Informative BN-Fahrt in thüringischen Nationalpark Hainich
Die zahlreichen Besucher aus der Steigerwaldregion konnten die Aufschwungsstimmung bei der Fahrt des BUND Naturschutz (BN) in das neue UNESCO-Weltnaturerbegebiet „Nationalpark Hainich“ deutlich spüren: Kommunalpolitik, Tourismusbranche und Nationalpark präsentieren gemeinsam und stolz „ihren“ Nationalpark. Ausgezeichnet mit dem Weltnaturerbetitel wurden zuletzt 380.000 Besucher im Jahr verzeichnet. Der BN-Vorsitzende Weiger betonte, dies sei die optimale Förderung der vorher unbekannten Waldregion: „Wir gratulieren dem im Vergleich zu Bayern armen Bundesland Thüringen zu seiner richtungsweisenden Entscheidung für den Nationalpark. Von diesen Investitionen des Landes Thüringen und vom sanften Naturtourismus haben viele Menschen in der Hainichregion profitiert: mehr Einnahmen und Arbeitsplätze in Gastronomie, Tourismus, Hotelgewerbe, Einzelhandel und Handwerk.“ Der Nationalpark war die Initialzündung für die strukturschwache Region. Nach Nationalparkleiter Manfred Großmann sind auch Fördertöpfe mit den errungen Prädikatsauszeichnungen leichter erreichbar.
750 000 Euro Tourismusbudget gewonnen
In einem ausgebuchten Bus starteten viele interessierte Bürgerinnen und Bürger aus dem Steigerwald, um sich vom Thüringer Nationalpark Hainich ein Bild zu machen. Darunter waren auch Vertreter aus der Kommunalpolitik wie der stellvertretenden Landrat Robert Finster aus dem Landkreis Kitzingen, der sich vor Ort über die Chancen durch einen Nationalpark informieren ließ. Am „Craulaer Kreuz“ begrüßte der Vorsitzende der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft Hainich- Werratal, Bürgermeister Bernhard Bischof von Hörselberg-Hainich, die Wandergruppe. Er hatte gleich eine frohe Nachricht parat: die Region gewann 2012 den Wettbewerb um das Tourismusbudget des Landes Thüringen. Mit dem Preisgeld in Höhe von 750.000 Euro für das Erfolgs-Konzept „Hainichland – Aktiv in der Welterberegion“ sollen die zwei Welterbestätten Wartburg bei Eisenach und Nationalpark Hainich touristisch besser erschlossen und vermarktet werden.
Anfangs großer Widerstand gegen, jetzt breite Zustimmung für Nationalpark
„Am Anfang herrschte großer Widerstand gegen den Nationalpark“, berichtete Bürgermeister Bischof. Nachdem die Fläche auf öffentliche Wälder begrenzt war und sich anfängliche Befürchtungen nicht bestätigten, stieg die Akzeptanz deutlich. Bei einer Umfrage einige Jahre nach der Nationalpark-Ausweisung „befürworteten im Nachhinein über 90 % der angrenzenden Bevölkerung den Nationalpark. Eine Untersuchung ergab, dass 206 neue Arbeitsplätze durch den Nationalpark geschaffen wurden, das ist ein Wort in unserer Region“, freute sich Bischof über den großen Zuspruch und die zusätzlichen Arbeitsplätze in der Region. So bietet der 7.500 Hektar große Nationalpark heute immerhin 27 Rangern, zumeist vormalige Waldarbeiter, sichere und abwechslungsreiche Arbeitsplätze, weit mehr als bei der herkömmlichen Holznutzung.
Freies Betreten des Waldes erlaubt
Mächtige uralte Buchen waren im Weltnaturerbegebiet zu bestaunen, wie man sie in Deutschland nur noch selten zu Gesicht bekommt. Einigen Teilnehmern war der Anblick aus kleinen nutzungsfreien Schutzgebieten des Nordsteigerwaldes schon bekannt. Nationalparkleiter Manfred Großmann und Nationalparkförster Jens Wilhelm erklärten den Sinn des großflächigen Schutzgebietes. Hier soll natürliche Waldentwicklung statt finden, um seltene Waldarten zu schützen und der Forstwirtschaft wichtige Erkenntnisse zu liefern. „Zusätzlich dient der Nationalpark der Erholung und Umweltbildung, was für die Menschen vor Ort ebenso wichtig wie einträglich ist,“ betonte Großmann. „Das Prädikat Nationalpark wurde noch getoppt durch den Titel Weltnaturerbe.“ Die wenigen Einschränkungen werden deshalb toleriert. Jagd findet weiterhin statt, um Schäden durch Rotwild, Rehe oder Wildschweine auf angrenzenden Flächen zu verhindern. Das freie Betreten des Waldes auch abseits der Wege ist im Nationalpark erlaubt, die allermeisten Besucher bewegen sich jedoch auf den Wanderwegen.
