Bahnausbau: endlich Fakten nötig!

Redaktion
Mauer in Mödlareuth. Foto: Erich Weiß

Deutsch-Deutsche Mauer im Mauermuseum in Mödlareuth. Foto: Erich Weiß

Der 4-gleisige Bahnausbau ist eine Zumutung. Eine Zumutung für alle Bürger, hinsichtlich des Lärms (der derzeit bereits bis hinein in den Michelsberger Wald schallt), hinsichtlich der Kosten, hinsichtlich der zu erwartenden Bauarbeiten und hinsichtlich der mangelnden und/oder nie kommunizierten Fakten.

Die Sanierungskosten der vier maroden Unterführungen sind Grund für die städtische Befürwortung der Durchfahrung

Das Bündnis Trasse mit Vernunft nennt jüngst einige Tatsachen hinsichtlich der Kosten – Kosten, die sich die Stadt hofft, von der Bahn zahlen zu lassen. Und somit für die Bahn – gelinde formuliert – ein leicht zu überzeugender Verhandlungspartner ist. Die Sanierung der vier maroden Unterführungen werden Millionen verschlingen, die die Stadt nicht hat, aber finanzieren muss. Ein für die städtischen Finanzen geschickter Deal mit der Bahn wirkt Wunder hinsichtlich der Trassenentscheidung. Diese Entwicklung ist derzeit zu beobachten. Der Schutz des Welterbes und der hier lebenden BewohnerInnen tritt derweil  in den Hintergrund, ebenso die zu erwartenden Lärmschutzmauern und deren Höhe. Entscheidungssicherheit? Fordert die GAL, siehe unten. Bei nie kommunizierten zusammenhängen dürfte das schwierig, ja schier unmöglich sein.

Bündnis: Trasse mit Vernunft

Eine Osttrasse kostet Bamberg Millionen

Eine der für den Bahnausbau weit offenen Fragen ist, wie viel die verschiedenen Ausbau-Varianten kosten. In der Stadtratsitzung am letzten Mittwoch ist diese Frage durch den Vortrag der Bahner etwas erhellt worden.

Bisher hatte es immer geheißen, die Ostumfahrung hätte die niedrigsten Kosten. Mancher hat diese Behauptung für bare Münze genommen, und manche hat diese Behauptung in der Werbung für die Osttrasse wie eine feststehende Tatsache eingesetzt.

Seit Mittwoch ist klar, dass das falsch ist. Ob die von der DB geplante Variante Ost jemals kostengünstiger war als die Variante Ausbau im Bestand, stand schon immer in den Sternen. Sie kann jetzt auch dorthin gestellt bleiben. Aber dass die durch zusätzliche Trog- und Tunnelbauwerke im Bereich der Breitenau (Flugplatz) korrigierte Trasse keinen Kostenvorteil gegenüber dem Ausbau im Bestand bringt, ist eine neue Information und seit Mittwoch Stand der Dinge.

Ein damit unmittelbar zusammenhängender Sachverhalt, der ebenso gewichtig ist, kam in der Stadtratsitzung allerdings nicht zur Sprache. „Die Kosten für Ausbau im Bestand und Ostumfahrung liegen in der gleichen Größenordnung“: das ist zwar das Ergebnis der Untersuchungen, und als solches voll richtig. Dieses Ergebnis hat aber einen groben Haken: es gilt nur für die Bahn. Es gilt nicht für die Stadt Bamberg. Für uns sehen die Kosten für die Ostumfahrung ganz anders aus als die für den Ausbau im Bestand, für die Variante „Durchfahrt, mit bestem Lärmschutz für alle“.

