Redaktion
Vor Jahrzehnten mahnten viele Menschen, die verfehlte Entwicklungspolitik werde sich eines Tages rächen und die Menschen würden zuhauf ihre Heimat verlassen und nach Europa fliehen. Diese Mahner wurden als linke Spinner beschimpft – und somit hätten sich auch die Mahnungen erledigt, meinten vor allen Dingen konservativ-marktwirtschaftlich orientierte Politiker. Heute sehen viele Afrikaner und Asiaten keine Zukunftsperspektiven mehr in ihren ausgebeuteten und von Bürgerkriegen zerstörten Heimatländer.
Mit Bamberger Lokalpolitik kann man dieses weltumspannende Problem natürlich nicht lösen, aber diese Folgen haben nun auch unser beschauliches Bamberg erreicht und diese Folgen sollten human gelöst werden.
Es korrespondiert ein lokales Problem mit der Weltpolitik, nach Abzug der US Soldaten gibt es den dringend benötigten Wohnraum bzw. Platz in Bamberg. Dieser Platz ist für ein Erstaufnahmelager sehr gut geeignet und auch für die Bamberger Bevölkerung selbst. Die Situation in Bamberg sieht momentan eher so aus: auf der einen Seite Menschen in beengten Wohnungen ohne Aussicht, die teueren, leer stehenden Wohnungen bezahlen zu können – auf der anderen Seite nun genügend Wohnungen. Der bayerische Innen- und Bauminister Joachim Herrmann sowie der Regierungspräsident Oberfrankens, Wilhelm Wenning, stellten gleichermaßen fest „… die Wohnungen sind in einem Topzustand, da müssen nur noch Möbel und Lampen rein“.
Das Problem entsteht eigentlich nur durch das langwierige Konversionsverfahren zwischen den Verhandlungspartnern von der Stadt Bamberg und dem Bundesfinanzministerium. Beides Organisationen eines demokratischen Staates deren Akteure eigentlich nur das Wohl des Volkes im Sinn haben sollten.
Die Bamberger Bevölkerung wurde bislang weitestgehend vom Konversionsgebiet ferngehalten. Zustandsbeschreibungen variieren von ,total desolat bzw. renovierungsbedürftig‘ bis ,top in Schuss und sofort beziehbar‘ (siehe oben). Dies ist kein Zustand, der Vertrauen schaffen kann, dass das Volkseigentum, und darum handelt es sich, dem Volke zugute kommen wird. Bei solchen Verhältnissen ist es nicht verwunderlich, dass die Bamberger den Gerüchten glauben wollen, sie würden in einem Geschäft zwischen Stadt und Immobilienbranche den Kürzeren ziehen.
Der Großteil der Bevölkerung erwartet, dass die Menschen die leer stehenden Wohnungen bald beziehen können und die Stadtverantwortlichen ihre Zusagen in die Tat umsetzen.
Kein Unterschied in Flüchtlinge erster und zweiter Klasse? Genau dieser ist jedoch vorgesehen.
Diese Chance scheint sich nun zu ergeben: zügig Zugang schaffen. Die Verhandlungen, bei denen ein Hauch von Immobilien-Deal mitschwebt – schließlich soll das gesamte Konversionsgelände deshalb bereits Ende Januar 2016 von Bamberg erworben werden können – lassen eines außer Acht: Es geht um Menschen, die ihre Heimat aus Not verlassen. Gerade wenn – wie die SPD dies postuliert (siehe unten, statt korrekt von der geplanten „Ankunfts- und Rückführungseinrichtung für Asylbewerber vom Balkan“ zu sprechen, wird die verkürzt auf „Ankunfts- und Rückführungseinrichtung“) – kein Unterschied in Flüchtlinge erster und zweiter Klasse gemacht werden soll, ist dies jedoch Vorsatz der bayerischen Staatsregierung. Lediglich Menschen aus dem Balkan sollen hierher kommen und zügig wieder zurück geschickt werden.
Eine schnellere Prüfung der Asylanträge muss ein Ziel sein, das für alle Flüchtlinge gilt.
