Verkehr macht Denkmäler kaputt – die Bahn setzt den Weltkulturerbetitel aufs Spiel – die Stadt auch

Kommentar

Seit der 3-D-Animation der bis zu 7 Meter hohen Mauern, die als Schallschutz zum 4-gleisigen Bahnausbau errichtet werden sollen, ist das Entsetzen bis in allerhöchste politische Ebenen angekommen. Zum Schutz des Welterbes und des Titels werde man ALLES erdenklich Mögliche tun: Rücksicht nehmen, innovative Techniken, Gesetzesänderungen, runde Tische.

Man muss eigentlich nicht auf rigorose Planungen von der Deutschen Bahn warten um aufzuwachen. Man könnte so viel tun. Man könnte bereits bei kleinen, wirklich klitzekleinen Maßnahmen beginnen. Man könnte zum Beispiel langsamer – oder gar nicht – über den Domplatz fahren. Denn auch im dortigen Historischen Museum wackeln die Preziosen der Stadtgeschichte in den Regalen. Die Erschütterungen sind ein akutes Problem in mittelalterlichen Straßen. Manche Stuckdecke und manches barocke Architekturteil an einer Fassade verlor die Haltung, nicht weil es handwerklich minderwertig angebracht war, sondern weil Jahrzehnte lange Erschütterung Wirkung zeigte. Hinzu kommen Abgase, die Kunstwerke zerfressen und die Lungen der Menschen belasten.

Das Thema hatten wir schon. Mehrfach haben wir berichtet: Touristenbusse versus Denkmäler jüdischer Kultur und Verkehr macht Denkmäler kaputt und Sind die Bamberger Straßen der Innenstadt für Lastverkehr ausgelegt?

Die Aufregung um die gnadenlose Planung der DB ist immens. Der Verkehr wird zum Problem. Mit einem Schlag wurde bewusst, wie zerbrechlich selbst das Weltkulturerbe ist. Doch die abwartende Politik der Mehrheit des Bamberger Stadtrats in Sachen städtischer Verkehrspolitik ist keinen Deut besser: Sie ignoriert solche Probleme – sie schiebt sie auf die lange Bank.

Dass tagtäglich mit dem Verkehr, den großen LKWs, den zahlreichen Bussen, dem Lieferverkehr, den Staus durch den MIV die Auswirkungen ähnlich sein werden, nur über mehrere Jahrzehnte verteilt, ist noch nicht angekommen. Es ist auch zu befürchten, dass ein Umdenken in Bamberg noch laaaaange dauern wird.

Geschwindigkeitskontrollen könnten ein erster Schritt sein. Verkehr verhindern muss zusätzlich erfolgen. Denn der schleichende Verfall an der Substanz hat längst begonnen. Gerade die Lange Straße oder die Königstraße mit viel Autoverkehr zeichnen sich immer wieder durch Leerstand von Ladenflächen und häufigen Mieterwechsel aus. Das sind Tatsachen. Das sind keine Beispiele, die als wünschenswert überzeugend dargestellt werden können.

Wo Menschen gut leben können, läuft’s

Vielleicht sollten wir uns in Bamberg an erfolgreichen Modellen anderer Städte orientieren, die mit der Verbannung des Verkehrs aus den Innenstädten lebenswerte und zukunfts-trächtige Räume geschaffen haben. Vielleicht sollten wir uns auch einfach nur an die Diskussionen in den 70er Jahren erinnern, die bei der Einführung der Fußgängerzonen in fast jeder Stadt ähnlich abliefen. Heute möchte sich keine Stadt mehr ohne verkehrs-beruhigte Bereiche, ohne Fußgängerzonen vorstellen. Die Erreichbarkeit ist gewährleistet, die Belieferung der Geschäfte funktioniert, immer mehr Menschen ziehen zurück in die Herzen der Städte.

Notwendig ist, den Fokus des Handelns auf menschengerechten Ausbau der Zivilisation zu richten. Der Handel funktioniert dann von allein. Wo Menschen gut leben können, läuft’s.

4 Gedanken zu „Verkehr macht Denkmäler kaputt – die Bahn setzt den Weltkulturerbetitel aufs Spiel – die Stadt auch

  1. Vielleicht sollten die Stadtwerke auch über die Anschaffung kleinerer Busse nachdenken? Zahlreiche Fahrten finden halbleer statt. Kleinere Busse sind leichter, erzeugen nicht solche Schwingungen und Erschütterungen, sind in den engen Gassen eleganter fahrbar, schubsen Fußgänger und Radfahrer nicht auf die Seite – noch was?

    • Noch was:
      Kleinere Busse verbrauchen auch weniger Energie wegen des geringeren Gewichts. Hatten Stadt und Landkreis nicht ehrgeizige Klimaziele?
      Auf den Spätlinien oder zu Schulzeiten dürften auf den Stadteinwärts- und – auswärtslinien (z.B. 902, 935) hingegen ruhig etwas größere Gelenkbusse häufiger zum Einsatz kommen…

      • Mir fällt auch noch was ein: Die Stadtbusfahrer wären entspannter…

  2. Mittelfristig sollte für die Linie über den Domplatz auch über Elektrobusse nachgedacht werden, um die schädlichen Abgase zu vermeiden. Bei steigenden Ölpreisen ist dies ohnehin eine überlegenswerte Alternative.

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