Der Grund dafür ist einfach, aber etwas mühsam zu überblicken. Alle vier alten Unterführungen, von der Memmelsdorfer Straße bis zur Geisfelder Straße, müssen ja in absehbarer Zeit neu gebaut werden. Nicht wegen des Ausbaus der Bahnstrecke für den ICE („Bahnprojekt VDE 8.1“), sondern allein wegen ihres Zustands. Für die Finanzierung greift die Erste Eisenbahnkreuzungsverordnung, und die hat harte Folgen. Wird VDE 8.1 nämlich durch Ausbau im Bestand bewerkstelligt (Durchfahrt), wird der Bund für Memmelsdorfer und Zollner-Unterführung einen großen Teil der Kosten tragen, die Stadt Bamberg einen deutlich kleineren. Wird dagegen die Osttrasse gebaut, wird es genau umgekehrt sein: den großen Teil trägt die Stadt, den deutlich kleineren Teil der Bund. Bei der Geisfelder Unterführung wird es beim Ausbau im Bestand darauf ankommen, ob es eine Bahnparallele Innenstadttangente gibt oder nicht. Wird eine Osttrasse gebaut, gibt es eine Innenstadttangente sicher nicht und fast die gesamten Kosten für die Unterführung bleiben an der Stadt hängen.

Von den drei Bauwerken liegt jedes im zweistelligen Millionenbereich, die Geisfelder Unterführung sogar bei 30 Millionen. Rechnet man die Differenzen zwischen den Anteilen der Stadt bei Variante Durchfahrt und bei Variante Ost zusammen, landet die Gesamtdifferenz ebenfalls im zweistelligen Millionenbereich. Und wir werden von Glück reden können, wenn vorne dran eine 1 steht. Das sind 10 oder 15 oder … Millionen, die eine Trasse Ost der Stadt Bamberg mehr kostet als eine Trasse Durchfahrt.

In der Matrix, die die Bahner am Mittwoch vorgelegt haben, war das Kästchen Kosten/Osttrasse weiß geblieben. Das bedeutete: Die Osttrasse kostet ungefähr das gleiche wie die Trasse Durchfahrt. Das ist für die Stadt Bamberg falsch und führt in die Irre: für unsere Stadt ist dieses Kästchen tiefrot.

GAL-Mitteilung

GAL fordert Entscheidungssicherheit für Politik

Bei Gretchenfrage „Bahnausbau im Osten oder in der Mitte“ stochern Stadtrat und Bürgerschaft noch immer im Nebel

Fragen und Diskussion zum Bahnausbau nahmen den größten Teil ein bei der öffentlichen Fraktionssitzung, zu der die GAL-Stadtratsfraktion den Stadtteil Kramersfeld eingeladen hatte. Die Grünen-StadträtInnen sahen sich sofort harten Anwürfen gegenüber: Sie würden eine Vernichtung von großen wertvollen Bannwaldflächen im Hauptsmoorwald befürworten, sie würden dem Stadtteil Kramersfeld nun auch noch Bahnlärm zumuten wollen, und sie würden eine Güterzug-Ostumfahrung unterstützen, die in dieser Form von der Bahn ohnehin nie gebaut werde.

Große Ängste und Befürchtungen, aber auch große Verunsicherung und Unklarheit waren spürbar, als die Kramersfelder und auch einige Gäste aus der Lichteneiche diese Punkte vortrugen. Eine Bürgerin drückte das so aus: „Man hört ja immer Verschiedenes.“

Zumindest den GAL-Standpunkt versuchte der verkehrspolitische Sprecher Peter Gack klar zu machen, schickte aber voraus: „Auch wir im Stadtrat stochern immer noch im Nebel.“ Er könne das Misstrauen der Menschen in Bamberg-Ost gegen eine Ostumfahrung nachvollziehen, auch er selbst und seine Fraktion hegen beachtliche Skepsis bei Machbarkeit, Flächenverbrauch und Lärmschutz. „Aber mit Skepsis können wir nichts anfangen, wir müssen wissen, was Sache ist. Wir brauchen Fakten – und die haben wir immer noch nicht.“

