Verlorener Einsatz? Über das Schreiben und Rezitieren von Lyrik in der Lyrik selbst. Mit einer Empfehlung, Klaus Martens zu lesen.

Neues Gedicht

Wer liest es schon?
Am besten, du schickst es niemandem,
fragst keinen,
vermeidest spontanes Vorlesen
oder Rezitieren.
Dein Beruf sei ehrbar –
Bänker, Autohändler, Zahnarzt.
Aber Dichter, gar Lyriker?
Ach nein, geh mir doch!
Schon gehört?
Er schreibt Gedichte!
Und sie haben ja Recht –
Selbst die schmalen Papierstreifen
in chinesischen Glückskeksen
werden bezahlt,
sind inbegriffen
beim süß-sauren Huhn.
Jeder bekommt ein, zwei Zeilen
und darf lachen, prusten.
Doch wenn du vorliest,
aufsagst
(wisst ihr noch?),
hört der Spaß auf. Niemand
lacht, alle sind betreten –
zögernd: Haben Sie das selbst …
Wenn’s wenigstens von Schiller
gewesen wäre, eine Ballade,
na gut, oder diesen Knaller
über die Birne im Havelland,
aber irgendwie ist das alles peinlich.
Verkauft sich denn sowas?
Eigentlich nicht, aber darauf kommt es
nicht an, sagst du.
Dann ist Schluss.
Sie wenden sich anderem zu.

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