Mitteilung der Stadt Bamberg
Radwegbenutzungspflicht entlang Kloster-Langheim-, Kloster-Banz- und Feldkirchenstraße aufgehoben
„Radfahren auf der Fahrbahn erlaubt“ ist die Botschaft der weißen Hinweistafeln, die für Aufklärung bei den Autofahrern sorgen sollen und zur gegenseitigen Rücksichtnahme aller Verkehrsteilnehmer aufrufen. Die eigens montierten Zusatzschilder weisen an auffälligen Stellen darauf hin, dass sich hier Autos und Radfahrer die Straße teilen – und dies trotz vorhandener Radwege.
Aktuell werden die Verkehrsteilnehmer im Verlauf des Straßenzuges Kloster-Langheim-Straße – Kloster-Banz-Straße – Feldkirchenstraße auf die veränderte Situation aufmerksam gemacht. Hier hat der Entsorgungs- und Baubetrieb (EBB) die blauen Radweg-Schilder zwischenzeitlich entfernt und die Aufhebung der Radwegbenutzungspflicht von der Moos- bis zur Kantstraße und in Gegenrichtung von der Memmelsdorfer- bis zur Moosstraße vollzogen. Vorausgegangen war eine signaltechnische Überprüfung und Anpassung der Ampelanlagen entlang der Strecke.
Um die Änderung allen Verkehrsteilnehmern sichtbar zu machen, werden nun die Zusatzhinweise angebracht. Ein baulicher Radweg muss damit nur genutzt werden, wenn dieser ausdrücklich mit dem bekannten blauen Radwegeschild gekennzeichnet ist. Ohne Beschilderung kann der Radfahrer selbst entscheiden, ob er auf der Straße oder auf dem Radweg unterwegs sein will. Aus Unkenntnis über diese Regelungen kommt es immer wieder zu Irritationen und Konflikten. Radler „weghupen“ ist dabei noch die geringste Form des Fehlverhaltens von „uninformierten“ Autofahrern. Teilweise wird zu wenig Abstand gehalten und gestikulierend auf den Radweg verwiesen. Zu Unrecht, denn bereits seit 1997 sieht die Straßenverkehrsordnung das Radfahren auf der Fahrbahn als Regelfall vor.
Auf der Straße häufig sicherer
Für diese Regelung sprechen vor allem die Unfallstatistiken, die eine Häufung von Rad-Unfällen in Verbindung mit Rechtsabbiegern ausweisen, die den geradeaus fahrenden Radler schlichtweg übersehen. Bewegt dieser sich jedoch im fließenden Verkehr mit, reduziert sich diese Gefahr, da der Radler besser wahrgenommen wird. „Durch direkte Sichtbeziehungen zwischen Rad- und Autofahrer wird die Verkehrssicherheit erhöht“, so die Einschätzung der Verkehrsplaner. Nur dort, wo ein Schutz der Radfahrer erforderlich ist, zum Beispiel bei Geschwindigkeiten größer 50 Stundenkilometer oder hoher Verkehrsbelastung, bleibt die Benutzungspflicht bestehen.
Mit der Zunahme der Verkehrsteilnehmer bei beengten Platzverhältnissen sind gegenseitige Rücksichtnahme, Sichtkontakt insbesondere bei konfliktträchtigen Einmündungen und Kreuzungsbereichen, ausreichender Abstand beim Überholen, sowie vorausschauendes Verhalten entscheidend. Ein weiteres Argument für die Aufhebung der Benutzungspflicht ist es, dass die unterschiedlichen Geschwindigkeiten, mit denen Radler unterwegs sind, besser abgefedert werden können: Schnelle Rennradler und Mountainbike-Flitzer kommen auf der Straße rasch voran, während ältere Radler oder auch Eltern mit Kindern auf dem weiterhin vorhandenen Radweg bleiben.
anderswo – Königstraße beispielsweise – sind die Schilder schon wieder verschwunden. Gerade dort, wo der Radweg permanent zugeparkt wird.
