Modernes Bauen in alter Stadt

Hans-Peter Ecker

Dass Bamberg eine wundervolle historische Bausubstanz besitzt und zumeist auch pflegt (das sage ich jetzt mal so arglos dahin, wohl wissend was dieser Stadt durch City-Center und Bahntrasse in naher Zukunft droht!), ist mir eine tägliche Freude. Dessen ungeachtet müssen auch in Bamberg permanent neue Gebäude errichtet werden. Seit Jahren habe ich den – sicher subjektiven und anfechtbaren, gleichwohl aber für mich evidenten – Eindruck, dass unser zeitgenössisches Bauen vermutlich einigermaßen funktional und technisch (Brücken? Konzerthallen-Dach? Heizung im neuen großen Uni-Hörsaal?), auf keinen Fall aber ästhetisch mit den Projekten unserer Vorfahren Schritt hält.

Das liegt vielleicht daran, dass wir a) zu knausrig, b) zu wenig weltoffen und c) zu feige sind. (Die Punkte d-z lasse ich aus, sonst würde der Artikel zu lang.) Das Aussehen unserer privaten und öffentlichen Bauten scheint uns ziemlich egal, speziell wenn Aufhübschungen kosten. Dass wir dann hinterher regelmäßig draufzahlen, weil bei Planung und Auftragsvergabe ,Schnäppchen’-Mentalität regiert, haben wir noch nicht wirklich verinnerlicht. Soviel zu (a).

Dann kupfern wir zu wenig bei anderen ab, punktum! Mit „anderen“ meine ich jetzt nicht die Pödeldorfer. Mehr muss zu (b) eigentlich nicht gesagt werden.

Und schließlich (c) trauen wir uns nicht, richtig „modern“, wirklich „wild“ zu bauen. Für mein Gefühl ist es nämlich paradoxer Weise so, dass sich historische Gebäude prima mit qualitativ hochwertiger, moderner Glas-Architektur vertragen, worin sie sich spiegeln können, und auch mit avantgardistischen ,Solitären’. Aber nicht mit Billig-Baustoffen und stillosem Brei, jetzt einmal metaphorisch gesprochen. Mit Nulldesign von der Stange, vom Fließband. Meine These (die selbstverständlich zu diskutieren ist): Qualität geht gut mit Qualität, beißt sich aber mit Mittelmaß und Schrott.

Rizzi Haus. Foto: Viola Ecker

Nach dem Gesagten befürchten Sie zu Recht Schlimmes! Mir hat bei einem Besuch kürzlich in Braunschweig das dortige „Happy RIZZI House“ ausnehmend gut gefallen. Der aus neun verbundenen Häusern gebildete Baukomplex, der heute als Bürogebäude genutzt wird, ist zwischen einer sogenannten „Traditionsinsel“ der im Krieg schwer zerbombten Stadt und dem jüngst rekonstruierten Stadtschloss, hinter dessen Fassade ein riesiges hochmodernes Einkaufszentrum lauert, platziert. Die städtebauliche Situation ist extrem schwierig, zumal zwischen Einkaufsschloss und Rizzi-Haus noch eine gewaltige Verkehrsader pulsiert. Dennoch, mein Bauch sagte mir: „bassd scho!“ Etwas in dieser Art hätte ich auch gern in Bamberg, natürlich nicht im innersten Bereich des Weltkulturerbes, aber irgendwo in einem Subzentrum im Osten oder im Babenberger Viertel. Eine kreative Arena würde mir gefallen, ein Brose-Verwaltungsgebäude, ein Hotel mit Pfiff etc. etc. Irgendwas, wo mal in hundert Jahren Stadtführer die Touris hinführen können, um zu sagen: Das haben wir von dem Zeug, was um 2000 herum so gebaut wurde, stehen lassen.

Rizzi Haus. Foto: Viola Ecker

5 Gedanken zu „Modernes Bauen in alter Stadt

  1. Ich hatte auch diese Idee (die ich in meinem Beitrag nicht konkretisieren wollte, um keine ,schlafenden Hunde‘ zu wecken); nicht zuletzt deshalb hatte ich mich dagegen ausgesprochen, ,wilde Bauten‘ mitten ins Kulturerbe-Bamberg hineinzusetzen – nicht weil ich der (Post-)Moderne nur halbherzig folgen wollte oder gar der Ansicht wäre, dass alte und supermoderne Baukörper grundsätzlich nicht nebeneinander bestehen könnten bzw. dürften. Dessen ungeachtet würde ich meinerseits für nichts plädieren, was den Kulturerbe-Status Bambergs in Frage stellt; zumal dieser Status in naher Zukunft vielleicht noch ganz dringlich beim Bahnprojekt ins Feld zu führen sein wird.
    Um jegliches Missverständnis auszuschließen: Beim „Quartier“ bin ich unbedingt für den Erhalt sowohl der strukturellen Kleinteiligkeit als auch der historischen Bausubstanz.

