Noch mehr als die Jugendherberge Wolfsschlucht steht der Ruf Bambergs auf dem Spiel

Redaktion

Jugendherberge Wolfsschlucht. Foto: Erich Weiß

Zwei Diskussionen die zusammenhängen, aber nur entfernt miteinander zu tun haben. Die Zukunft der Jugendherberge Wolfsschlucht in Bug und eine nötige Unterkunft für Asylbewerber in Bamberg.

Schon Ende 2011 bereitete die Regierung von Oberfranken die Bamberger Verwaltung darauf vor, dass Asylbewerber in Bamberg unterzubringen sind. Grundsätzlich sei vorausgeschickt, dass Bamberg die einzige Stadt in Oberfranken ist, die per Zwangszuweisung Asylbewerber aufnehmen muss. Bis dahin hat die Stadt es versäumt, ihrem humanitären Auftrag Folge zu leisten. Das muss man wissen, um die gegenwärtige Lage einschätzen und die Äußerungen einordnen zu können. Damals war das alte Gebäude der Post in der Memmelsdorfer Straße im Gespräch. Kurz nach Bekanntwerden sammelte der Bürgerverein Gartenstadt – und tut dies bis heute (!) – unter Federführung des CSU-Stadtrats Neller ca. 2000 Unterschriften gegen dieses Vorhaben (näheres hier).

Ende November 2012 wurde es konkret: Die Regierung von Oberfranken begann mit der angekündigten Zuweisung von Asylbewerbern, für die Unterbringungsplätze zur Verfügung stehen mussten. Nur die Jugendherberge Wolfsschlucht, als einzig mögliches Gebäude in städtischer Hand, konnte die Verwaltung zur Verfügung stellen. Wie intensiv die Suche bis dahin geführt wurde, versteckt sich hinter den Schleiern einer Verwaltung. Nunja, man hatte auch dringlichere Probleme: LGS mit Investorenbebauung, Schaeffler 2.0, Brose-Ansiedlung. Geplant war damals eine Unterbringung bis zum 30.6.2013. Der Einwurf von Bürgermeister Hipelius machte im letzten Dezember deutlich, dass man sich – mit dem Ausbau des Jugendhauses am Kaulberg – klammheimlich von der Wolfsschlucht verabschiedet hatte. Nach Einsprüchen aus dem Stadtrat, ein gut gehendes Geschäftsmodell „Jugendherberge“ abzuwickeln, einigte man sich, das Haus als Herberge bzw. Gästehaus. Dem Ansinnen, sich des sanierungsbedürftigen Hauses auf Umwegen zu entledigen, war nun allemal ein Riegel vorgeschoben.

Mittlerweile hat sich die Situation etwas entspannt

In der Ludwigstraße wurden die Gebäude Hausnummer 14 und 16 als Asylbewerberunterkünfte gefunden, die insgesamt 40 Personen Platz bieten, in der Breitenau stehen zukünftig weitere 60 Plätze eines privaten Investors zur Verfügung. Damit dürfte Bamberg erst mal genügend Raum  für die aktuellen Zuweisungen der Regierung von Oberfranken geschaffen haben.

Im Finanzsenat am Dienstag, den 16. April, wurden 750.000 € für die Modernisierung der Wolfsschlucht genehmigt. Vorerst muss festgestellt werden, welche Maßnahmen notwendig werden, um die Wolfsschlucht als Jugendherberge zu erhalten oder die Wolfsschlucht zu einem Schullandheim oder einem Jugendhotel umzubauen. Jedenfalls soll es auch für eine längere Zukunft als Haus für die Jugend erhalten bleiben. Dies beschloss der Stadtrat Bamberg grundsätzlich bereits Ende November 2012 einstimmig: Die Wolfsschlucht bleibt eine Herberge.

