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Ein Schatz zurück aus München

31. Juli 2019 @ 09:00 - 22. September 2019 @ 18:00

Er hat es geschafft: Dr. Sebastian Karnatz, für Bamberg zuständiger Museumsreferent der Bayerischen Schlösserverwaltung und Kurator der Ausstellung in der Neuen Residenz, hat Teile des 1803 während der Säkularisation nach München in die dortige Residenz verbrachten Silberschatzes der Fürstbischöfe von Bamberg wieder nach Bamberg geholt. Foto: Peilnsteiner

Ausstellung in Bamberg zeigt Tafelsilber der Bamberger Fürstbischöfe und erläutert Nutzungsgeschichte der Neuen Residenz

Am Bamberger Domberg vor der Neuen Residenz flattert dieser Tage mehrfach ein überlebensgroßer adretter, kühn frisierter Jüngling in blauer Uniform im Wind. Otto von Griechenland, der Wittelsbacher Prinz und seit 1832 erster König Griechenlands nach Jahrhunderten der türkischen Besatzung, wirbt für die noch bis zum 22. September dauernde Sonderausstellung „Majestäten Königskinder Verfassungsväter“. Hinter dem Namen der Ausstellung (Untertitel „Die Neue Residenz im Langen 19. Jahrhundert“) verbirgt sich ein wahrer Schatz für Kunstliebhaber und erst recht für Franken.

Die Neue Residenz in Bamberg ist ein zwischen 1604 und 1704 in zwei Bauabschnitten entstandener Prachtbau gegenüber des Bamberger Doms. Von 1696 bis 1704 verwandelte der Hofbaumeister Leonhard Dientzenhofer im Auftrag des Fürstbischofs Lothar Franz von Schönborn die Residenz durch hinzufügen zweier großartiger Gebäudeflügel in eine barocke Palastanlage. Sie entstand einige Jahrzehnte vor ihrem Würzburger Gegenstück, steht hoch über der Altstadt im Zentrum des UNESCO Welterbes Bamberg und umschließt den weltberühmten Rosengarten.

Sinn und Zweck der von Sebastian Karnatz, Museumsreferent bei der Bayerischen Schlösserverwaltung, kuratierten Ausstellung ist es, einen Überblick über die Nutzungsgeschichte des wohl wichtigsten Bamberger Herrschaftsgebäudes vom Ende des 18. Jahrhunderts bis zu den Revolutionswirren des Jahres 1919 zu geben.

Den Ausstellungsmachern ist es dabei gelungen, über 200 Jahre nach der von so manchem Franken als kulturellem Raubzug empfundenen Säkularisierung, bedeutende Teile des Tafelsilbers des auch in Würzburg regierenden Fürstbischofs Adam Friedrich von Seinsheim (1708–1779) für einige Monate von München wieder nach Bamberg zu bringen.

Die Tafelpreziosen stechen mit ihrem materiellen wie künstlerischen Wert besonders hervor, sind sie doch Werke des 18. Jahrhunderts der berühmten Augsburger Juwelierdynastie Drentwett. Die Leuchter stammen aus der Werkstatt der ebenfalls in Augsburg ansässigen Silberschmiede Heckenauer. Die Bamberger Fürstbischöfe wussten sehr genau, wo man feinst bearbeitetes Silbergerät einkauft mit dem man einen Staat machen kann. Das Fürstbischöfliche Wappen oder Monogramm sucht man allerdings vergebens, wurde es doch jeweils mit einem königlich Bayerischen Wappen überdeckt, bevor das Silber für Jahrhunderte in den Gewölben der Münchner Residenz verschwand.

Die fürstliche Tafel diente nicht nur der schnöden Nahrungsaufnahme des Bischofs und seiner Gäste, sie war ein Mittelpunkt des Zeremoniells, ein Ort und eine Gelegenheit der fürstlichen Selbstdarstellung und manchmal der Politik. Gerade auch die gezeigte kleine Auswahl an exquisitem Besteck aus den 1770er Jahren unterstreicht dies. Es wurde teilvergoldet in Silber auf herrlich fein bemalte Porzellangriffe geschraubt.

Doch nicht nur die ach so einnehmenden Wittelsbacher oder gar „die Bayern“ an sich waren ursächlich für den Verlust dieses Tafelschatzes, von dem nur noch etwa ein Drittel existiert. In der Ausstellung ist zu erfahren, dass schon Fürstbischof Franz Ludwig von Erthal in den 1790er Jahren wesentliche Teile des Silbergeräts in Münzen umsetzen ließ, um die Bamberger Staatskasse zu füllen.

Acht Schauräume beherbergen aktuell manche bisher kaum bekannten Einblicke in die Nutzungsgeschichte der Neuen Residenz. Da wird der von den Bayern rigoros gerodete Rosengarten der Residenz als Tennisplatz für das Prinzenpaar gezeigt. Die faszinierende Prunkwiege des in Bamberg geborenen letzten Erbprinzen Luitpold von Bayern ist zu sehen. Leo von Klenzes Idealansicht Athens ist im Original vertreten.

