Ebracher Fachtagung Naturerbe Buchenwälder

Bund Naturschutz fordert: Bayerns Wälder besser schützen!

Dr. Ralf Straußberger, BN-Waldreferent

Um die Artenvielfalt ging es dieses Jahr bei der gut besuchten Tagung des BUND Naturschutz Bayern (BN) „Naturerbe Buchenwälder – Schatzkisten der Artenvielfalt“ in Ebrach im Steigerwald. Als wahre Schatzkisten für die Artenvielfalt entpuppten sich dabei unbewirtschaftete Laubwälder in Schutzgebieten, weil sie dort richtig alt werden dürfen. Naturnahe Waldbewirtschaftung ist unerlässlich, um in der Fläche den Rohstoff Holz zu nutzen und viele weitere Leistungen erbringen zu können. Aber sie reicht eben nicht aus, wenn es darum geht vollständige Waldökosystem zu schützen, weil sie immer mit Eingriffen wie Holznutzung, Bodenverdichtung auf Waldwegen, etc. verbunden ist. Hubert Weiger, Vorsitzender des BN, appelliert deshalb an die Staatsregierung, „sich ihrer Verantwortung bewusst zu werden und den fortschreitenden Artenverlust in Bayern durch die Ausweisung ungenutzter größerer Waldflächen zu stoppen. Unser Waldnaturerbe darf nicht auf‘s Spiel gesetzt werden, nur weil der Staatswald kurzfristige Gewinne aus dem Holzverkauf erzielen soll.“ Der BN setzt sich dafür ein, einen Teil der ökologisch wertvollsten Waldflächen Deutschlands, die Staatswälder im Nordsteigerwald, unter Schutz zu stellen und als Nationalpark auszuweisen.

In seinem Grußwort brachte es Bambergs Landrat Dr. Günther Denzler auf den Punkt: es komme nicht darauf an „wie, sondern dass die Buchenwälder geschützt werden.“ Der Landkreis unterstützt deshalb den Antrag der Gemeinde Ebrach auf größere Waldschutzgebiete zum Erreichen eines Weltnaturerbe-Ranges, der gerade bei der Regierung von Oberfranken bearbeitet wird.

Ebrachs Bürgermeister Max-Dieter Schneider freute sich über den neuen Schub, den das jährliche Seminar wieder in Richtung Nationalpark gibt. „Wir sind neidisch auf die anderen Bundesländer, die den Titel „Weltnaturerbe“ erhalten haben. Diesen Titel wollen wir auch.“

Ludwig Sothmann sprach sich nicht nur als langjähriger Vorsitzender des Landesbundes für Vogelschutz in Bayern (LBV), sondern auch als Apotheker für einen konsequenten Schutz der Schatzkiste Buchenwälder aus. Mit dem konsequenten Schutz der Laubwälder wird eine Artenvielfalt gesichert, die auch immense finanzielle Vorteile bringen kann. Denn es gibt eine lange Liste hochpotenter Arzneimittel aus Pflanzen- und Pilzarten. Doch nicht einmal 20 % der Arten sind auf pharmazeutische Wirkstoffe untersucht, wobei viele Arten auf große ungenutzte Wälder angewiesen sind. „Ein Trittsteinkonzept aus kleinen unbewirtschafteten Flächen ist keine Alternative, sondern allenfalls eine Ergänzung zu großflächigen ungenutzten Gebieten.“

Prof. Hubert Weiger, Vorsitzender von BUND und BN, zeigte, wie verschwindend gering der Anteil alter Wälder in Bayern ist und dementsprechend groß die Gefährdung von Arten, die in diesen Wäldern leben. Der Forstbetrieb Ebrach zählt insgesamt sicher zu den Vorzeigeforstbetrieben, aber auch hier, wie im übrigen Staatsforst, gibt es Personalabbau, übergroße Forstreviere, enge zeitliche Verpflichtungen, „Just-in-time-Lieferungen“, usw. mit entsprechenden Auswirkungen im Wald. Weiger beleuchtete in seinem Vortrag die Auswirkungen der Forstwirtschaft auf Wälder und die Unterschiede zu nutzungsfreien Wäldern. „Wir fordern, dass die Bayerische Staatsregierung unter Ministerpräsident Horst Seehofer 10 % des Staatswaldes für eine natürliche Waldentwicklung bereitstellt, so wie es die Bundesregierung mit dem Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer in der Nationalen Biodiversitätsstrategie im Jahr 2007 beschlossen hat“, so Hubert Weiger.

Das Bundesamt für Naturschutz unterstützt jegliche Initiative zur Ausweisung von Nationalparks in Deutschland, versicherte Andreas Krug, Abteilungsleiter beim BfN. In der Nationalen Strategie zum Erhalt der Biologischen Vielfalt sind 5 % nutzungsfreie Waldfläche in Deutschland angestrebt, die momentane Schätzung liegt bei 2 %. Genauere Zahlen dazu wird ein bundesweites Projekt Mitte 2013 ans Tageslicht bringen. Der Rücklauf der angeforderten Daten aus den Bundesländern ist unterschiedlich, aber Bayern ist das einzige Flächen-Bundesland, das eine Datenlieferung gänzlich ablehnt. „Das Signal, das Bayern damit setzt, ist fatal“.