Zitat Ferenc – ergänzt von Pluto – Ergänzung in VERSALIEN: „(…) nur eine Frage der Zeit, bis ein UNACHTSAMER Radler vor eine unachtsam aufgerissene Autotür fährt.“
Anders herum – subjektiv betrachtet: ich persönlich halte mich nicht immer an die gesetzlichen Verkehrsregeln. Ich verhalte mich immer so (zumindest versuche ich es), dass ich niemand störe, rechne dabei immer damit, dass – wie im angeführten Beispiel – doch mal jemand dabei sein kann, der „die Autotür unachtsam aufreißt“.
„Netter“ Versuch – „leider“ mißglückt!
Man sollte die Verantwortlichkeiten nicht falsch zuordnen. Seit Jahrzehnten predigen die Verkehrsbehörden und andere, Radwege böten den Radfahrern Schutz – so auch im hier zu Grunde liegenden Beitrag: „Nur dort, wo ein Schutz der Radfahrer erforderlich ist, … bleibt die Benutzungspflicht bestehen.“ Dabei bemerkt niemand den Widerspruch: Derselbe Absatz beginnt mit der Aussage, daß die Unfallstatistiken für das Radeln auf der Fahrbahn sprechen.
Warum also sollte jemand, der sich nicht vertiefend mit der Materie beschäftigt hat, auf dem vermeintlich sicheren Radweg mit Schrittgeschwindigkeit fahren? Nur dann ließen sich Unfälle wie der beschriebene einigermaßen sicher ausschließen. Das aber entlarvt die Behauptung, Radwegebau diente der Förderung des Fahrradverkehrs.
Damit, wer dem Autoverkehr auf der Fahrbahn ausweichen möchte, zumindest einigermaßen sicher unterwegs sein kann, müßten die Radwege zumindest den geltenden Regelwerken entsprechen – das tun die wenigsten einschließlich neu- oder kürzlich wesentlich umgebauter (aktuelles Negativbeispiel: Kreuzung Münchner Ring / Forchheimer Straße in Bamberg).
Innen- und Verkehrsminister Joachim Herrmann jedenfalls versagt auf voller Linie. Er betont zwar die Verbindlichkeit der technischen Regelwerke, fördert aber ohne Einschränkungen auch solche Radverkehrsanlagen, welche sie völlig ignorieren und dadurch den Radverkehr massiv behindern und / oder gefährden. Und die ihm unterstehende Kommunalaufsicht schaut tatenlos zu.
Als die Radwegbenutzungspflicht in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts eingeführt worden war, begründete das Verkehrsministerium dies in entwaffnender Ehrlichkeit: Man wolle dem Autofahrer die Radler aus dem Weg räumen. Diese Motivation gilt allen anders lautenden Bekenntnissen und geänderter Rechtslage zum Trotz bis heute.
Die (Zitat Ferenc) „Zuordnung von Verantwortlichkeiten“ scheint mir das Hauptproblem zu sein. Ich persönlich fühle mich bedeutend wohler, wenn ich weiß, dass die Verantwortung für mich selbst bei mir liegt – und nicht bei Regelwerken, Behörden oder Ministerien. (siehe auch Brüsseler Gurkenverordung hihi…)
Noch ’n Zitat Ferenc: „Warum also sollte jemand, der sich nicht vertiefend mit der Materie beschäftigt hat, auf dem vermeintlich sicheren Radweg mit Schrittgeschwindigkeit fahren?“
Ich habe mich auch noch nicht „vertiefend“ mit der Materie beschäftigt. Die Erkenntnis, dass es weh tut, wenn ich gegen eine aufgerissene Autotür hutze, bedarf keiner vertiefenden Beschäftigung.
Ja, klar: es ist überaus „suboptimal“ den Radweg so nahe an den parkenden Autos zu führen. – Aber wieso ist es ein „netter, missglückter Versuch“, wenn ich es bislang ganz gut hingekriegt habe, auf mich selbst aufzupassen?
Ich kann nicht beurteilen, ob die Debatte absichtlich in eine falsche Richtung abgebogen werden soll oder ob nur Schwierigkeiten beim Textverständnis vorliegen. Man muß schon einmal mehr als einen Satz im Zusammenhang lesen und begreifen (wollen).