Weitere Königskinder, die zwischen 1803 und 1902 die Residenz nutzten, waren auch Maximilian II. als Kronprinz, sein Bruder Otto von Griechenland und Rupprecht, Erbprinz von Bayern.

Letzterem und seiner Ehefrau Marie Gabriele haben weder Bamberg noch die Residenz besonders zugesagt. Otto von Griechenland und seine Frau Amalie von Oldenburg hingegen haben sich, nachdem sie eine Revolution 1862 ins Exil trieb, offenbar ganz gut im beschaulichen aber kulturell reichen Bamberg eingelebt. Die Jahre lang im Depot schlummernden Prunkwaffen König Ottos von Griechenland und sein aus dem Stadtschloss in Athen – heute das griechische Parlament – stammender Thron sind bemerkenswerte Zeugnisse ihres Hoflebens in Bamberg.

Dass die Säkularisation und die damit verbundene Einziehung kirchlichen Besitzes, die Beziehungen zwischen dem Haus Wittelsbach und der Kirche nicht endgültig und dauerhaft ruiniert hat, belegen zwei große vergoldete Modelle der römischen Trajans- und der Antoninus-Pius-Säule, die Papst Pius VII. nach zähen Verhandlungen um ein Konkordat 1817 dem Bayerischen König Maximilian I. zum Geschenk machte.

Das lebensgroße Staatsporträt des letzten Bayerischen Königs Ludwigs III. hängten die Ausstellungsmacher sicher absichtlich schräg an die Wand – ein Hinweis auf die Schieflage der Monarchie in ihren letzten Jahren vor dem Ersten Weltkrieg. Dieses Großereignis am Beginn des 20. Jahrhunderts streift die Ausstellung mit bildlichen Hinweisen auf die Nutzung der Residenz als Lazarett.

Bamberg, schon seit Jahrhunderten als katholisch geprägte Stadt mit langer Repräsentationstradition und schon 1919 via Straßen, Schienen und Flugplatz gut von München aus erreichbar, bot sich der ersten frei gewählten Regierung unter Ministerpräsident Johannes Hoffmann als ein idealer fränkischer Gegenpol zum bayerischen, roten, revoltierenden München an. Oberbürgermeister Adolf Wächter fasste dies 1919 in die Worte: „Wir schwören der Regierung Treue, stellen uns rückhaltlos hinter sie, wollen sie tatkräftig unterstützen darin, den Bolschewismus zu bekämpfen, damit von Bamberg aus der Gesundungsprozess für ganz Bayern seinen Anfang nehme.“ Es sind bemerkenswerte Worte eines Bambergers, dessen Stadt einige heftige Einschränkungen erlebte, wie die Absperrung und bewaffnete Bewachung des Dombergs zum Schutz der Regierung und die Einquartierung hunderter Politiker und Beamter nicht zuletzt in Privatwohnungen zahlreicher Bürger. Die Bamberger Verfassung hatte während der gesamten Zeit der Weimarer Republik Gültigkeit.

Den Besuchern eröffnen sich insgesamt faszinierende Einsichten in das so genannte „Lange 19. Jahrhundert“, das der Kurator von den 1770er Jahren mit dem Prunk liebenden Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim bis ins entbehrungsreiche Jahr 1919 auszudehnen sich erlaubt, als die Schlossanlage zum bisher letzten Mal Wohnsitz eines Staatsoberhaupts sowie verfassungsgebärender Ort gewesen ist.

Die Ausstellung funktioniert aber nicht losgelöst vom Gebäude der Neuen Residenz, das aktuell einer Generalsanierung unterzogen wird und dennoch weiter besichtigt werden kann. Die spannenden täglichen Führungen durch die Prunkapartments bieten eine solide Grundlage für das Verständnis der Ausstellung, die wiederum die Erfahrungen aus der Führung weiter zu spinnen vermag für die Zeit zwischen Säkularisierung 1803 und der Entstehung der Bamberger Verfassung von 1919. Wer den zurückgekehrten Schatz wieder in Franken sehen will, muss bis zum 22. September in die Neue Residenz kommen. Es lohnt sich, etwas Zeit mitzubringen.

  • Die Ausstellung dauert noch bis zum 22.9.2019.
  • Geöffnet täglich von 9 Uhr bis 18 Uhr.
  • Eintrittspreise: 4,50 Euro regulär, 3,50 Euro ermäßigt.
  • Besuch der Ausstellung ist im allgemeinen Eintrittspreis enthalten.
  • Führungen durch die Ausstellung jeweils sonntags um 14 Uhr, Kosten: 1,00 Euro zuzüglich Eintritt.

www.residenz-bamberg.de

Details

Beginn:
31. Juli 2019 @ 09:00
Ende:
22. September 2019 @ 18:00
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