Die katholische Kirche Bambergs greift diese Umgangsweise auf. Der Bamberger Erzbischof Schick als Vorsitzende der Kommission Weltkirche ist vergleichbar einem „Außenminister“ der Deutschen Bischofskonferenz. Auch die Menschen vom Balkan sollten „von uns Deutschen freundliche Gesichter, gute Worte und helfende Hände erleben“, forderte der Erzbischof. Bereits der Caritas-Präsident Peter Neher beobachtet eine Unterteilung „in jene, die vor Krieg und Verfolgung flüchten und jene, die sich wegen bitterer Armut und sozialer Not auf den Weg nach Deutschland machen.“ Er fordert deutlich: „Wir müssen allen Schutzsuchenden mit wertschätzender Haltung und vorurteilsfrei begegnen. Dazu gehört, dass der Asylantrag jedes Einzelnen sorgfältig und möglichst zeitnah geprüft wird. So sind viele Roma und Sinti in den Balkanstaaten massiver Diskriminierung ausgesetzt. Wenn sich dies summiert, zählt das laut EU-Qualifikationsrichtlinie ähnlich wie Verfolgung – und kann damit ein ausreichender Grund sein, um den Flüchtlingsstatus zu erhalten. Eine schnellere Prüfung der Asylanträge muss ein Ziel sein, das für alle Flüchtlinge gilt. Aus welchen Notsituationen heraus Menschen nach einer neuen Heimat suchen: Es ist ein Gebot der Menschenwürde und Nächstenliebe, ihnen in ihren in aller Regel existenziellen Nöten fair zu begegnen und die Anliegen menschenwürdig zu bearbeiten.“
Eine „Ankunfts- und Rückführungseinrichtung für Asylbewerber vom Balkan“ kommt einer Vorverurteilung gleich und widerspricht einer genauen Prüfung des Flüchtlingsstatus des Einzelnen. Die Stadt Bamberg dürfte zukünftig mit einer solchen Vorgehensweise verknüpft werden. Will sie das?
Ein Gebot der Stunde: ein würdevoller Beistand Hilfesuchenden gegenüber – für Alle. Den Bambergern, den Europäern, der Weltbevölkerung. Den Mobilen und Niedergelassenen. Aus fremd kann Freund werden. Mit einem umzäunten und bewachten Abschiebelager bleibt fremd fremd.
GAL-Mitteilung
Kein Abschiebelager auf dem Konversionsgelände!
Rote Karte nicht für Flüchtlinge, sondern für die verfehlte Asylpolitik und „Unwillkommenskultur“ der CSU! Die GAL will Flüchtlinge wirklich willkommen heißen, dafür braucht es aber andere Rahmenbedingungen.
Die geplante so genannte „Ankunfts- und Rückführungseinrichtung“ für Balkanflüchtlinge auf dem Bamberger Konversionsgelände wird von der Grün-Alternativen Liste GAL im Bamberger Stadtrat nicht mitgetragen – und das aus folgenden Gründen:
- Tatsächlich handelt es sich um ein Abschiebelager, in dem Flüchtlinge aus den Balkanstaaten einzig zu dem Zweck konzentriert und isoliert werden, um möglichst schnell eine Abschiebung durchzuführen. Das bedeutet eine diskriminierende Sonderbehandlung dieser Hilfe suchenden Menschen, denn sie haben genauso wie alle anderen das Recht, dass ihr Asylantrag individuell und sorgsam geprüft wird. Eine Zwei-Klassen-Einteilung von Asylsuchenden tragen wir nicht mit.
- Der Plan eines Abschiebelagers für Balkan-Flüchtlinge treibt die von der CSU-Staatsregierung in Bayern zu verantwortende missratene Migrationspolitik auf die Spitze. Sie drängt Menschen, die in wirtschaftlicher Not sind, zwangsweise in das Asylverfahren, weil sie sonst keinerlei Möglichkeiten zur Migration haben. Stattdessen sollte diesen Menschen, die auf unserem Arbeitsmarkt zudem durchaus gebraucht werden, eine ordentliche und realistische Perspektive geboten werden.
- Die Ghettoisierung von Flüchtlingen einer bestimmten Herkunft ist dazu angetan, vorhandene Vorurteile in der Bevölkerung zu schüren, Unfrieden zu stiften und Aufstände (auf beiden Seiten) zu provozieren. So wird die Gesellschaft eher gespalten als zur Solidarität ermuntert. Die von Bayern geplanten Abschiebelager stellen einen neuen Höhepunkt staatlicher „Unwillkommenskultur“ dar.
Die GAL will stattdessen Flüchtlinge jeglicher Herkunft willkommen heißen und ist deshalb auch bereit, eine Unterkunft in der geplanten Größe (1500 Flüchtlinge) in Bamberg einzurichten, dies jedoch unter anderen Rahmenbedingungen.
In der Sitzung des Feriensenats am Donnerstag, 20.8.2015, wird die GAL deshalb beantragen, dass die Vereinbarung zwischen Freistaat Bayern und Stadt Bamberg in folgenden Punkten geändert bzw. ergänzt wird.
- Die Aufnahmeeinrichtung nimmt Flüchtlinge aus allen Ländern auf, die dann gleichermaßen ein rechtsstaatliches Asylverfahren durchlaufen können.
