Asyl in Deutschland

Redaktion
Transparente bei der Demonstration gegen Abschiebung am 20.8.2015. Foto: Erich Weiß

Transparente bei der Demonstration gegen Abschiebung am 20.8.2015. Foto: Erich Weiß

Die Thematik ist komplex, erfordert Zahlen und deren Entwicklung. Hier nun ein knapper Überblick über die Zahlen, die Verteilungsschlüssel und die zu erwartenden Zuwächse. Ein gesonderter Beitrag wird sich mit Bamberg im besonderen befassen.

Vom Bund bis nach Bamberg

1992 verzeichnete Deutschland mit 438.191 Asylantragszahlen den höchsten Zulauf seit 1953. In den Folgejahren waren die Zahlen rückläufig, bis sie seit drei Jahren erneut kontinuierlich steigen. Im Juli 2015 haben sie einen neuen Höhepunkt erreicht, mit  218.221 Erst- und Folgeanträge im 1. Halbjahr. Die neueste Prognose des Bundesinnenministeriums spricht von mindestens 800.000 Anträgen in 2015 (hier). Nach dem Tiefststand von 2008 mit lediglich 28.018 Anträgen steigerte sich die Anzahl der Anträge enorm. Die Verteilung der Asylbewerber innerhalb der Bundesrepublik Deutschland richtet sich nach dem so genannten Königsteiner Schlüssel. Dementsprechend werden in Nordrhein-Westfalen 21,54 % der Asylbewerber aufgenommen und auf Platz zwei folgt Bayern mit 15,33 % der Zuteilungen zu einer Erstaufnahmeeinrichtung.

Nach der neuesten Prognose wird sich Bayern auf 122.640 Asylbeantragende einstellen.

1953-2015 statistik-aktuelle-zahlen-zu-asyl

Seit 1995 statistik-aktuelle-zahlen-zu-asyl-2Verteilung in Deutschland

Auch in Bayern gibt es einen Verteilungsschlüssel, nach dem die Asylbewerber in den Regierungsbezirken verteilt werden:

„Die weitere Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der Bundesländer wird ganz unterschiedlich gehandhabt. In Bayern sind dafür die Regierungsbezirke verantwortlich, die jeweils einen festgeschriebenen Teil der Asylbewerber unterbringen müssen. Oberbayern werden dabei 33,9 Prozent der Flüchtlinge zugewiesen, Schwaben 14,5 Prozent. Mittelfranken 13,5 Prozent, Unterfranken 10,8 Prozent, Niederbayern 9,6 Prozent, Oberfranken 8,9 Prozent und der Oberpfalz 8,8 Prozent. Innerhalb der Regierungsbezirke ist wiederum festgelegt, welchen Teil der Flüchtlinge die einzelnen Landkreise und Kommunen aufnehmen sollen. Dabei stechen insbesondere die großen Städte Nürnberg und München heraus, die jeweils Unterkünfte für ein Drittel der Flüchtlinge in ihrem Bezirk bereitstellen.“ (BR)

Demnach wird sich Oberfranken auf über 10.900 Asylbewerber einstellen.

Der Umgang mit Asylbewerbern wird analog dem Staatsaufbau vom Bund an die Länder und von den Ländern an die Bezirke und von den Bezirken an die Gemeinden delegiert, bzw. letztlich findet die Unterbringung immer an einem konkreten Ort statt, in diesem Fall ist es Bamberg. Im Königsteiner Schlüssel werden die Verteilungsquoten nach dem Aufkommen aber auch nach dem verfügbaren Platz verteilt. Nach der Auflassung des Konversionsgebiets besteht dieser Platz nun mal in Bamberg und so ist die Zuteilung von 1.500 Asylbewerbern folgerichtig. Diese Zahl ist vorläufig.

Die Debatte über ein Einwanderungsgesetz nimmt an Fahrt auf

Derweil dreht sich die Diskussion immer wieder um die Notwendigkeit eines Einwanderungsgesetzes. Der einst kompromisslose Widerstand der CDU gegen ein Einwanderungsgesetz ist offenbar aufgegeben (Die Welt). „Aus strategischer Sicht gibt es gute Gründe für die Öffnung der Partei: Wer wie die Union die Gesetze verschärfen und Asylbewerber vom Balkan schneller abschieben will, der läuft trotz offenkundigen Handlungsbedarfs Gefahr, als Hardliner gebrandmarkt zu werden. Ein Einwanderungsgesetz dagegen klingt bereits ganz anders und lässt keinen Zweifel daran, dass man Deutschland als Einwanderungsland betrachten muss. Geht man die Projekte nun im Doppelpack an, schrumpft die Angriffsfläche.“ Demnach unterstützt auch die Innen- und Rechtsexpertin der SPD, Eva Högl, eine Verbesserung des Einwanderungsrechts. Auch wenn jemand kein Anrecht auf Asyl habe – man solle ihm eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt nicht verschließen.

Die Grünen haben das Urheberrecht auf ein modernes Einwanderungsgesetz

Es gehört zum Grundverständnis der Grünen, sich für Flüchtlinge einzusetzen und sich gegen eine „Festung Europa“ zu wehren (hier). Die Nähe zu Menschenrechts- und Flüchtlingsgruppen hat sie immer von anderen Parteien unterschieden. Seit Jahren pocht die Öko-Partei auf menschenrechtliche Standards bei Asylverfahren und der Aufnahme von Flüchtlingen. Lange vor anderen plädierten die Grünen für Zukunftsperspektiven für geduldete Flüchtlinge. Selbst in der Union heißt es hinter vorgehaltener Hand, das Urheberrecht für ein modernes Einwanderungsgesetz hätten die Grünen – seit Jahren schon. In Baden-Württemberg zwingt die brisante Lage bei der Unterbringung von Flüchtlingen die Politik zum Handeln.

Kretschmann arbeitet darauf hin, dass klarer unterschieden wird zwischen Flüchtlingen, die wohl in Deutschland bleiben dürfen und denen, deren Asylantrag aller Wahrscheinlichkeit nach abgelehnt wird. Die einen sollen schnell in die Kommunen verteilt und integriert werden – die anderen möglichst noch aus der Landeserstaufnahmestelle heraus zurückgeschickt werden. Kritiker sprechen von Flüchtlingen erster und zweiter Klasse. Doch Kretschmann will auch darauf dringen, dass Armutsflüchtlinge etwa vom Balkan leichter auf dem deutschen Arbeitsmarkt Fuß fassen können.


Ist eine „Ankunfts- und Rückführungseinrichtung für Asylbewerber vom Balkan“ die neue „Willkommensoffensive“?

CSU, SPD, BuB und GAL stimmen Abschiebezentrum zu / Bamberger Asyl-Appell – Wir haben Platz für Asylsuchende / Reaktionen auf Asyl-Appell: “nicht bei uns” zu sagen, ist das Falscheste, was man tun kann. / Bamberger Asyl-Appell – Wir haben Platz für Asylsuchende / Lesetipp SZ: Fünftes Aufnahmelager für Asylbewerber in Bayreuth / Die eingeschränkte Solidarität der Bamberger: CSU und SPD lehnen “Massenunterkünfte für Asylsuchende strikt ab” / “Mr. Gorbatschow, open this gate … Mr. Gorbatschow, tear down this wall”

Link zu FT: „Balkan-Zentrum“ in Bamberg: Der Ticker aus dem Stadtrat zum Nachlesen

Link zu WebZet: Diesmal nicht einstimmig