SPD-Sponsoringskandal: Miet’ Dir einen Minister

LobbyControl

Die SPD-Agentur Network Media GmbH (NWMD) bietet Unternehmen und Lobbyisten exklusive Gespräche mit Spitzenpolitikern gegen Geld an. Unter dem Titel „vorwärts-Gespräche“ können zahlungskräftige Kunden zum Beispiel Treffen mit Ministern wie Heiko Maas (Justiz), Andrea Nahles (Arbeit & Soziales), Barbara Hendricks (Umwelt) oder dem Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann buchen. Kostenpunkt: zwischen 3000 und 7000 Euro. Das berichtet das ZDF-Magazin Frontal21 in seiner Sendung vom 22.11.2016 (hier finden Sie das Manuskript der Frontal21-Sendung). Demnach bietet die Agentur im Rahmen eines „parlamentarischen Abends“ auch Treffen mit Bundestagsabgeordneten und Beamten aus verschiedenen Ministerien an. Konkret liegt dem ZDF dafür ein „Angebot“ in Höhe von 35.000 Euro vor.

Der aktuelle Fall ist nicht der erste seiner Art. Erinnert sei an die 2010 bekannt gewordenen Kamingespräche mit hochrangigen SPD-Vertretern, welche die SPD-Zeitung „Vorwärts“ damals gegen Schaltung von bis zu 18.000 Euro teuren Anzeigen an seine Kunden vermittelte. Erinnert sei zudem auch an die „Rent-a-Rüttgers“-Affäre 2010. Damals hatte die nordrhein-westfälische CDU Gesprächs- und Fototermine mit dem damaligen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers an zahlungskräftige Sponsoren verkauft. Trotz heftiger Kritik, unter anderem von Angela Merkel und Norbert Lammert, hat die Union gesetzliche Neuregelungen seitdem stets verhindert. Auch SPD-Politiker Thomas Oppermann war Rüttgers angegangen, sprach von einer „Bananenrepublik“. Die Botschaft von Rent-a-Rüttgers, so Oppermann damals, sei: „Wir sind der Staat, ihr könnt uns kaufen“. Heute steht Oppermann selbst auf der Angebotsliste der SPD-eigenen Lobbyagentur.

Schlupflöcher im Parteiengesetz schließen

Die Fälle zeigen: Es handelt sich um ein strukturelles Problem, das seinen Ursprung im lückenhaften Parteiengesetz hat. Insbesondere das Parteiensponsoring ist ein Schlupfloch für intransparente Geldflüsse an Parteien und hat sich zur Dunkelkammer der Parteienfinanzierung in Deutschland entwickelt. Dieser Missstand ist seit Jahren bekannt. Trotzdem blockieren Union und SPD Transparenz und klare Regeln in diesem Bereich. Das ist der eigentliche Skandal im Skandal.

LobbyControl fordert die Bundesregierung deshalb auf, die Schlupflöcher im Parteiengesetz endlich zu schließen. Drei Punkte sind dafür zentral:

  1. Verbot der käuflichen Kontaktvermittlung für Parteien, auch über parteieigene Firmen oder assoziierte Vereine.
  2. Schlupfloch Parteisponsoring schließen: Sponsorzahlungen müssen ebenso wie Parteispenden offengelegt werden. Beträge ab 10.000 Euro sollten unverzüglich und ab 2.000 Euro in den Rechenschaftsberichten der Parteien veröffentlicht werden.
  3. Transparenz auch für Dritte: Wer Spenden oder Sponsorgeld einnimmt, um Veranstaltungen oder Werbemaßnahmen zugunsten einer Partei durchzuführen, muss denselben Transparenzregeln unterworfen sein wie die Parteien selbst.

Momentan ist völlig undurchsichtig, welche Sponsoren wieviel Geld an die Parteien zahlen – und wofür. Union und SPD müssen nun dafür sorgen, dass sich das ändert. Und zwar noch vor der Bundestagswahl.