- Für die Unterbringung der Flüchtlinge wird ein „individueller Wohnbereich“ von mindestens 7 Quadratmetern eingehalten, wie er in der Leitlinie des bayerischen Sozialministeriums vom April 2010 für Gemeinschaftsunterkünfte festgelegt ist und wie er von Innenminister Herrmann am 14.8.2015 bei der Besprechung mit dem Ältestenrat im Bamberger Rathaus mündlich zugesichert wurde. Da dies mit der bisherigen Gebäudeplanung nicht zu erreichen ist, sind zusätzliche Gebäude einzuplanen.
- Der hintere Teil der Flynn-Area (ca. 50%) sowie die Pines-Housing-Area und der Lindenanger sind zeitgleich für den Bamberger Wohnungsmarkt herzurichten, so dass diese sowohl Einheimischen also auch Flüchtlingen (anerkannt oder mit Auszugsberechtigung) als normale Wohnungen zur Verfügung stehen. Dies ist in den Verhandlungen mit der BImA durchzusetzen und eine Voraussetzung dafür, dass die geplante Unterkunft für 1500 Asylsuchende eingerichtet wird.
- Auch wenn die Flüchtlingsunterkunft nicht von der Stadt Bamberg selbst betrieben wird, so befindet sie sich doch auf dem Stadtgebiet und es kann und wird der Stadt und der Bamberger Bevölkerung nicht egal sein, wie die Menschen dort und auch im Stadtgebiet leben.
Deshalb richtet die Stadt Bamberg ein ehrenamtliches Ombudsteam ein, das sich aus fünf bis acht Personen zusammen setzt, die aus Stadtrat, Stadtverwaltung, Wohlfahrtsverbänden, Kirchen, Ehrenamtsinitiativen kommen sollen. Dieses Ombudsteam soll Ansprechpartner, Botschafter, Vermittler im Sinne eines guten Zusammenlebens in Bamberg sein. Die Mitglieder des Ombudsteams sollen die Einrichtung in regelmäßigen Abständen besuchen und begutachten, was vom Betreiber zu gestatten ist. Am Eingang zur Einrichtung wird darüber hinaus eine erweiterte Pförtnerloge eingerichtet, die nicht nur von Security-Leuten besetzt ist, sondern auch von SozialberaterInnen, und die sozialberaterische Funktionen erfüllt: Hilfestellung für Flüchtlinge, Information und Orientierung von BesucherInnen, Konflikt-/Notfallmanagment.
Für alle Antragspunkte beantragt die GAL Einzelabstimmung.
SPD-Mitteilung
SPD-Fraktion befürwortet die Einrichtung einer Ankunfts- und Rückführungseinrichtung auf dem Konversionsgelände
Die SPD-Stadtratsfraktion unterstützt geschlossen den Bamberger Oberbürgermeister Andreas Starke bei der Entscheidung, in Bamberg eine Ankunfts- und Rückführungseinrichtung für Asylbewerber auf dem Konversionsgelände einzurichten.
„Wer humanitäre Hilfe leistet, ist niemals ein Verlierer, sondern immer ein Gewinner“. Der SPD Fraktionsvorsitzende Klaus Stieringer wendet sich mit deutlichen Worten an die zunehmende Anzahl von Kritiker einer weiteren Aufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Bamberg. „Mit Sorge beobachtet die SPD Stadtratsfraktion, dass die pauschale Ablehnung einer weiteren Aufnahmeeinrichtung nicht nur in rechtsextremen Kreisen zunimmt. Wer Stimmung gegen Flüchtlinge, egal aus welchem Land, betreibt, begibt sich auf ein Niveau mit Rechtsextremen. Es gibt keine Flüchtlinge erster oder zweiter Klasse“, so Klaus Stieringer. „Wer nach Bamberg kommt, egal aus welchem Grund, egal aus welchem Land und egal für welchen Zeitraum, darf sich der Gastfreundschaft unserer Stadt sicher sein“, betont der SPD Fraktionsvorsitzende. Die SPD-Fraktion legt besonderen Wert auf die Zusage der Bayerischen Regierung, dass sowohl die soziale wie medizinische Betreuung der ankommenden Menschen gewährleistet wird. Neben unserer gemeinsamen humanitären Pflicht zur Hilfe, betont die SPD-Stadtratsfraktion die Vorteile, die konkret für die Konversion und die Bamberger Bürgerinnen und Bürger entstehen.
