Der Bürgerentscheid und die Konsequenzen

Jonas Glüsenkamp, Vorstand GAL Bamberg

Ein Paukenschlag. 75,4% der Bambergerinnen und Bamberger haben am vergangenen Sonntag für ein Ende des bisherigen Bebauungsplans auf der MUNA votiert. Doch wie geht es jetzt weiter? Was geben die Bürgerinnen und Bürger Oberbürgermeister und Stadtrat mit diesem Ergebnis mit auf den Weg? Die Notwendigkeit der Beseitigung der Altlasten und des Abreißens von Zäunen ist sicher breiter Konsens in der Stadtbevölkerung. Aber darüber hinaus?

Eine große politische Mehrheit aus Oberbürgermeister, fast allen Stadtratsfraktionen und der Stadtverwaltung hat bis zum vergangenen Sonntag immer wieder die Alternativlosigkeit der bisherigen Gewerbeplanungen postuliert, bis vor wenigen Monaten galt dies ebenso noch für den Standort der Verkehrspolizei mitten im Wald. Bürgerinnen und Bürger, Interessensgruppen und Parteien, die dieses Vorgehen nicht mitgetragen haben, konnten nur ein Mittel wählen: Laut werden! Nur die Lautstärke von Petitionen, Bürgerbegehren, Protestaktionen und Kampagne konnte in den vergangenen Monaten echte Aufmerksamkeit für die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger erzeugen. Das Ratsbegehren hat seinerseits mit mindestens 30.000 € teurer Lautstärke reagieren müssen, vielleicht sahen die Akteure in der Situation keine andere Möglichkeit.

Der Paukenschlag vom Sonntag scheint nachzuhallen, wenn man den Aktionismus sieht, mit dem die SPD-Stadtratsfraktion jetzt eilig in FT-Redaktionsgesprächen ihren neuen (alternativlosen?) Vorschlag vorbringt: Bezahlbarer Wohnraum. Ein Thema, für das man doch sicher nur Zustimmung erhalten kann, wer kann dagegen sein? Und noch etwas: Es sollen „keine Rodungen vorgenommen“ werden. Ein Versprechen, das unhaltbar ist? Zumindest führt es zu Vorfestlegungen in den Köpfen. Kann die SPD von diesem Vorschlag noch abweichen ohne als Verlierer dazustehen?

Die Findung eines Stadtkonsenses zur Zukunft der MUNA braucht jetzt im Gegenteil ein anderes Mittel: Besonnenheit. Die Zeiten der Zuspitzung und Lautstärke sollten jetzt vorbei sein. Es sind keine eiligen Vorschläge, Versprechen und Parteipolitik gefragt, sondern Dialog, Visionen, gemeinsames Vorgehen und Kompromissfähigkeit. Ein Ende der schwarz-weiß-Argumentationen. Ein Ende halbgarer Konzepte und schwammiger Leitlinien.

Aus vielen Gesprächen während der Kampagne der letzten Monaten bleibt der Eindruck: Die Bürgerinnen und Bürger haben am Sonntag nicht nur gegen den Bebauungsplan, sondern auch für einen neuen, transparenten Politikstil abgestimmt. Der Beginn dazu wäre ein gemeinsames, überparteiliches Vorgehen und Format zur Ideenfindung von allen Stadtratsfraktionen und bürgerschaftlichen Gruppen. Schrauben wir dazu die Lautstärke in dieser Stadt wieder ein wenig herunter und nehmen wir uns die Zeit, die es dazu braucht. Drei Bamberger Bundestagsabgeordnete und eine Staatsministerin werden der BIMA wohl klar machen können, dass im Konversionsprozess jetzt einmal die Stadt die Geschwindigkeit vorgibt. Dabei könnten sie in Berlin gleich auch einmal den Flächenfraß der Bundespolizei thematisieren.

 

4 Gedanken zu „Der Bürgerentscheid und die Konsequenzen

  1. Die in der Haushaltssitzung (Dez. 2018) beschlossene Fortführung der „Denkwerkstatt MUNA“ ist zwar oberflächlich nett.
    Allerdings wurden leider, leider aus den Denkwerkstätten/Workshops (ich denke da an die großangelegten Veranstaltungen zur Konversion Lagarde bis Autobahn) nichts. Die Leute haben sie sehr viel Mühe gemacht, sehr viel Zeit investiert und wurden veräppelt; nichtzuletzt, weil der Oberbürgermeister es versäumt hat, frühzeitig sein Interesse an dem Gebiet mit den vielen Wohnungen per Vorvertrag sein Interesse bei der BIMA auch zu bekunden.
    Die Denkwerkstatt, so vermute ich einmal negativ denkend, wird dafür genutzt, den Leuten Lösungshäppchen in die Köpfe zu setzen, natürlich welche, die politisch p.c. sind (die berühmten Kitas, KiGas und preiswerte Wohnungen, dazu ein Versorgungszentrum „Zentrum!!“, genügend oberflächigen Parkraum und Zufahrten und Spielplätze, vielleicht noch 4-5 Sportvereinsplätze. Na ja, dann sind die 50 ha schon verbraucht.
    Kurzum: die Leute einzulullen um sie dann zu überrumpeln.
    Weiterhin: Augen auf.

  2. Man braucht nicht so zu tun, als sei die angeführte Lautstärke seitens Stadtrat notwendig gewesen, um gegen die Bürgerinitiative anzukommen. Ist es wirklich sinnvoll zu brüllen, wenn schon alle anderen brüllen?
    Der massive Einsatz, um nicht zu sagen die Verschwendung, öffentlicher Mittel, um sich vermeintlich Gehör verschaffen, zeugt von wenig Reflexion und noch weniger gesundem Menschenverstand. Was haben sich die Protagonisten des Ratsbegehrens denn gedacht? Mal im Ernst. Wir sind weder in den bauwütigen Sechzigern noch agiert man im luftleeren Raum. Aktuelle Tendenzen zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit sowohl in der Bevölkerung als auch in der Rechtsprechung dürfen genausowenig ignoriert werden wie die recht hinterfotzige Assimilierung des sog. Radentscheids.
    Man hat sich narzisstisch gekränkt gefühlt, hat sich mitreißen lassen. Das ist nicht das Verhalten vertrauenswürdiger Repräsentanten.
    Es wäre weiser gewesen nichts zu tun, den Bürgerentscheid seinen Weg gehen zu lassen und dann ohne Gesichtsverlust konstruktiv zu handeln und verhandeln. Aber wie so oft kann man nur konstatieren: si tacuisses…

  3. Die Stadtverwaltung wirft doch schon wieder Nebelkerzen: So wurde Frau Siebenhaar im Fränkischen Tag dahingehend zitiert, die Bürgerinnen und Bürger hätten nur gegen die Bebauungsplanung votiert, weil sie noch die Polizeiansiedlung im Kopf gehabt hätten.

    Da dringt mir der STARKE Geruch in die Nase, man wolle erst einmal Gras über die Angelegenheit wachsen lassen und später, wenn auch die rechtliche Bindung des Bürgerentscheids abgelaufen ist, einen neuen Anlauf versuchen.

    Vor diesem Hintergrund sehe ich auch jeglichen Versuch mit Skepsis, eine möglicherweise tatsächlich schonende Bebauung – welcher Art auch immer – in einigen weniger wertvollen Bereichen des Gebiets zu realisieren. Denn ich bin sicher, künftige Erweiterungspläne wären nur eine Frage der Zeit. Und gegen „Arrondierung“ oder „zurückhaltende Randerweiterung“ wird doch dann niemand etwas einzuwenden haben, oder (Vorsicht: Ironie!)?

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