VCD Bamberg
Seit einigen Jahren krempelt Regensburg die Mobilität in der Altstadt zugunsten des Umweltverbunds um – zur Freude der Anwohner und vielen Besucher, die sich zu Fuß und mit dem Rad fortbewegen. Treiber sind dabei auch Geschäftsleute, die von der Entschleunigung profitieren. Der VCD wollte erfahren, wie dies erreicht werden konnte und lud zur Informationsfahrt. Unter den Teilnehmern waren auch ein Geschäftsinhaber sowie Andreas Eichenseher und Heinrich Schwimmbeck vom Mobilitätssenat Bamberg.
Große Maßnahmen wie ein autofreies Welterbe Bamberg bedürfen zweifellos einer breiten öffentlichen Diskussion. Das gelingt besser, wenn Wissen und Erfahrungen von Städten genutzt werden können, in denen ähnliche Konzepte bereits umgesetzt wurden. Der Kreisverband des Verkehrsclub Deutschland (VCD) hat daher eine Informationsfahrt nach Regensburg organisiert und sowohl Verwaltung als auch die Mitglieder des Mobilitätssenats und Verbände zur Teilnahme eingeladen.
Zu zentralen Stellen des Mobilitätskonzepts in der Altstadt führten der VCD-Vorsitzende Wolfgang Bogie, Jochen Buck, ein früherer Mitarbeiter des Stadtplanungsamts und Thomas Großmüller, Nahmobilitätsmanager der Stadt Regensburg.
Die verkehrsberuhigte Altstadt weist neben großen Fußgängerzonen eine Besonderheit und Regensburger Erfindung auf, die Wohnverkehrsstraßen. Diese niveaugleich ausgebauten Straßen sind gemeinsam genutzte Rad- und Fußwege, die jedoch ausnahmsweise Lieferverkehr, Ärzte, Taxis, Anwohner oder Hotelbesucher ganztägig befahren werden dürfen. Seit 1982 (!) ist die zugehörige Satzung der Stadt Regensburg in Kraft und es macht den Eindruck, dass sich ein unaufgeregtes Miteinander der Verkehrsarten eingestellt hat. Am Anfang des Jahrtausends wurden auch versuchsweise die Fußgängerzonen für den Radverkehr geöffnet. Nach einem Jahr und 1.000 Stunden Verkehrsüberwachung waren gerade mal 100 Radfahrende so unterwegs, dass ihr Verhalten geahndet werden musste. Die Verkehrssicherheitsstatistik wies ebenso keine Auffälligkeiten auf, so dass inzwischen alle Regensburger Fußgängerzonen auch für den Radverkehr geöffnet sind.
Die Verkehrsbetriebe bedienen die Altstadt werktags auch „von innen“ mit einer Ringbuslinie, auf der kleine Elektrobusse geräuscharm und emissionsfrei den Weg zu Behörden oder Arztpraxen erleichtern. Andere Buslinien verkehren am Rand der Altstadt und in einigen Jahren kommt eine Stadtbahn hinzu. Auch mit dem Auto kann man im Schritttempo in die Innenstadt fahren. Neben dem Zugang für Anwohner gibt es Parkhäuser. Stellplätze am Straßenrand sind dagegen allenfalls am Rand des Altstadtkerns zu finden.
Treiber hinter dieser Entwicklung sind zum einen der Stadtrat und die Verwaltung, zum anderen aber auch die Gewerbetreibenden. Der Verein „Faszination Welterbe“ vertritt etwa 80 % der Gewerbetreibenden in der Altstadt und drängte die Stadt, gewöhnliche Straßen mit Autoverkehr umzuwandeln in Wohnverkehrsstraßen. Sie versprechen sich davon offensichtlich eher wirtschaftliche Vorteile als vom Autoverkehr direkt vor der Tür. Natürlich gibt es trotzdem noch Herausforderungen, beispielsweise bei der Warenlieferung für Geschäfte und Haushalte. Hier müssen bestehende Konzepte noch weiter ergänzt werden. Aktuell werden Ansätze entwickelt, bei denen Gewerbetreibende die Auslieferung der Waren an Kunden koordinieren, z.B. mit Lastenradkurierdiensten. Hier lassen technische Innovationen sicher noch neue Lösungen erwarten.