„In den Verhandlungen konnten konkrete, für Bamberg positive Ergebnisse erzielt werden. So können wir den Bamberger Bürgerinnen und Bürger dringend benötigten, bezahlbaren Wohnraum wesentlich früher zur Verfügung stellen“, so Klaus Stieringer. Mit der Vereinbarung zwischen Stadt und Land ist es, nach Ansicht der SPD Stadtratsfraktion, dem SPD-Oberbürgermeister und den Vertreter des Ältestenrates nicht nur gelungen den Konversionsprozess um Jahre zu verkürzen, sondern auch die Grundlage dafür zu schaffen, dass nunmehr schnellstmöglich der dringend benötigte bezahlbare Wohnraum in Bamberg geschaffen werden kann.
Damit, so erhoffen sich die Mitglieder der SPD Stadtratsfraktion, sollte die aufkommende Neiddiskussion zwischen Flüchtlingen und Anwohnern endgültig beendet sein. „Niemand wird durch die neue Aufnahmeeinrichtung auf dem Konversionsgelände auf irgendetwas verzichten müssen. Ganz im Gegenteil. Glück gehört zu den wenigen Dingen im Leben die sich verdoppeln, wenn man es teilt“, betont Klaus Stieringer. Die SPD Fraktion steht deshalb geschlossen und vorbehaltlos hinter dem Verhandlungsergebnis zwischen der Stadt Bamberg, dem Freistaat und der BIMA. „Wir fühlen uns in erster Linie den Hilfesuchenden Menschen verpflichtet“, erklärt SPD-Fraktionsvorsitzender Klaus Stieringer. „Gerne würden wir jedem Menschen, der nach Deutschland kommt die Chance geben zu bleiben, aber da dies nicht möglich ist, setzen wir uns dafür ein, die Belastungen und die Dauer des Aufenthaltes hier so gering und kurz wie möglich zu halten – dies soll die Zielsetzung der Bamberger Einrichtung sein.“
Schildbürgerstreich im Feriensenat?
Leicht haben es sich die Stadträte heute sicherlich nicht gemacht. Auffällig waren die vielen Worte, die nur mehr die Ahnungslosigkeit mancher Stadträte widerspiegelten. Letztendlich ist es nichts Ungewöhnliches für Bamberg durch gezielte Überredungskünste den Willen des OB durchzusetzen. Mit dem entsprechenden Märchenonkel an seiner Seite, fast ein Kinderspiel. Armes Bamberg. Ganz abgesehen von der Einschätzung mancher Stadträte, dass Bamberg-Ost ja auch nicht über das entsprechende Einkommen verfügen würde.Was sagt uns das? Vielleicht, das Schilda gar nicht so weit entfernt ist…
Konversionsgelände mit Flüchtlingen UND mit Bamberchern und Neu-Bamberchern bevölkern. Und zwar in „vernünftigem“ Mix, damit kein Ghetto entsteht.
Wird aber nur ein bierseliger Traum bleiben.
Prost!
Warum genau ist das jetzt diskriminierend? Wenn Fälle von Balkanflüchtlingen schneller bearbeitet werden können, weil es andere Voraussetzungen gibt, kann man unterschiedliche Einrichtungen für unterschiedliche Flüchtlingsströme erstellen. Das vereinfacht die Logistik enorm. Geprüft wird trotzdem rechtmäßig. Alles andere wäre Verfassungswidrig. Der Fakt, dass über 99% der Fälle abgelehnt werden, hat damit gar nichts zu tun. Was die Grünen hier populistisch äußern, hört sich so an, als würden Flüchtlinge vom Balkan ohne Prüfung direkt abgeschoben werden. Nach dieser Logik bräuchte es dann aber doch überhaupt keine Unterkünfte oder?
Großer Konsens!
Daß 99 % der Balkanflüchtlinge kein Asyl erhalten, bedeutet mitnichten, daß sie keinen berechtigten Grund, Asyl zu beantragen, hätten. Schließlich übt die Politik gewaltigen Druck auf die Entscheider aus, indem die Mär von den angeblich sicheren Herkunftsländern bis zum Geht-nicht-mehr eingetrichtert wird.
Kürzlich erst war dem Fernsehen zu entnehmen: Die Schweiz, tendenziell eigentlich wesentlich restriktiver eingestellt, erkennt 37 % der Balkanflüchtlinge Asyl zu.
Überdies ist schon seit Jahren bekannt, daß ein großer Teil, wenn nicht gar die Mehrheit der Asylanträge nicht wegen fehlenden Asylgrunds, sondern wegen formaler Fehler bei der Antragstellung abgelehnt wird. Wie aber sollen Flüchtlinge die komplizierten Konstrukte des deutsch-bürokratischen Formalrechts fehlerfrei überwinden. Das fängt schon beim fehlenden Paß an:
Für die Ausstellung des Passes ist die Heimatbehörde zuständig. Wer beantragt ihn aber bei der Behörde des Staates, dessen Institutionen für den Fluchtgrund verantwortlich sind?