Kritische Anmerkungen zu „Die Nacht gehört uns“

Claudia Kundmüller

Die „Eigentümer der Nacht“

„Die Nacht gehört uns“ – das Motto der studentischen Initiative „Sperrstunde abschaffen“ zeugt von einer Anmaßung, die ihres gleichen sucht (hier). Die Nacht wird hier mit leichter Hand zum Eigentum von ca. 13.000 Bamberger Studenten erkoren, alle anderen Einwohner Bambergs dürfen keinen Anteil daran haben, zumindest keinen ruhigen.

Welch ein Armutszeugnis stellen sich Studenten aus, die auch im Namen der Kunst („Kunst braucht Zeit“) um das Recht kämpfen, eine Stunde länger feiern zu dürfen – ein Recht, mit dem sie aber ganz offensichtlich nicht umgehen können. In einem offenen Brief an den OB und den Stadtrat entschuldigt man den Frust, der sich nachts in Alkoholrausch, Lärm und Gewalt entlädt, damit, dass man bereits (!) um 4 Uhr nach Hause gehen soll. Auf welchem geistigen und sozialen Niveau bewegen wir uns hier eigentlich? Haben wir es hier tatsächlich mit den Argumenten von Studenten zu tun?

Dennoch: Auch ich bin der Meinung, dass die neue Sperrzeitregelung nicht zu einem erträglicheren (Nacht)Leben in der Bamberger Innenstadt beiträgt. Es ist für die meisten Innenstadtbewohner nämlich völlig irrelevant, ob sich die „Eigentümer der Nacht“ um 2 Uhr, 4 Uhr oder 5 Uhr lärmend und rücksichtslos durch die Stadt bewegen.

Nahezu an allen Wochenenden und immer häufiger auch unter der Woche anlässlich zahlreicher, auch nicht genehmigungspflichtiger Events mit Shuttle Bus Service, können wir erleben, wie sich „unzufriedene und frustrierte Feierlustige“ betrunken, lärmend, zerstörend und rücksichtslos in der Innenstadt ihr Recht nehmen. Die „wenigen Anwohner mit ihrem gefühlten Lärmempfinden“ müssen hinnehmen, dass ihre Nachtruhe gestört wird, dass ihre Hauswände angepinkelt und ihr Eigentum zerstört wird – und dies sollen sie bitte in dem Bewusstsein tun, dass  hier doch nur die „Bedürfnisse von jungen Menschen erfüllt werden“. Die Verwaltung versucht mit Sperrzeitverlängerungen den Auswüchsen des Nachtlebens entgegenzusteuern und den Anwohnern so zu ihrem Recht auf Nachtruhe zu verhelfen, ist jedoch restlos damit überfordert, zu überprüfen, ob diese Maßnahmen auch tatsächlich zu einer Verbesserung beitragen. Das alleinige Überprüfen der Einhaltung der Sperrzeiten durch die Polizei hat nämlich leider keinerlei positive Auswirkung auf den nächtlichen Lärm auf den Straßen und Plätzen. Und hierfür können auch nicht die Gastronomen verantwortlich gemacht werden.

Denn Fakt ist:  Ein großer Teil der „Nachtschwärmer“ kann sich nicht benehmen – denn könnte er es, wäre die Diskussion um die Lärmbelästigung und die Sperrzeit in diesem Maße niemals aufgetreten. Dies sollten sich die Initiatoren der Initiative „Sperrzeit abschaffen“ vor Augen halten. Und wenn es sich ihrer Meinung nach doch nur um einige wenige schwarze Schafe handelt, dann kann es doch nicht so schwer sein, diese in den eigenen Reihen ausfindig zu machen und zur Vernunft zu bringen. Das wäre in meinen Augen heutzutage eine größere Leistung, als über Facebook eine Initiative ins Leben zu rufen, der jeder junge Mensch ab 16 Jahren gerne ein unreflektiertes  „gefällt mir“  beisteuert.

Sollte dies nicht funktionieren, dann bleibt wohl nur noch eine entsprechende konsequente Überwachung der nächtlichen Straßen durch die öffentliche Hand – denn die Aktion „PartyNachtRuhe“ wird wohl kaum den gewünschten Erfolg erzielen, da sie ja an eine Vernunft appelliert, die offensichtlich nicht vorhanden ist.

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Demonstration: Bier bis vier oder Kultur braucht Zeit? / „Meine Nächte gehören mir“ – Studenten gründen Initiative gegen die Sperrstunde / SPD behauptet: “Das Unifest ist ein Opfer der CSU” – stimmt das?Starke Ode aufs Welterbe: “Bamberg ist die g… Stadt der Welt” / Sperrzeit: die Verkürzung und die Ausnahmen / Veranstaltungsflut in der Innenstadt Bambergs / “Bamberg ist kein Rummelplatz” – zur Lärmbelastung der Innenstadt / OB Starke: Danke an Stadtmarketing und “Bamberg ist kein Rummelplatz” / “Die Folgen der guten Regierung auf das städtische Leben” / (K)eine Diskussion über Stadtmarketing / Das Festival und die Geräusche / Event oder ein ganz normales Straßenfest?

3 Gedanken zu „Kritische Anmerkungen zu „Die Nacht gehört uns“

  1. Ich möchte bitten, bei diesem Thema etwas mehr zu differenzieren. Die Initiative „Sperrstunde abschaffen“ ist nicht die Initiative aller Studierenden. Sie ist eine Initiative der Liberalen Hochschulgruppe und hat mit der Mehrheit der Studierenden NICHTS zu tun!
    Zum Zweiten: Ich finde es eine Frechheit, zu behaupten, dass es ein „großer Teil“ der Nachtschwärmer sein muss, der sich nicht benehmen kann. Denn genau wegen solchen unnötigen Pauschalvorwürfen ist die Debatte überhaupt mittlerweile so hochgekocht und unsachlich.
    Liebe Frau Kundmüller, bitte sparen Sie sich in Zukunft solche unsachlichen Behauptungen. Es wirkt peinlich und uninformiert, wenn sie alles in einen Topf werfen und diesen Fehler gleichzeitig den von Ihnen Kritisierten vorwerfen.

  2. Frau Kundmüller,

    meine volle Zustimmung zu Ihren Ausführungen.

    Was maßen sich die Studenten an? Wer backt ihre Brötchen, war räumt ihren Müll weg, wer macht sauber, wer kocht in der Mensa und wer umlagefinanziert ihre Uni?

    Demo für´s saufen unter dem Deckmäntelchen der Kultur, gehts noch? Wenn das die heranwachsende Elite unseres Landes sein soll, dann Prost-Mahlzeit.

  3. Diesen Beitrag zur allmählich hysterisch werdenden Diskussion über Lärm und Nachtruhe in der Bamberger Innenstadt finde ich bedenkenswert. Ansonsten möchte ich etwas mehr Differenzierung anraten. Da werden die verschiedensten Themen vermengt, die sich allenfalls überlappen, aber mit Sicherheit nicht in einen Topf geworfen werden sollten: die Sperrstunden-Frage, die Förderung von Alternativ- und Soziokultur, die Eventisierung der Innenstadt…

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