkangebote müssen reduziert und das Busangebot diversifiziert werden. Das richtet sich zuerst an die vielen Einrichtungen im Berggebiet, die den überbordenden Ziel- und Quellverkehr verursachen. Ebenso aber auch an die Stadtverwaltung, die zu einem entlastenden Mobilitätsmanagement anstiften und dies organisatorisch unterstützen kann.

Ein ganz anderer Brennpunkt ist die Einhaltung der Verkehrsregeln, vor allem der (mehr oder weniger mühsam) angeordneten Geschwindigkeitsbeschränkungen. Die Langzeiterprobung der Geschwindigkeitsdisplays hat gezeigt, dass sie zu wenig Wirkung haben. Nur eine kommunale Verkehrsüberwachung kann weiterhelfen. Sie soll also der nächste Schritt sein.

Damit sind nun auch die Bewohner der sieben Hügel selber angesprochen. Sie tragen schließlich auch zu Belastung und Belästigung bei. Wer ist bereit, den eigenen Pkw stehen zu lassen und menschen- und umweltschonend unterwegs zu sein? Gute Ratschläge an andere sind bekanntlich wohlfeil.

Mancher Ärger der Anwesenden entlud sich in knackigen Formulierungen. „Die Bürger dieser Stadt haben den Titel Welterbe nicht verdient“ zum Beispiel fand spontanen Beifall. Der Domplatz ist Fußgängerzone – mit einer stark und oft rücksichtslos befahrenen Auto-Bahn mitten durch. „Welche andere Stadt lässt an solchen Bauwerken solche Blechkolonnen vorbeilaufen?“ „Denken Sie sich mal den Petersplatz in Rom mit dem Verkehr auf dem Domplatz in Bamberg!“

Etliche Besucher machten auch Vorschläge, wie es weitergehen könne. Infostände in der Stadt, sprachlich aggressiver auftreten, plakative Aktionen, das Welterbegebiet ausweiten, Demos, Verlagerungen von verkehrsträchtigen Einrichtungen nach Bamberg-Ost, … Alles wendet sich sowohl an die Stadträte als auch an die Bamberger in anderen Stadtteilen.

Die drei Veranstalter wollen in nächster Zeit zu speziellen Problemlagen aktiv werden. Ein drängender Fall ist die chaotische Situation rund um St. Elisabeth. Was hat die Stadt vor? Oder: Ein wirksames Busangebot für die Musikschüler ist zwar angekündigt, kommt aber sicher nicht ohne neuen Einsatz. Der VCD wird darüber hinaus weiter die Umsetzung der Zusagen aus dem Mediationsverfahren verfolgen und einfordern.

2 Gedanken zu „Berggebiet: Die Nase voll

  1. Örtlich eng umgrenzte Konzepte werden nie eine dauerhafte Lösung bringen können. Zunächst müßte die Stadt ihre gesamte Verkehrspolitik umstellen: nicht mehr Vorrang für das Auto bei Kappung allenfalls der schlimmsten Belastungsspitzen, sondern Vorrang für nicht Motorisierte und öffentliche Verkehrsmittel. Auch die Verknüpfung muß stimmen: Wer nicht weiß, wo das Fahrrad im Umfeld der Haltestelle sicher untergebracht werden kann, nimmt gleich den Pkw. Wer – eventuell noch bei Regen unter den knapp bemessenen Überdachungen – in dichtem Tabaksqualm auf den Bus wartet, hat dazu bald keine Lust mehr.
    Vor allem müssen die Anbindungen an beiden Enden des Wegs stimmen – allein deshalb können stadtteil- oder quartierbezogene Maßnahmen nur wenig Wirkung zeigen. Außerdem ist einigermaßen verläßliche Anschlußsicherung bei Umsteigezwängen erforderlich.

    Quintessenz: Erst ein in sich schlüssiges Gesamtverkehrskonzept kann nachhaltige Entlastung bewirken. Restriktionen ohne adäquate Alternativen treffen zudem häufig die Falschen.

  2. Die GAL in Bamberg fordert schon immer ein reduziertes Tempo ( zum Beispiel 20) im gesamten historischen Berggebiet mit einer gekoppelten Kommunalen Geschwindigkeitsüberwachung – kurzum „20 + Ü“ in der Bergstadt. Ursula Sowa GAL

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