Christoph Heinrich, Geschäftsleiter Naturschutz des World Wild Life Fund (WWF) Deutschland, zog weltweite Bilanz. „Wir müssen der Natur einen Wert geben, nicht nur einen Preis“. Der WWF ist u.a. in Georgien aktiv, das fast so groß ist wie Bayern und acht Nationalparke besitzt, Bayern nur zwei. In Georgien gibt es insgesamt ca. 500.000 Hektar strenge Schutzgebiete, in Bayern nur einen Bruchteil davon. Dass Deutschland nur insgesamt 2 % seiner gesamten Landfläche unter strengen Schutz stellen will, „darf man international gar nicht sagen, man macht sich lächerlich damit.“

Der Biologe Dr. Georg Möller entführte in die vielfältige Welt der holzbewohnenden Käfer, deren Larven willkommene Nahrung für Spechte und andere Tiere sind. Möller fand bei seinen Untersuchungen heraus, dass es selbst in FFH-Gebieten zu wenig Totholz gibt, um die Artenvielfalt dauerhaft zu erhalten.

Über das harte Leben der Spechte in der Vertikalen berichtete Prof. Dr. Volker Zahner, Dekan der Fakultät Wald und Forstwirtschaft an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Der Schnabel trifft mit 25 km/h, der Geschwindigkeit eines Mofas, auf das Holz, was eine besondere Bauweise des Schädels erfordert. Für die Nahrungssuche sind alte Bäume sehr wichtig und die meisten Spechtarten, wie Klein- und Mittelspecht bauen nur in morschem Holz ihre Höhlen. Schwarzspechte erkennen sogar kernfaule Bäume. Spechthöhlen sind hoch begehrte Wohnräume für unzählige Nachmieter: „Spechte sind die perfekten Botschafter alter Wälder“.

Heike Begehold vom Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg stellte bei Untersuchungen von Wirtschafts- und Naturwäldern in den Tiefland-Buchenwäldern fest, dass es Jahrzehnte dauert, bis sich ein Wirtschaftswald wieder in Richtung Naturwald mit all seinen spannenden Strukturen entwickelt. Sie berichtete, dass Wirtschaftswälder zwar oft artenreicher sind. Dabei handelt es sich jedoch nicht um typische Waldarten, sondern um Offenland-Arten oder um standortfremde Arten, die durch Schotter und Maschinenreifen eingebracht werden. Betrachtet man nur die typischen Waldarten, liegt der Naturwald im Vergleich deutlich vorn. Entscheidend ist deshalb nicht die absolute Artenzahl, sondern die Zahl der charakteristischen bzw. typischen Arten.

Der Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Mykologie, Peter Keth, enthüllte Geheimnisse aus der Welt der Pilze. So bilden Mykorrhizapilze ein Geflecht aus Pilzfäden um die Feinwurzeln der Bäume. Sie verbessern die Nährstoff- und Wasseraufnahme der Bäume gewaltig, der Baum wächst wesentlich besser. Die Pilze erhalten im Gegenzug dafür Zucker. Über das Pilz-Netz stehen beschattete kleine Buchen oder Weißtannen mit Altbäumen in Kontakt und werden von diesen mit Kohlenhydraten versorgt. Je naturnäher und älter ein Waldbestand ist, desto höher ist die Artenzahl der Mykorrhizapilze. Geschädigt werden sie durch Änderung des ph-Wertes im Boden, durch Schwermetalleintrag oder Bodenverdichtung. Zahlreiche andere Pilze leben von alten Bäumen oder ernähren sich von Totholz.

Richard Mergner, Landesbeauftragter des BN zog das Fazit: „Ungenutzte größere Waldflächen sind Voraussetzung für den umfassenden Erhalt der Biologischen Vielfalt.“ Sie sollten nicht aus dem Konzept zum Umgang mit Wäldern ausgegliedert, sondern einbezogen werden, fordert Mergner. „Wir wissen Vieles überhaupt noch nicht und brauchen diese Flächen auch dringend zum Forschen und Staunen.“

Ein Gedanke zu „Ebracher Fachtagung Naturerbe Buchenwälder

  1. Also, wenn Bäume in Schutzgebieten so richtig alt werden dürfen sollen, dann muss das Schutzgebiet aber auch vor Funk geschützt sein!
    Warum sagte das keiner der vielen Teilnehmer? Schon lange ist bekannt, dass Bäume Funk nicht vertragen. In der 5. Auflage von „Baumkunde und Baumpflege“ von Aloys Bernatzky ist zu lesen: „Die elektrische Leifähigkeit der Gewebe wird verändert, die Wasserleitbahnen verengt, die Zellwände blockiert, ihre Durchlässigkeit gemindert. Die Mikrowellen beeinflussen die chemischen Reaktionen und stören den Informationsaustausch der einzelnen Körperzellen. Die für die Wachstumssteuerung notwendige Hormonproduktion wird gehemmt – alles in allem: die physiologischen Prozesse werden im Baum durcheinandergebracht, sie werden dekodiert“ Diese Feststellungen stammen übrigens aus der Zeit VOR dem Mobilfunkfieber. Es gab damals „nur“ Radio- und Fernsehsender, Richtfunk und Radar – und „UKW-Schneisen“ in Wäldern sowie geschädigte Bäume, die sich nach Abschirmung wieder erholten.

    Wie es in Städten mittlerweile aussieht, zeigt das Bamberger Beispiel: https://www.bamberger-onlinezeitung.de/2012/06/28/zunahme-schwerer-baumschaden-im-strahlungsfeld-von-mobilfunksendeanlagen-2/

    Vor den Wäldern macht die Strahlung leider auch nicht halt. Ich kenne Waldstücke, da hat sich die Frage der Bewirtschaftung fast schon selbst erledigt: Es gibt schlichtweg keinen gesunden, großen Baum mehr! Es ist nur noch etwas schlechtes Brennholz zu holen…

    Ich empfehle, sich die Folien von Dipl.-Ing. Dipl.-Phys. Volker Schorpp anzusehen:
    https://www.puls-schlag.org/download/Schorpp-StPeter-20070929-online200dpi.pdf

    Bestimmt gibt es auch in Ebrach Bäume mit den typischen Schadensbildern!

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