Der (am Montag ja tatsächlich wie vorhergesagt geschehene) „Dooring“-Unfall (ich habe den Begriff nicht erfunden) sollte als Beispiel dienen zu illustrieren, daß Radwege eben nicht zwecks Sicherheit und Förderung des Radverkehrs gebaut werden, daß viele „Argumente“ der Verkehrsbehörden nur als Vorwand dienen.
Natürlich sehe ich mich selbst als Radfahrer in der Verantwortung – und genau deshalb möchte ich mir nicht vorschreiben lassen, mich durch Befahren derartiger Sonderwege wahlweise selbst in Gefahr zu bringen oder mein Fortkommen über Gebühr einzuschränken.
In der Stadt Bamberg – auch im Landkreis, den ich allerdings nicht umfassend kenne, habe ich kein Gegenbeispiel gefunden – gibt es nicht einen straßenbegleitenden Radweg, der nach der geltenden Rechtslage benutzungspflichtig sein dürfte. Meist gibt es die durch ihn zu entschärfende Gefahrenlage auf der Fahrbahn gar nicht (§45-9 StVO). Doch selbst dort, wo man sie annehmen könnte, entsprechenden die Radwege nicht den geltenden Anforderungen an baulichen Standard und Qualität. Die Rechtsprechung legt klar fest: Der Verordnungsgeber hat den Verkehrsbehörden ausdrücklich verwehrt, Benutzungspflicht auf unzureichenden Radwegen anzuordnen, indem sie auf das Fehlen von Alternativen verweisen.
Das Problem in der Realität aber ist: Die Verkehrsbehörden vertrauen, ungeachtet der nahezu einmütigen Linie der Rechtsprechung, darauf, daß niemand vor Gericht zieht. Denn jede einzelne Anordnung müßte beklagt werden, die Verfahren dauern Jahre. Häufig scheitern sie an formalen Kriterien, ohne daß der Sachverhalt überhaupt inhaltlich geprüft wird. „Rechtsstaat pur“ also!
Was die Gurken angeht: Die Verordnung war nicht Produkt der EU-Bürokratie gewesen, sondern von den Interessensverbänden des Handels gefordert. Ihr Inhalt wird (freiwillig) noch immer beachtet, obgleich sie schon lange außer Kraft gesetzt ist.
„Man muß schon einmal mehr als einen Satz im Zusammenhang lesen und begreifen (wollen).“, schreiben Sie.
Ja. – Da ha’m Sie ganz einfach recht.
So – jetzt gibt’s lecker Brotzeit. Mit unkrummer Gurke :-( aber mit feinem Bamberger Bier :-)
Die Passage, „nur dort, wo ein Schutz der Radfahrer erforderlich ist, zum Beispiel bei Geschwindigkeiten größer 50 Stundenkilometer oder hoher Verkehrsbelastung, bleibt die Benutzungspflicht bestehen“, gibt die rechtliche Situation nicht korrekt wieder – wenngleich die Verkehrsbehörden derart irreführende Behauptungen immer wieder versuchen.
Nach §45-9 der Straßenverkehrs-Ordnung sind Beschränkungen des fließenden Verkehrs nur zulässig, wenn sie eine in der Örtlichkeit begründete, das normale Maß erheblich überschreitende Gefahrenlage entschärfen. Ausnahmen hierzu sind erschöpfend aufgezählt. Höchstinstanzlich (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Bundesverwaltungsgericht) ist bekräftigt: Die Radwegbenutzungspflicht, welche ein Fahrbahnverbot für Radfahrer beinhaltet, ist eine solche Beschränkung. Hingegen haben die von der Stadt Bamberg angeführten Signalschaltungen – hier ging es um Bruchteile von Sekunden bei der Räumzeit für die Kreuzungen – keine derart hohe Gefahrenlage verursacht, wie sie notwendige Voraussetzung für benutzungspflichtige Radwege wäre. Sie dienten lediglich als Vorwand.
