Petra Schwarz
Nichts wie hin, in den Keller des Klub Kaulberg kann ich nur allen raten, die mal wieder so richtig ausgelassene Geschichten rund um Verführung, Täuschung und Liebeszauber hören möchten.
Arnd Rühlmann hat mit Rebecca Kirchmann eine bezaubernde Kollegin an seiner Seite, die ebenso wie er alle Register zieht, um das Publikum gekonnt zu umwerben und in den Bann zu ziehen. Ein feines Duo, das mit Mimik und Gestik becirct und das mit der richtigen Betonung zur richtigen Zeit die Pointen setzt. Klasse!
MÄRCHEN – eigentlich nicht für Kinder
Was also steckt hinter dem Titel „Bettlein deck dich?“ Klingt ja erst einmal ganz brav und so nach 1001 Nacht, also märchenhaft. Sitzt man dann aber im Publikum geht es deftig und unverblümt zur Sache. Mit Rapunzel fängt das 2-stündige Programm an. Und man erfährt, dass die Gebrüder Grimm ihre Märchen nicht für Kinder geschrieben haben, sondern zur Erwachsenenunterhaltung.
Rapunzel bekommt hier am Ende tatsächlich Zwillinge – wie auch immer das zustande kam. Seelenvergnügt ging es weiter, z.B. mit „Die Spaltung“ einer Geschichte aus Afrika. Hier entstehen aus einem Wesen zwei, also ähnlich wie Eva aus der Rippe des Adams … oje, naja, all dies führte jedenfalls zu dem hinreissenden Schlusssatz „Gott schnalzte mit der Zunge und verlor den Verstand.“ Und das Publikum lachte aus vollem Halse und freute sich über den Gesichtsausdruck von Arndt Rühlmann.
MUSIK – eine feine Auswahl!
Dann spielt er Klavier, und das sehr konzentriert und schön. Nicht immer werden die richtigen Tasten getroffen, aber das ist auch nicht wichtig – es passt und gibt dem Programm eine weitere zarte und verspielte Note.
Im weiteren Verlauf des Abends folgt ein Hör- und Seh-Genuss nach dem anderen. Arnd Rühlmann und Rebecca Kirchmann sind ein perfektes Team. Man spürt, wie begeistert sie sich diesem Thema angenommen haben und wie sie es an diesem Premierenabend mitreissend – na sagen wir – auf den „G“-Punkt bringen.
O GÖTTLICHER PO
Herrlich komisch und deftig gleichermaßen ist ein Verwirrspiel im Indianerzelt. Vom Stamme der Sioux stammt das Märchen „Iktome der Prahlhans“. Es ist eine feine Gaudi, wie er von seiner eigenen (älteren) und einer jungen Frau, die er verführen möchte, übervorteilt wird. So hat er am Ende keine Chance, seine „Amsel ins neue Nest zu stecken“.
Sehr pikant geht es weiter nach Arabien, nach Japan und in die Türkei. Wieder wird es spannend, diesmal à la Hörspiel, denn zu den unverblümten Geschichten gesellen sich Geräusche. Und diese produziert Rebecca Kirchmann mit allerhand Utensilien. Mein Tipp: das Mikro ein bisschen näher oder gar ein anderes, dann hört man das Pferdegetrappel und die vielen wunderbar inszenierten Geräusche noch besser. Eine coole Performance sei hier herausgehoben: Das Rauschen des Wasserfalls wird mit Hilfe eines Prilblumen-Eimers und einer Mini-Gießkanne fabriziert. Dabei verzieht Rebecca keine Miene, was diesen Einsatz noch wesentlich amüsanter macht.
Ganz berauscht ist man während der vielen deftigen Geschichten über den „Pflüger feuchter Furchen“, vom Glück im Petersilienbeet und von dem, der mit dem unteren Mund der Frauen sprechen kann – am Ende jedoch den göttlichen Po um Hilfe bitten muß. Eine wunderbare Sammlung an Geschichten kommt hier zusammen. Aus dem Publikum war einmal leise zu hören: „Wer sich das wohl alles ausdenkt. Wie kommt man nur darauf?“ Ja, das ist bei diesen erotischen Spitzenleistungen wirklich eine spannende Frage.
SZENISCH mit viel Fantasie umgesetzt
Immer wieder wird das Programm durch erstaunliche Zutaten aufgelockert. So auch die sehr groteske Geschichte aus Japan: Während Rebecca von dem Angler mit den zwei Penissen erzählt, spielt Arndt hinter dem nebenstehenden Paravent eine Art „Holzlöffel-Theater“ – angelehnt an die klassisch japanischen Schattenfiguren-Technik. Fein ausgedacht und fein umgesetzt.
Und während in einer anderen Geschichte das türkische Paar Peri und Ifrid auf ihren Wolken schweben und nicht zusammen kommen, nähert sich dieser beglückende und frivole Abend seinem Ende.
Das Publikum – übrigens gut gemischt alt und jung sowie Frau und Mann (!) im ausverkauften Nana Theater ist rundum glücklich, die Schauspieler sind es sicher auch – denn sie werden nachhaltig mit Applaus bedacht. Noch ein letzter Blick auf das Bühnenbild, es ist eine Fotoarbeit von Hanns-Peter Huss, dann geht es beseelt raus in das nächtliche Bamberg.
Weitere Vorstellungen 12.5. und 20.5.
Einlass eine Stunde vor der Vorstellung
Freie Platzwahl / Kein Einlass nach Vorstellungsbeginn
Vorverkauf: BVD
www.clubkaulberg.com