  2. Modernes Bauen in unserer alten Stadt gibt es, leider sind die positiven Beispiele von sehr kleiner Anzahl. Die Braunschweiger Häuser sind sicherlich racht witzig und weit besser als Klötze wie das Atrium oder das geplante Quartier an der Stadtmauer.
    Allerdings fürchte ich, die Sparkasse könnte nun auf Ideen kommen und nun etwas Schöneres als die geplanten grauen Klötze nehmen und trotzdem historische Bausubstanz zerstören, das möchte ich auf keinen Fall!

  3. Wenn man in einem interaktiven Medium einen Beitrag veröffentlicht, freut man sich prinzipiell über jede Reaktion, egal ob zustimmend oder ablehnend, signalisiert sie doch Interesse am Thema. Deshalb auch zunächst einmal: Danke!
    Nun tendiere ich ganz generell nicht dazu, jeden Einwand auf eine von mir öffentlich artikulierte Position sofort zu erwidern, Gegenargumente anzugreifen, einmal bezogene ,Schützengräben’ zu befestigen. Wichtiger ist es mir in solchen Situationen, Raum zu lassen für dritte, vierte und fünfte Meinungen, d.h. eine erwünschte Verbreiterung des Diskurses nicht durch intensives Dialog-Verhalten zu behindern. Dass ich mich nach einer Weile dann wieder ins Gespräch einschalte, diesen und jenen Aspekt aufgreife, Veränderung meiner Ausgangsposition signalisiere oder zusätzliche Argumente einbringe, ist nicht unwahrscheinlich. Also: wenn ich mich hier jetzt nicht sofort energisch ,zur Wehr setze’ ist nicht als Ignoranz gegenüber dem Kommentar zu verstehen, sondern im Sinne der beschriebenen Haltung.
    Einige Aspekte möchte ich dennoch präzisieren, um Missverständnissen vorzubeugen:
    a) Zum einen habe ich nie unterstellen wollen, dass ,Modernes Bauen in einer alten Stadt’ für Bamberg ein neues Thema sei – im Gegenteil; meinen Artikel habe ich von Anfang an als kleinen Beitrag zu einem weiten etablierten Feld verstanden.
    b) Ich habe etwas in Braunschweig gesehen, was mir gefallen hat; ich habe es fotografiert und bringe es über die BOZ in den Bamberger Diskurs ein – nicht mehr, nicht weniger.
    c) Ich bin kein Experte für Stadtarchitektur, weder für alte noch für neue, sondern nur ein am Erscheinungsbild meiner Stadt interessierter Bürger. Deshalb trete ich auch nicht ständig auf den Plan, wenn irgendwo irgend etwas zur Entscheidung ansteht. Sie haben das Beispiel ,untere Mühlen’ erwähnt. Wenn Sie fragen, wo ich damals war – hm? Ich weiß es nicht mehr, zumal ich gar nicht mehr sagen könnte, wann genau diese Geschichte in Bamberg diskutiert wurde. Vermutlich war ich bei meiner Arbeit und fühlte mich ziemlich ausgelastet, vielleicht auch – ebenfalls ausgelastet! – auf Besuch bei meinem hoch betagten Vater, oder im Urlaub – fern von den Mühlen? Ich weiß es wirklich nicht. Die Diskussion habe ich passiv mitverfolgt, aber sicher nicht in den Details, zumal ich mich für jene Sache weder entscheidungsmächtig noch entscheidungskompetent fühlte.
    d) Moderne Bauten sollten m.E. schon gesehen werden, es liegt mir fern, sie in Randzonen der Stadt verstecken zu wollen. Das ist beim Braunschweiger Rizzi-Haus übrigens auch der Fall – man sieht es durchaus. Wenn ich für die Platzierung eines ,wilden’ Baus nicht im Zentralbereich des Weltkulturerbes plädiert habe, dann nicht, um ihn schamhaft zu verbergen, sondern um suburbane Räume aufzuwerten, natürlich auch, um den Weltkulturerbe-Status der Stadt nicht zu gefährden.
    Damit aber genug, ansonsten mache ich ja genau das Gegenteil von dem, was ich eigentlich vorhatte.