Dennoch gibt es zwei Argumentationsstränge im Bamberger Stadtrat

Die einen, die SPD- und die die GAL-Fraktion vertraten schon von Beginn an die Meinung, dass vorrangig aus humanitären Gründen Raum für Asylbewerber geschaffen werden muss. Von GAL-Seite wurde vor langem die Initiative „Freund statt fremd“ angestoßen und unterstützt. Der zweite Argumentationsstrang, der vornehmlich von der CSU und von Norbert Tscherner vom Bamberger Bürgerblock getragen, war die „Sorge“ um den Erhalt der Jugendherberge Wolfsschlucht. Obwohl nun der Stadtrat schon häufiger mehrheitlich die Zukunft der Wolfsschlucht beschlossen hatte, wird nach wie vor die Erhaltung der Wolfsschlucht als Jugendherberge in den Vordergrund gestellt. „Erst heute Früh bin ich wieder an der Wolfsschlucht vorbei gelaufen“ so Stadtrat Dr. Müller rührselig. Ergänzend meinte er, der gesamte Stadtrat hätte Tscherner eine Vorlage für das Bürgerbegehren gegeben. Norbert Tscherner begann tatsächlich am 10. Januar 2013 mit einer Unterschriftenaktion zu einem Bürgerbegehren zur Erhaltung der Wolfschlucht als Jugendherberge.

Welchen Einfluss hat die Berichterstattung?

Mittlerweile wird Bamberg in der Süddeutschen Zeitung in einer Reihe mit anderen bayerischen Orten genannt, in denen sich Widerstand gegen Asylbewerberunterkünfte formiert. Nicht überall ist dieser Widerstand alleine von bürgerlichen Parteien getragen. Aufgeschreckt von dieser überregionalen Stigmatisierung erkennt der Stadtrat den Ernst der Lage. Deshalb wurden wohl auch die 750.000 € einstimmig und schnell bewilligt. Die Berichte der OnlineZeitung versuchen Hintergrundinformationen darzulegen. Anders die des Printmediums: Wider besseren Wissens wird dort von einer „Umnutzung der Jugendherberge zum Asylbewerberheim“ gesprochen, der Platz für Asylbewerber in der Region ist knapp, die Flüchtlingswelle kommt in Bamberg an.

Nun hat man in Norbert Tscherner einen alleinigen Schuldigen gefunden. Dieter Weinsheimer: „Tscherner ist für negative Schlagzeilen verantwortlich.“ Ursula Sowa von der GAL: „Tscherner soll Bürgerbegehren zurückziehen, es gibt keine Notwendigkeit dafür.“ Metzner von der SPD: „Der Stadtrat war immer für den Erhalt der Wolfsschlucht – nur ein verwirrter fraktionsloser Stadtrat will ein Bürgerbegehren, das 60.000 € kostet.“ Peter Gack von der GAL: „Die 750.000 € und die 60.000 € für das Bürgerbegehren würden 810.000 € für die Jugendherberge Wolfschlucht ergeben.“ Peter Gack appelliert daher nochmals an Tscherner sein Ansinnen eines Bürgerbegehrens zurück zu ziehen, der Stadtrat hätte seine Forderungen doch schon längst beschlossen, das Bürgerbegehren wäre schlichtweg unsinnig.