SPD-Eingeständnis ist erster Schritt, Gesetze müssen folgen

Die SPD hat angekündigt, dass es keine gesponsorten vorwärts-Gespräche mehr geben soll und die von Frontal21 aufgedeckten Vorgänge um käuflichen Zugang zu SPD-Politikern intern untersucht werden sollen. Annette Sawatzki von LobbyControl kommentiert:

„Das ist ein positiver erster Schritt, reicht aber nicht aus. Eine SPD-Tochter darf keine Lobbydienstleistungen anbieten – und zwar dauerhaft. Die SPD muss das gesamte Angebot ihrer Agentur NWMD zur Kontaktvermittlung sofort stoppen und alle Informationen über die gesponsorten vorwärts-Gespräche offenlegen. Die Ergebnisse und Details der angekündigten internen Untersuchung muss sie für die Öffentlichkeit transparent machen.“

Sawatzki weiter: „Zudem muss die SPD endlich eine gesetzliche Regelung für das Parteiensponsoring auf den Weg bringen. Die gestern veröffentliche Einschätzung der Bundestagsverwaltung unterstreicht, wo das Problem liegt: Der eigentlich Skandal ist, dass diese Praxis derzeit nicht eindeutig illegal ist. Es kann nicht sein, dass die Parteien durch die Zwischenschaltung von Firmen solche Vorgänge jeglicher öffentlichen Kontrolle entziehen.“

Die Bundestagsverwaltung hatte LobbyControl gegenüber erklärt, dass die Rechenschaftspflicht der politischen Parteien über ihre Finanzen sich nicht auf das Zahlenwerk von eigenständigen Tochterfirmen erstrecke. Damit räumt sie klar ein, dass hier eine Regelungslücke besteht.

Sawatzki weiter: „Sponsoring ist bislang nicht im Parteiengesetz geregelt. Das ist nicht nur politisch und moralisch fragwürdig, sondern auch verfassungsrechtlich. Artikel 21 Grundgesetz sagt, die Parteien müssen über ihre Finanzmittel Rechenschaft ablegen. Weil es bei der Abfassung des Parteiengesetzes noch kein Sponsoring gab, sind deshalb dort nur Spenden geregelt. Sponsoring hat sich deshalb zur Dunkelkammer der Parteienfinanzierung entwickelt.“ Sponsorengelder an Parteien müssen endlich offengelegt werden, auch wenn sie über Tochterfirmen der Parteien laufen.

LobbyControl kritisiert, dass es die Parteien seit Jahren versäumen, das Parteiengesetz entsprechend nachzubessern. „Nach den vielen Sponsorskandalen der letzten Jahre erscheint dies aus Sicht vieler Bürgerinnen und Bürger als bewusste Trickserei. Jedes weitere Aussitzen ist unverantwortlich – zumal in einer Zeit, in der Demokratiegegner Zulauf bekommen“, sagt Sawatzki.

Hier können Sie den Appell von LobbyControl unterzeichnen.

 

2 Gedanken zu „SPD-Sponsoringskandal: Miet’ Dir einen Minister

  1. Das hilft doch Alles Nichts, wenn die „Anschlussverwertung“ (wie es ein FDP-Vorsitzender mal bei „Schlecker-Frauen“ so charmant nannte) stimmt und, sagen wir zum Beispiel wenn man eine Pipeline durch die Ostsee genehmigt, anschließend einen hochrangigen, hoch dotierten Posten für die Pipeline-Gesellschaft annehmen darf…
    Und da gibt es viele Beispiele von Martin Bangemann (FDP, EU-Kommissar, der zu einer Telefongesellschaft wechselte, der er zuvor eine Lizenz vergeben hatte) bis zu Wolfgang Clement oder Walter Riester (jeweils SPD, Bundesminister, die anschließend exakt in jene Branchen wechselten, denen sie ein gewaltiges Geschäftsfeld durch ihre Amtsführung eröffneten) und auch die C-Parteien waren da nicht nur mit „Rent-a-Rüttgers“ dabei…

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