Wurde Versammlungsrecht missbraucht, um Radlgruppe zu stoppen?

GAL Bamberg – Stadtratsfraktion

Im Zuge der Amtshilfe für die Stadtverwaltung erklärte die Polizei 20 Radler*innen zwangsweise zur Spontanversammlung und nahm alle Personalien auf – GAL fordert Aufklärung

Haben Stadtverwaltung und Polizei verhältnismäßig gehandelt, oder wurde eine Gruppe von ca. 20 Radfahrenden unangemessen gegängelt? Auf diese Frage lässt sich das zuspitzen, was Ende September in Bamberg vorfiel. Die GAL-Stadtratsfraktion nimmt dies nun zum Anlass für eine Anfrage an OB Starke und fordert eine Stellungnahme.

Was war geschehen? Eigentlich hätte es eine spannende Veranstaltung werden sollen: „Inkota“, eine Organisation von verschiedenen ökumenischen und globalisierungskritischen Gruppierungen mit Hauptsitz in Dresden, wollte in Bamberg das Format „Bike Shorts“ zeigen: eine Fahrraddemo durch die Stadt und die Projektion von Kurzfilmen an Hauswänden zu den Themen Klimawandel und Ausbeutung von Entwicklungsländern.

Aufgrund von formalen Fehlern bei der Versammlungsanmeldung wurde dies jedoch vom Ordnungsamt nicht genehmigt. Da sich zum Startpunkt der Veranstaltung an einem Samstagabend aber dennoch ca. 20 Personen am Schönleinsplatz einfanden, erklärte der Organisator von Inkota zunächst, dass aufgrund der fehlenden Genehmigung die Veranstaltung bzw. Versammlung nicht stattfinden könne. Die Gruppe beschloss daraufhin, ersatzweise als private Fahrradgruppe durch die Stadt zu radeln und die Filme im Anschluss auf einem Privatgelände zusammen anzusehen. Das gemeinsame Radeln im so genannten Fahrradverband ist gemäß § 27 der StVO ab mindestens 16 Personen erlaubt.

Eine halbe Stunde später wurde die Gruppe in der Heiliggrabstraße jedoch von vier Streifenpolizisten und weiteren Polizisten in Zivil gestoppt. Die Polizei erklärte die Gruppe zu einer so genannten „Spontanversammlung“ und sprach als Auflage das Verbot aus, weiter als Fahrradverband durch die Stadt zu radeln. Außerdem wurden von allen Personen die Personalien aufgenommen. Laut Polizei war diese Vorgehensweise von der Stadtverwaltung per Mail vorgegeben, ein Fehlverhalten der Gruppe oder eine Gefahr, die von ihr ausging, konnte auch die Polizei nicht feststellen.

Die GAL-Stadtratsfraktion ist darüber mehr als verwundert, und die Fraktionsvorsitzende Ursula Sowa fragt deshalb kritisch nach: Mit welcher Begründung wurde der Fahrradverband gestoppt, der bis dahin völlig korrekt am Straßenverkehr teilnahm? Auf welcher Rechtsgrundlage wurden die Personalien aller aufgenommen, zu welchem Zweck, und was macht das Rathaus mit den Daten?

Irritiert Sowa aber auch von der Anwendung des Versammlungsrechts. „Das Versammlungsrecht begründet Bürgerrechte gegenüber dem Staat, eben das Recht, sich zu versammeln und seine Meinung öffentlich kund zu tun. Hier aber wurde das Versammlungsrecht vom Staat gegen die Bürger*innen angewendet, die zwangsweise zu einer Versammlung deklariert wurden, die sie ganz ausdrücklich nicht sein wollten.“ Nach ihrer Einschätzung steckte dahinter wohl das Ziel, als Versammlungsauflage ein Verbot aussprechen zu können und den Fahrradverband zu stoppen. Dafür hätte es sonst keine Grundlage gegeben, da die Radlgruppe sich ordnungsgemäß im Straßenverkehr bewegte. „Das wäre ein Missbrauch des Versammlungsrechts. Wir möchten nicht, dass unser Rathaus solche Tricks anwendet und so mit Bürger*innen umspringt“, sagt Sowa.

Für bedenklich hält die oberfränkische Spitzenkandidatin für den Landtag auch, dass gleich mehrere polizeiliche Einsatzkräfte für „eine solche Lappalie“ herangezogen wurden. Dies insbesondere, nachdem drei Tage vorher das Jom-Kippur-Fest der Israelitischen Kultusgemeinde wegen Personalmangel nicht von der Polizei geschützt werden konnte, wie es bisher in jedem Jahr üblich gewesen war. Ursula Sowa: „Wir müssen uns schon genau überlegen, wofür wir die wertvolle Arbeitszeit unserer Polizeikräfte verwenden.“

 

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