Grundsätzliches Misstrauen gegenüber der Stadtspitze

In der Vollsitzung am vergangenen Mittwoch stand Norbert Tscherner auf und wies alle Schuld von sich. Im Gegenteil zu der von der CSU getragenen Unterschriftensammlung zu Beginn 2012 in der Gartenstadt habe seine Aktion keine Anti-Haltung gegen Asylbewerber intendiert, sondern den Erhalt des Hauses als Juhe. Er sehe sich nicht als Brandstifter, sondern als Bewahrer der Jugendherberge. Mit ungewöhnlich deutlichen Worten griff daraufhin Oberbürgermeister Starke in die Diskussion ein: „Norbert Tscherner kann keine Nachsicht erwarten … das Vorgehen von Tscherner ist scheinheilig … Er erkennt die Brisanz hinter seinen Taten nicht … er spielt ausländerfeindlichen Kreisen in die Hände.“ Wohl wissend, dass auch seine Verwaltung lange, viel zu lange mit Vorkehrung für eine Bereitstellung geeigneter Räume gewartet hatte. Nochmals verdeutlicht auch Stadtrat Kuntke, dass hier ein gefährliches Spiel mit der Ausländerfeindlichkeit getrieben wird, bei dem man ganz schnell die Kontrolle verlieren kann. Diesen Vorwurf der Brandstiftung weist aber Tscherner zurück und bezichtigt seinerseits vor allen Dingen die SPD-Mitte der Brandstiftung. – Die Fronten sind verhärtet und bleiben es wohl.

Nötig wäre aber vor allen Dingen gewesen, dass sich im Bamberger Stadtrat ein einstimmiges Votum für die Menschlichkeit gezeigt hätte. Die scheinheilige „Sorge“ um das vermeintliche Kleinod Wolfsschlucht hat zu diesem Spiel mit dem Feuer geführt – und der Stadt Bamberg geschadet.

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Die Wolfsschlucht bleibt eine Herberge / Die Zukunft der Wolfsschlucht

4 Gedanken zu „Noch mehr als die Jugendherberge Wolfsschlucht steht der Ruf Bambergs auf dem Spiel

  1. Verwunderlich ist schon, dass sich vor zwei Jahren, als die GAL eine Anfrage im Stadtrat zur Zukunft der Jugendherberge Wolfsschlucht, zu deren Sanierungsbedarf und Folgen für den Fortbestand gestellt hat, im Stadtrat niemand weiter – AUCH NICHT HERR TSCHERNER – dafür interessiert hat.
    Lieber Herr oder Frau Simba, die Frage ist nicht nur, ob Herr Tscherner auf den Trittbrettern ausländerfeindlicher Tendenzen fährt, sondern auch wie er sich ansonsten im Stadtrat konstruktiv bzw. unkonstruktiv einbringt und mit welchen Halbwahrheiten er in der Öffentlichkeit versucht Stimmung zu machen, während er gleichzeitig im Stadtrat den Beschlüssen zustimmt.

  2. DANKE schön an die Journalisten der Online-Zeitung, die dieses Thema – im Gegensatz zu anderen Medien – möglichst differenziert, genau und nachvollziehbar darstellen. Jetzt muss man nur noch lesen können. Der ANONYME Kommentar von „Simba“ spricht Bände. Wüste Beschimpfung all derer, die nicht die Meinung dieses obskuren (gelenkten?) Simba teilen, ohne dass diese Fakten auf den Tisch legen oder gar seinen richtigen Namen nennen würde. ANONYME Pseudokommentare zeugen von der Charakterschwäche des Verfassers und erinnern an solche, die anonyme Drohbriefe an politische Gegner senden. Das sagt alles.

  3. Der Tscherner tut mir wirklich leid. Ist das nicht ein infames Spiel von Oberbürgermeister, SPD, CSU und Grünen. Jetzt wird jemand zum Ausländerfeind gemacht, der nur die Jugendherberge erhalten wollte.
    Das sieht mir so aus, als wollte man schnell jemanden zum Ausländerfeind erklären, damit alle Welt auf den guckt. Und niemand mehr überlegt, wer die eigentlich problematischen Figuren in der städtischen Politik sind. An erster Stelle würde ich mal den Oberbürgermeister nennen, der aber noch nie Probleme gelöst hat, die er selbst geschaffen hat. Regelrecht widerwärtig sind die Äußerungen von dem Metzner, wie der OB ein wortgewandter Tatsachenverdreher. Und den Weinsheimer hätte ich für klüger gehalten, als er sich hier darstellt. Und die Grünen: ach gottele!

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