Die Entwicklung in Regensburg verläuft nach Einschätzung der Referenten ganz überwiegend positiv und wurde begleitet von der Kampagne „Respekt bewegt“. Die Bamberger konnten sich ein Bild vom funktionierenden Miteinander auf den belebten Altstadtstraßen machen.
Auf Bamberg lassen sich viele Erkenntnisse sicher übertragen, natürlich mit Anpassungen. Die Ähnlichkeit der Städte ist an mehreren Stellen frappierend: Beide Innenstädte haben einen Altstadtkern, der historische Strukturen mit engen und verwinkelten Gassen aufweist. Beide Altstädte sind Welterbe mit zahlreichen Geschäften, Gewerbetreibenden, Wohnungen, Touristen, Einzeldenkmälern. Auch der Anteil der Studierenden an der Gesamtbevölkerung beträgt etwa ein Fünftel. Und besonders wichtig, wenn es um konkrete Maßnahmen geht: Beide Städte liegen in Bayern und weisen daher dieselben rechtlichen Randbedingungen auf. Was in Regensburg zugelassen ist, kann in Bamberg nicht verboten oder unmöglich sein.
Es bleibt zu wünschen, dass wir in Bamberg aus diesen Erfahrungen lernen. Der VCD wird dies weiterhin mit Veranstaltungen, Gesprächen oder Informationen unterstützen.
Es ist richtig:
Bamberg und Regensburg ähneln sich. Mittelalterliche Struktur, viele Studenten, schöne Altstadt, von Flüssen durchzogen.
Es ist falsch:
Bamberg mit Regensburg zu vergleichen. Alleine schon wegen der Topographie.
-Ein schwer zu erschließendes Berggebiet gibt es dort nicht.
-Prozentual gibt es dort weniger Tourismus
-Die Uni ist wesentlich zentraler als hier. (Prozentual weniger Studis als in Bamberg)
-Es gibt dort „Flusstangenten“ die eine Ost-West-Verbindung hervorragend möglich machen, was die hiesigen Stadtplaner und der OB verpennt haben. Die Planungen gab es nämlich und wären auch vertretbar gewesen. Dadurch wäre auch hier bei uns eine Alternative zur Langen Str. und Königstr. möglich gewesen. Da waren die Regensburger viel schlauer.
-Eine Nord-Süd-Verbindung ist trotz der gesperrten Steinernen Brücke nahezu problemlos.
-Die Bahnlinie trennt dort keine zusammen gewachsenen Stadtteile in dem Ausmaß wie in Bamberg
-usw. usw…
Die Verkehrsbeziehungen sind absolut nicht vergleichbar. Bei uns ist es halt anders. (und außerdem viel schöner :-) :-) :-) )
Aber bloß weil man mal einen Tag in Regensburg war jetzt zu behaupten es wäre auf Bamberg übertragbar, wie z.B. man könne die Lange Str. sperren – da hauts mir echt den Vogel raus.
PS: Ich habe da mal ein Jahr gewohnt.
Zuletzt vor drei Jahren besuchte ich die Stadt zweimal. Meine nachfolgenden Äußerungen beziehen sich daher auf die Eindrücke, die ich damals gewonnen hatte.
„Autofrei“ ist auch in Regensburg eher Schlagwort, vielleicht Arbeitstitel, keineswegs aber wahrheitsgemäße Beschreibung der Verkehrspolitik. Der Kraftfahrzeugverkehr wird auf kleinen „Inseln“ reduziert, vereinzelt ausgesperrt. Diese aber sind von großzügigen autogerechten Straßen umgeben, so daß sich für die Verkehrsteilnehmer keine wirklich spürbaren Einschränkungen ergeben.
Die Qualität des Linienbusnetzes kann ich naturgemäß nicht beurteilen. Positiv war die geplante Einführung der Straßenbahn zu vermerken. Die Radverkehrsanlagen zeigten das andernorts gewohnte Bild: Sie dienen der Freihaltung der Fahrbahn vom Radverkehr. Ausbaustandard und Sicherheit spielen keine Rolle. Weder die einschlägigen Regelwerke noch Erkenntnisse der Verkehrssicherheitsforschung waren berücksichtigt.