Kommentar Redaktion
Der Bahnausbau in Bamberg schlägt hohe Wellen. Die „Monster-Mauern“ haben empört und eine neue Sensibilität fürs Welterbe geweckt, die nicht nur Freunde des Denkmalschutzes lange herbei sehnten. Den Schutz des Welterbes hat sich nun auch die Stadtspitze zu eigen gemacht. Ob der Oberbürgermeister, seine Referenten, die Verwaltung und die Stadträte wissen, was sie tun? Dass nun eine neue Zeitrechnung angebrochen ist? Dass sich ab nun alle Entscheidungen, die die Verkehrssituation betreffen, die Stadtplanung, auch die Konversion und den Flughafen-Ausbau, umfassende Eingriffe in Gebäude und Ensembles am Welterbe und seinen Sichtachsen, also weit über das Stadtdenkmal und die Pufferzonen hinaus, am Schutz des Erbes messen lassen müssen? Dazu gehören auch die Natur- und Kulturlandschaften.
Bislang war man wenig zimperlich
So beim Gärtnerland in der Nordflur: Was haben die Gärtner und ihre politischen Vertreter vor kurzem noch zum Neubau der Kronacher Straße quer durch bestes Gärtnerland gesagt? Sie haben nicht mal protestiert, sondern waren letztlich einverstanden. Was haben sie zur Versenkung des Gärtnerlandes unter den riesigen Anlagen des Autogewerbes, u. a. zwischen Villachstraße und Berliner Ring, gesagt? Sie haben es meistbietend verhökert. Und jetzt macht man auf Aufstand gegen die Abzweigung nach Würzburg. Die bedauernswerte Nachverdichtung im Gärtnerland mit Toskanahäusern wurde jüngst ohne größere Diskussion durchgewunken.
Im Berggebiet: Die Gebäude und Bewohner schädigende Verkehrssituation wird durch zusätzliche verkehrsintensive Nutzungsverlagerungen verschärft. Zusätzliche Parkmöglichkeiten, wie das geplante Parkhaus bei St. Getreu, müssen nochmals unter die Lupe genommen werden. Jede angedachte Nutzungsänderung, auch die der JVA im Sand, will klug überlegt sein: Straßenraum freizuschaufeln zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität und Stärkung von Quartieren sind lobenswerte Ziele, doch nicht zum Preis von noch mehr Parkplätzen und zusätzlichem Verkehr. Quartiersgaragen zu fordern ohne im Vorfeld die Eignung des Baugrunds, die Finanzierung und die Auswirkungen auf die umliegenden Gebiete zu überlegen, sind schädliche Nebelkerzen, verschwenden Energien und lenken von bestehenden Problemen ab. Bestehende Parkmöglichkeiten, wie eigentlich am Aufseesberg vorhanden, müssen erwogen werden und mit klugen Betreibermodellen Hand in Hand gehen.
In der Inselstadt: Das Quartier an der Stadtmauer – eines der wichtigsten innerstädtischen Entwicklungsgebiete – und dessen zukünftige Gestaltung brauchen grundsätzliche Überlegungen, wohin die Stadt mit dem Welterbe will. Die Bereiche um die Promenade, den Schönleinsplatz und den Markusplatz gehören dazu. Die Gestaltung und Nutzung der stadtbildprägenden Plätze, wie Maxplatz und Gabelmann, sind hochsensible Bereiche, weil repräsentative Orte unserer Stadt. Sie alleine dem Kommerz und den Events vor die Füße zu werfen, ist kurzfristig gedacht, langfristig folgt die Unbewohnbarkeit der Obergeschosse. Ob die Stadt es wirklich ernst meint mit ihrer intensiven Zuneigung zum Welterbe kann sie demnächst unter Beweis stellen: die beiden Einzeldenkmäler bei der Weide, die Tabakscheune und die Mayer-Villa, sowie dem kleinen Grundstück dazwischen harren einer neuen Zukunft.
Das Welterbe spielt die entscheidende Rolle
Der Oberbürgermeister selbst ist bei den Verhandlungen mit der Bahn fürs Welterbe in die Presche gesprungen. Daran wird er sich zukünftig messen lassen müssen. Eine Neubesetzung der Stelle des Welterbezentrums wäre dringend angeraten – den Vertrag von Frau Dr. Laible sang- und klanglos nicht zu verlängern, schadet dem Ansehen einer Welterbestadt. Besonders im Jahr, in dem der 20-Jährige Geburtstag des Titelverleihs durch die UNESCO gefeiert wird. Eine Aufwertung der Stadtplanung sowie eine Sensibilisierung für die Belange des Organismus Stadt mit all den Einrichtungen zur Daseinsvorsorge – eine JVA muss wohl dazu gezählt werden – ist dringend nötig.