    • Ich verstehe Ihren interaktiven, kommunikativen Ansatz nicht. Sie wollen Raum lassen und dadurch den Diskurs verbreitern?, nicht durch intensiven Dialog, der nur behindert? Wie dann? Sie wollen nur einen kleinen Beitrag leisten? Wen wollen Sie dann auf diese Art einbinden? Sie bekommen Meinungen doch, wenn Sie engagiert eintreten, polarisieren, pointieren, oder? Die auffällig geringe BOZ- Blogbeteiligung (hoffentlich nur bislang) beweist eben exakt das nicht.
      Auch geht es nicht darum, ob Sie beim Untere- Mühlen-Wettbewerb entscheidungsmächtig oder entscheidungskompetent waren. Es geht darum, ob Sie erstmal einfach nur eine eigene Meinung hatten und diese irgendwo/-wie äußerten. Sie haben heute eine Meinung, sonst hätten Sie sich nicht auf das „wilde Haus“ eingelassen.
      Ich bleibe natürlich dabei, ich verstehe Ihre Gefährdungsängste des Weltkulturerbes durch gelungene moderne Architektur überhaupt nicht. Darum geht es immer noch und ganz genau, um gute Architektur, mitten drin! Das ist in der Tat nicht einfach. Die Unteren Mühlen sind (waren?) eine sehr gute Chance (sic). Es gäb ja noch viel zu sagen zu d)-z), leider entziehen Sie sich eher unelegant jeglicher weiteren Diskussion. Exakt das aber wollen wir doch, alle, Sie doch auch, oder etwa doch nicht?

  4. Zuerst ganz grundsätzlich: das Thema „Neues Bauen in der alten Stadt“ brennt uns vielen nicht nur unter den Nägeln, nicht erst seit der kürzlichen diskutablen Vortragsreihe. Klar ist auch: jede Eule nach Athen ist eine gute Eule. Aber, und zum einen: über den bisherigen denkmalpflegerischen Umgang mit der qualitätvollen Bamberger Bausubstanz lässt sich schon sofort gar trefflichst streiten, und es wurde ja auch schon, da geht’s schon los. „Schönheit“ allein reicht nicht, wenn Pflege amtlich stur und pflichtgemäß verordnet wird, aber auch musste. Welche Hindernisse sind weiterhin nachhaltig in den Köpfen, bis oben hin!, zu überwinden, um gemeinsam zu Qualität zu kommen? Wieviele falsche denkmalpflegerische Entscheidungen, amtlicherseits, gingen bereits die Regnitz runter, nur richtig hats keiner gemerkt. Zum Glück gehen mittlerweile die Fördergelder aus, um noch weiterhin denkmalpflegerische Verdikte und nachhaltige Fehler ertragen zu müssen. Sie verstehen hoffentlich richtig. Es geht nicht um den Erhalt an sich, sondern um das „wie“. Und da lag vieles vieles im Argen. Der schöne Schein in Bamberg trügt gewaltig über signifikante denkmalpflegerische Defizite hinweg. Hollywood allenthalben, die Touris dankens ja herzlich. Mutige namhafte und strengst konservatorisch denkende Bestandsarchitekten helfen Ihnen dabei auch gern auf die Sprünge. Diese durften in Bamberg lange nicht immer ran. Zum andern (leider hier nur u.a.): einerseits bemängeln Sie die hiesige ästhetische Qualität zeitgenössischen Bauens im Bestand, andererseits loben Sie sich in modernen Glasfassaden spiegelnde historische Architektur. Wir haben übrigens auch in Bamberg bereits mehrfach interessante und nennenswert qualitätvolle Beispiele dafür: TB4, neues Unigebäude… Und noch was: Sie hätten gern etwas nach Braunschweiger Art in Bamberg?, aber leider „natürlich nicht im innersten Bereich des Weltkulturerbes, aber irgendwo im Subzentrum im Osten oder im Babenberger Viertel“? Wo es also niemand sehen soll? Aber genau darum geht’s hier doch! Wie in Braunschweig! Sie möchten „Ein Hotel mit Pfiff“? Wer wollte 2006 rein nichts vom Siegentwurf für die Unteren Mühlen wissen? Wo waren auch Sie, als sich Volkes Stimme 2006 gegen den Hotelentwurf auf den Unteren Mühlen aufschwang?, ergo auch die vorm Wahlvolk erzitterrenden Stadträte incl. Baudezernent? Und: wo war überhaupt Bambergs sagenumwobener Gestaltunsgbeirat? Hier muss Tacheles her. Fazit: wir sind also zusammen guter Hoffnung, dass es mit qualitätvollem neuen Bauen, aber auch genau mitten in Bambergs Welterbe!, umso mehr weitergehen muss.

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