Gefährdungen, die auf eigene Regelverstöße oder die anderer Verkehrsteilnehmer zurückzuführen sind, sind nicht durch die Örtlichkeit bedingt. Die StVO aber gibt vor: Jedes Fahrzeug darf nur so schnell gefahren werden, daß jederzeit Anhalten innerhalb des übersehbaren Bereichs möglich ist. Hohe Geschwindigkeit im Kfz-Verkehr allein reicht daher nicht aus, eine Radwegbenutzungspflicht anzuordnen. Wie auch das Verkehrsaufkommen ist sie lediglich ein Abwägungskriterium unter vielen. Insbesondere ist das reale Unfallgeschehen einzubeziehen – wobei wiederum solche Unfälle, deren Ursachen grobe Regelverstöße sind, nicht betrachtet werden dürfen. Überdies ist zu prüfen, ob weniger gravierende Eingriffe als das Fahrbahnverbot geeignet sind.
Rechtfertigt die verkehrliche Situation die Radwegbenutzungspflicht, darf sie dennoch nur angeordnet werden, wenn sowohl der Radweg vorgegebenen Qualitäts- und Sicherheitskriterien genügt (einen solchen gibt es in ganz Bamberg nicht) als auch genügend Raum für den Fußverkehr verbleibt. Denn unzureichende Geh- und Radwege verursachen selbst gravierende Sicherheitsrisiken. So ist es bei dem im Bild gezeigten Radweg nur eine Frage der Zeit, bis ein Radler vor eine unachtsam aufgerissene Autotür fährt.
Auch benutzungspflichtige Radwege gestatten in bestimmten Fällen das Radfahren auf der Fahrbahn:
1.
Der Radweg ist objektiv nicht benutzbar (zugeparkt, anderweitig verstellt, keine ausreichende Bordsteinabsenkung, zu eng, starke Oberflächenschäden, gefährdende Verunreinigung, fehlender Winterdienst, …). Viele dieser Beeinträchtigungen können aus dem Auto heraus überhaupt nicht erkannt bzw. beurteilt werden.
2.
Mehrspurige Fahrräder und Anhängergespanne haben höhere Anforderungen an Querschnitt und Kurvenradien, letztere treffen auch Tandems sowie Liegeräder mit langem Radstand. Da die Regel- und Mindestmaße – selbst die werden oft nicht eingehalten – für „normale“ Räder ausgelegt sind, dürfen die Fahrer der genannten Fahrzeuge angeordnete Benutzungspflichten häufig ganz legal ignorieren.
3.
Wer sich zum Linksabbiegen auf der Fahrbahn einordnen will, darf einen benutzungspflichtigen Radweg rechtzeitig verlassen – und zwar dort, wo dies noch gefahrlos möglich ist. Das kann bis zur vorhergehenden Kreuzung oder Einmündung der Fall sein.
Wie vorstehende Ausführungen belegen, ist das (insbesondere Radfahrer betreffende) Verkehrsrecht komplex. Das ist wahrscheinlich der Grund, weshalb die Fahrschulen es nicht vermitteln. Anders ist nicht zu erklären, weshalb selbst junge Autofahrer die seit über 18 Jahren (!) geltende Regelung, daß Radfahren auf der Fahrbahn den vom Verordnungsgeber gewollten Normalfall, ein benutzungspflichtiger Radweg hingegen eine rechtfertigungsbedürftige Ausnahme darstellt, nicht kennen.
P.S.:
Allein heute morgen wurde ich auf den rund 1,5 km meines Wegs, die mit straßenbegleitenden Radwegen versehen sind, achtmal eng überholt und geschnitten, weil ich legal (!) auf der Fahrbahn gefahren bin. Im Schnitt der vergangenen Woche dürfte solches deutlich mehr als einmal je Kilometer vorgekommen sein.
Eigentlich möchte ich bei solchen Vorhersagen nicht recht behalten: „So ist es bei dem im Bild gezeigten Radweg nur eine Frage der Zeit, bis ein Radler vor eine unachtsam aufgerissene Autotür fährt“ (siehe meinen oben stehenden Kommentar!).
Im heutigen Polizeibericht (https://www.bamberger-onlinezeitung.de/2015/12/01/radlerin-leicht-verletzt-4/) finde ich:
„Radlerin leicht verletzt – BAMBERG. Montagnachmittag übersah eine Frau beim Öffnen der Beifahrertür in der Feldkirchenstraße eine auf dem Radweg fahrende Radfahrerin. Diese stieß mit dem Knie gegen die geöffnete Tür und verletzte sich dabei leicht.“