Gack betonte, dass es sich bei dem Bahnausbau um ein Projekt handle, das eine Situation für die nächsten 200 Jahre zementiere. Und zudem ein Projekt, das über viele Jahre eine Riesenbaustelle mit großen Eingriffen und Behinderungen bedeute, egal ob in der Stadtmitte oder am Stadtrand. Den anwesenden GegnerInnen einer jeglichen Ostumfahrungsvariante hielt er entgegen: „Vielleicht bin ich demnächst sogar Ihrer Meinung, aber wenn ich es bin, dann muss ich das doch gegenüber den BürgerInnen in der Stadtmitte, die dann alles aushalten müssen, zumindest gut begründen können.“ Eine solche Entscheidungssicherheit müsse die Stadt sich auch etwas kosten lassen und notfalls ein eigenes Gutachten finanzieren.

Fraktionsvorsitzende Ursula Sowa stellte klar, dass die GAL keiner zusätzlichen Bahnlärmbelastung im Osten Bambergs zustimmen werde – „darauf können Sie sich verlassen“. Sie sieht aber die Chance, bei der direkt an der Autobahn entlang führenden Güterzug-Ostumfahrung den Lärmschutz sogar noch zu verbessern, so dass auch der Autolärm abgeschwächt würde. Auch in einem anderen Punkt beschwichtigte sie die Kritik der Anwesenden: „Mit der GAL werden sicher nicht Hunderte von Hektar Wald abgeholzt. Aber die Güterzug-Ost-Variante für den Bahnausbau hat deutlich weniger Flächenverbrauch als die von der DB favorisierte ICE-Ostumfahrung. Genaue Zahlen fehlen aber auch hier.“ Und: „Auch dem Ausbau der Bestandsstrecke würden ca. 10 Hektar Bannwald zum Opfer fallen, das wird immer vergessen.“ Sowa wies außerdem darauf hin, dass Bannwaldverluste im Verhältnis 1:3 ausgeglichen werden müssten.

Einige Bedenken dahingehend, dass die Bahn als Bauherrin ohnehin so baue wie sie wolle, entkräftete Peter Gack: „Es muss so gebaut werden, wie es im Planfeststellungsverfahren festgelegt wird. Wäre darin also eine eingehauste und getunnelte Ostumfahrung vorgegeben, so muss diese so gebaut werden und nicht anders.“ Jedoch gab er auch zu: „Die DB will Einhausung und Tunnelung nicht, weil das teuer ist. Aber wir wollen doch das Beste für Bamberg als Gesamtstadt. Deshalb ist es wichtig, dass sich BürgerInnen aus allen Teilen der Stadt einmischen, ebenfalls Fakten und Gutachten verlangen und sich nicht gegeneinander ausspielen lassen.“

2 Gedanken zu „Bahnausbau: endlich Fakten nötig!

  1. Ich habe einige Bauchschmerzen angesichts des einleitenden Satzes: „Der 4-gleisige Bahnausbau ist eine Zumutung.“

    Unbestreitbar wird der Ausbau Belastungen mit sich bringen – und die richtige Entscheidung bzgl. der zu wählenden Variante kann naturgemäß nicht leicht fallen.

    Doch muß auch die Alternative betrachtet werden: Ohne Bahnausbau wird es Straßenneu- und -ausbau geben – mit in der Summe und hinsichtlich der Folgelasten, fiskalisch wie ökologisch, für die Lebensqualität und für die Gesundheit, erheblich schwerwiegenderen Aus- und Nachwirkungen.

    Es kann also realistischerweise nicht um das Ob, sondern allein um das Wie des Ausbaus gehen. Daß der Hochgeschwindigkeitswahn durchaus zu hinterfragen ist, ist hierbei ein wichtiger, allerdings nicht vor Ort lösbarer Gesichtspunkt.

    • sie haben sicherlich recht und es klingt fast so als würden diese leute aus dem osten unbedingt mauern haben wollen. doch wer sich auf aussagen der bahn stützt kann nix gutes im schilde führen. in stuttgart hat die bahn doch auch von anfang an gelogen.

      das titelbild ist schon mal sehr krass. noch besser wäre die berliner mauer weil die genauso hoch war.

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