Familiengelder aus dem Steuertopf für die Abgeordneten im Wahlkreis Bamberg-Forchheim

GAL-Postille
Beim Blick darauf, was bzw. wer sich da im Bamberger Stadtrat so alles tummelt, wird
dem politischen Beobachter immer schwindliger. Nach den massenhaften Fraktionswechseln, verbunden mit Weltanschauungsrotationen und Großhirnverlusten, warten zwei Stadträte nun mit neuen Storys auf.

Wobei sich der CSU-Fraktionsvorsitzende und Ex-MdL Dr. Helmut Müller nicht gerade als sehr individuell-einfallsreich erweist, teilt er seine Aktionsidee „Verwandtenbeschäftigung“ doch mit ca. 50 anderen CSU-Abgeordneten aus der aktuellen oder ehemaligen Amigo-Landtagsfraktion. Immerhin hat der Bamberger Family-Man das maximal Mögliche herausgeholt und die so genannte Altfall-Übergangsregelung so lange ausgenutzt, wie es nur irgend ging, nämlich bis zu seinem Ausscheiden aus dem Landtag im Jahr 2008. Es war ihm, ebenso wie seinen zahlreichen Amtskollegen, bzw. natürlich vor allem den vielen Ehefrauen, Schwestern und Brüdern, Gevattern und Schwippschwagern, selbstverständlich nicht zuzumuten, innerhalb von acht Jahren nach der Neuregelung eine Job-Alternative zu finden. Klar, bei dem Arbeitsmarkt heute und bei dem Lohn-Dumping! Da muss man es schon anerkennen, wenn Mandatsträger auf Staatskosten unqualifizierte Verwandte auf geringem Leistungsniveau in üppigen Lohn und fettes Brot bringen. Schade nur, dass die heimische Presse so gar nicht über die familienpolitischen Wohltaten des CSU-Fraktionschefs berichten will – wo’s doch eine so klangvolle Schlagzeile gäbe: „Müllersche Familienförderung – ernst gemeint und selbst gemacht“.

In Lohn und Brot bringen will auch das neue SPD-Stadtratsmitglied Klaus Stieringer (Ex-Bamberger Realist) gewisse Leute – und zwar solche, die bei der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung an einem Seminar mit dem Titel „Ich werde Bürgermeister“ teilnehmen. Bei dem zweitägigen Crashkurs in Sachen Ego-Marketing ist der gewichtigste (im Sinne von voluminöseste) Stadtrat nämlich einer von zwei Hauptreferenten. Kein Wunder, hat er doch in Bamberg bereits seine Kompetenz als Bürgermeistermacher im orangen Anorak unter Beweis gestellt. Nachdem Starke unter ihm zwei Mal zum Oberbürgermeister gewählt wurde, wird das Erfolgskonzept „Stieringer“ nun auch noch von der CSU als Erfolg versprechende Wahlkampfstrategie kopiert. Womit einmal mehr belegt wird, dass es weder bei den Sozis noch bei den Konservativen um Inhalte geht: Ego-Shooter im Manager-Style, so schauen offenbar die mehrheitsfähigen Polit-Macher (oder -Macker?) aus.

Die Hartnäckigkeit eines Hochleistungs-Blutegels, mit der sich Stieringer am starken OB-Allerwertesten festgesaugt hat, hat sich fraglos verdient gemacht, vor allem für ihn selbst: Sein Posten als Stadtmarketing-Manager ist auf praktisch ewig gesichert – in der Rathaus-Chefetage ist er zwar legitimations- und funktionslos, aber machtstark und omnipräsent  – mit der Innenstadt kann er eh machen, was er will – seit seinem Übertritt zur SPD kriegt er nun auch noch Quasi-Partei-Aufträge zugeschustert (Verwandtschaft liegt ja außer der mit der oberbürgermeisterlichen Seele keine vor) – und die Karriere am Maxplatz ist zweifellos in Planung.

Nachtrag der Redaktion

Gut, scheinbar war vieles rechtlich ok, bei der Gehälteraffaire im Bayerischen Landtag. Ob  auch legitim, ist eine andere Frage. Ist es Abzocke? In Zeiten, in denen sich die gelb/schwarzen Politiker schwer tun, einen Mindestlohn festzulegen, der das Überleben weit unterhalb des Niveaus der angestellten Familienmitglieder „ermöglicht“, ist das schon nicht mehr nur unklug. Groß ist außerdem das Gefeilsche, wenn es um eine Erhöhung der Hartz IV-Sätze geht, da wird um 5 Euro gestritten. 382 Euro als „Grundsicherung“ sind immer noch weniger als sich das minijobbende Abgeordnetenkind im Kinderzimmer als Taschengeld „erarbeiten“ kann.

Angeführt wird die Liste der fränkischen Repräsentanten, die Familienmitglieder ersten Grades beschäftigten und aus Steuergeldern zahlten von Dr. Müller. Dr. Müller spricht von „Abzocke„, wenn Raser bei einer kommunalen Kontrolle erwischt werden könnten.

  • Dr. Helmut Müller, CSU, Stimmkreis Bamberg-Stadt: Verwandter bis 2009

Neben Dr. Müller sind laut BR-Liste weitere Landtagsabgeordnete aus dem Raum Forchheim / Bamberg betroffen:

  • Eduard Nöth, CSU, Stimmkreis Forchheim. BR: Der Forchheimer CSU-Politiker Eduard Nöth will nicht mehr für den Landtag kandidieren … Der heute 63-jährige Landtagsabgeordnete hatte seine Frau und seine beiden Töchter als geringfügige Beschäftigte für sein Abgeordnetenbüro in Forchheim eingestellt. Dafür wurden ihnen jeweils zwischen 250 und 400 Euro gezahlt. In seiner Erklärung schreibt Nöth: „Ich bedauere heute aufrichtig mein mangelndes Feingefühl und möchte mich bei allen Bürgerinnen und Bürgern (…) entschuldigen.“
  • Heinrich Rudrof, CSU, Stimmkreis Bamberg-Land: Ehefrau (beschäftigt bis März 2013)
  • Susann Biedefeld, SPD, SPD-Betreuungsabgeordnete für Bamberg, Abgeordnete im Stimmkreis Coburg: Schwester

Die FDP sitzt erst zu kurz im Bayerischen Landtag, die Sonder-Regelung war für deren Abgeordnete nicht mehr anwendbar. Man hätte schon wissen wollen, was die Familie ihnen wert ist …

2 Gedanken zu „Familiengelder aus dem Steuertopf für die Abgeordneten im Wahlkreis Bamberg-Forchheim

  1. Ach nee, grün ist also fein raus?, die Farbe der Frische und der Hoffnung?

    • Mit so einem Nick, samt solcher Orthographie sollte man von Kommentaren eher Abstand nehmen.
      Zumal Sarkasmus nicht von jedermann als solcher auch zu erkennen ist.
      Hervorragender, wenn auch journalistischen Gepflogenheiten etwas ferner Artikel. Aber der größte Teil des Volkes guckt ja lieber in den neuen Fernseher, anstatt sich mit der Welt zu befassen.
      In diesem Sinne.
      Ahoi

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