Erstes Wildkatzendorf Deutschlands in Hütscheroda besucht
Im neu eröffneten Wildkatzendorf Hütscheroda konnten Besucher die scheuen Tiere im naturnahen Wildkatzen-Schaugehege bei der Futtersuche beobachten und das Informationszentrum „Wildkatzenscheune“ sowie die Aussichtsplattform „Hainichblick“ zum Kennenlernen der Wildkatzen nutzen. Als besonders anspruchsvolle und seltene Art ist die Wildkatze ein Symboltier für die notwendige Vernetzung von Lebensräumen und steht stellvertretend für viele bedrohte Tierund Pflanzenarten. Betreuer Jens Bawey erklärte, dass diese europäischen Ureinwohner keineswegs mit unserer Hauskatze verwand seien, sondern von der ägyptischen Falbkatze abstammen. Durch das seit 6 Jahren bestehende BUND-Projekt „Rettungsnetz für die Wildkatze“ sollen Wälder in ganz Deutschland miteinander durch Korridore vernetzt werden. „Wir machen das hier, damit auch künftige Generationen Wildkatzen hautnah erleben können und nicht nur aus Filmen erfahren, was es früher mal gab“, so Bawey.
Durch den Nationalpark bleiben junge Menschen in der Region
Bei einer Diskussionsrunde schilderte Manual Spieth, Inhaber des Hotels „Zum Herrenhaus“ seinen Werdegang. Mit einem Tagungshotel, 35 % Auslastung und fünf Mitarbeitern fing er damals an, heute sind es wegen des Nationalparks und Weltnaturerbetitels 18 Mitarbeiter, 60 % Auslastung und mittlerweile ist er auf Wandertourismus spezialisiert. Trotz des großen Gebäudes fehlen in der Saison „schon mal um die 15 Doppelzimmer und wir müssen Gästen absagen“. Seit fünf Jahren ist er, wie einige andere, zertifiziert als Hainichland-Gastgeber. „Wir wachsen nebeneinander, nehmen uns nichts weg und arbeiten mit der Nationalparkverwaltung gut zusammen. Die Gesch.ftsführerin des Hainichland-Tourismusverbandes, Anne- Katrin Dille, bestätigte, dass der Tourismus wächst. Die Hainichregion mit dem Weltnaturerbe Hainich und dem Weltkulturerbe Wartburg bei Eisenach verbindet intakte Natur mit reicher Kultur. Als neue Attraktion kann der 130 Kilometer langen Hainichlandweg in 5 – 7 Etappen erwandert werden. Viele Einheimische erwirtschaften durch den Nationalpark inzwischen einen Nebenverdienst, indem sie zum Beispiel Ferienwohnungen anbieten. Die Verbindung der Welterbestätten Wartburg und Nationalpark Hainich mit öffentlichen Verkehrsmitteln wird gerade ausgebaut. Hainichförsterin Claudia Wilhelm ist Gesch.ftsführerin von „Wildtierland-Hainich“ Gmbh, die das Wildkatzendorf Hütscherode trägt: „Für uns persönlich war es als junge Familie aus der Region wichtig, hier zu bleiben.“ Dies wurde möglich durch die Nationalparkausweisung und das Engagement des BUND Thüringen, der zusammen mit der Gemeinde Hörselberg-Hainich, der Verwaltungsgemeinschaft Mihla und der Gesellschaft zur Entwicklung des Nationalparks Hainich e.V. das Wildkatzendorf Hütscheroda aufbaute.
Festhalten am Nationalpark Steigerwald
Hubert Weiger freute sich über die positive Bewertung das Nationalparks Hainich durch die Kommunalpolitik und die Bevölkerung: „es bestärkt uns in unserem Engagement für den Nationalpark Steigerwald, dass dadurch nicht nur Ziele der Bundesregierung umgesetzt werden, sondern dass auch die Bevölkerung auf ihren Nationalpark Stolz sein kann. „In Westdeutschland gab es keine Nationalpark- Ausweisung ohne anfängliche, massive Widerstände in der Region. Sobald der Nationalpark aber da ist, zeigen sich nach und nach die positiven Effekte und die früheren Befürchtungen erweisen sich als unbegründet.“ In Hessen dauerte die Diskussion pro oder contra Nationalpark Kellerwald-Edersee immerhin 18 Jahre. Fünf Jahre nach der Ausweisung lobte dann der ehemalige Nationalpark-Gegner und hessische CDU-Landwirtschaftsminister Wilhelm Dietzel den Nationalpark: „Der Nationalpark ist zum Erfolgsmodell und Besuchermagnet für die Region geworden“. Großmann zitierte dazu die Worte des Alt-Ministerpräsidenten Bernhard Vogel (CDU) aus dem Jahr 2010: „Das Wagnis hat sich gelohnt! Ein Hoch auf den Hainich und auf den Nationalpark“. Weiger bekräftigte deshalb: „Wir setzen darauf, dass auch bei der bayerischen Staatsregierung ein ähnlicher Umdenkprozess in Gang kommt, in den die Bevölkerung und die Verbände intensiv eingebunden werden und an dessen Ende der erste fränkische Nationalpark stehen wird. Wir jedenfalls halten als Verband am Nationalpark Steigerwald fest, weil wir davon überzeugt sind, dass dies für Mensch und Natur im Steigerwald und weit darüber hinaus die beste Lösung ist.“