Winnie Wenzel
Auch in der mit 6000 Zuschauern ausverkauften ratiopharm Arena war Chris Flemings Team am Mittwochabend nicht zu stoppen. Ulm startete leidenschaftlich, schnell und aggressiv, wie man das von ihnen aber auch erwartet hatte. Hinter der Mannschaft stand die aufgekratzteste Kulisse, die Ulm je gesehen hatte. Allerdings hatten sich auch 600–700 Unterstützer für die Gastmannschaft eingefunden – das waren dann auch einige laufende Meter „rote Wand“ in der Fremde, die durchaus einigen Rückhalt bieten konnten. Mit dem Bewusstsein, es ,jetzt’ reißen zu müssen, gelang es den Spatzen zunächst ganz gut eine kompakte Defensive aufzubauen und Bamberg zu Fehlpässen und -würfen zu zwingen. Ein unsportliches Foul von John Bryant half den Gästen in dieser Phase, den Anschluss zu halten. Immerhin führte Leibenaths Mannschaft nach vier Minuten 14:11; zur gleichen Zeit hatte sie im ersten Match schon 2:10 zurückgelegen. So entwickelte sich im weiteren Verlauf ein enges Kampfspiel auf hohem Niveau. Mit 22:21 ging es ins zweite Viertel, wobei zwei verwandelte Dreier von Keaton Nakivil für die knappe Führung ausschlaggebend waren.
Im zweiten Viertel erlebten die Zuschauer zunächst eine Fortsetzung des bisherigen Spielgeschehens mit engen Spielständen. Weiterhin trug Nankivil sein Team mit vielen Korberfolgen, während auf Bamberger Seite Tucker und Roberts glänzten, der in der 14. Minute schon seinen 10. Punkt verbuchte. Dass Ulm bis zur 17. Minute sehr stark aussah, lag neben dem enormen Kraft- und Fouleinsatz der Hausherren auch an der mäßigen Bamberger Trefferquote von außen im ersten Spielabschnitt. Dann aber legten die Bamberger einen 2:12-Run hin, womit sie Ulm psychologisch ,knackten’. 39:47 stand es schließlich zur Pause. Das Spiel war gekippt, die Gäste trafen jetzt besser, Ulm wirkte zunehmend angestrengter, physisch wie psychisch ,unfrischer’.
Auch nach der Pause markierte Bamberg die ersten schnellen Treffer durch Gavel (der jetzt zu seiner Höchstform auflief) und Tucker. Mögliche Ulmer Hoffnungen auf eine schnelle Aufholjagd wurden so im Keim erstickt. Nach einer Phase wechselseitig schneller Korberfolge (wobei auch Jenkins und Tadda sehr gefallen konnten) kam Ulm noch einmal etwas auf (bis auf fünf Punkte), wobei ich mir aber um Bamberg nie wirklich Sorgen machte, da wichtige Spieler der Hausherren (Watts und Esterkamp) bereits hohe Foulbelastungen hatten und Fleming seine wichtigsten Spieler in dieser Phase schonte. Mit 59:69 wurden zum letzten Mal die Seiten gewechselt. Gesichter und Körpersprache im Publikum, aber auch auf dem Feld ließen bereits erkennen, dass das Spiel entschieden war.
Was man geahnt hatte, manifestierte sich dann im Schlussviertel. Fünf Minuten lang gelang den ,aufgearbeiteten’ Hausherren gegen eine immer besser ins Spiel kommende Bamberger Mannschaft kein Punkt mehr. Bamberg baute den Vorsprung in dieser Phase beruhigend aus und kontrollierte das Spiel sicher bis zum Ende. Einer von mehreren Schlüsseln zum Erfolg war sicher auch der Umstand, dass die Broses Ulms Power-Center im Angriff weitgehend kaltstellen konnten. Die 7 Punkte von Bryant und die 18 von Tucker kommentieren eindrucksvoll die Publikums-Wahl des MVP der Liga. Natürlich ist Bamberg noch nicht Meister und es kann ,immer noch viel passieren’; aber es müsste auch wirklich viel passieren, damit Ulm noch eine Chance bekommt. Ulm war im Pokal absolut an Bamberg dran, aber momentan ist der Qualitätsunterschied beider Mannschaften einfach nicht mehr zu übersehen. So scheint mir der Kommentar der „Südwest Presse“ realistisch: „Ulms Meisterschafts-Traum so gut wie ausgeträumt“.
ratiopharm Ulm: Swann (19/ 3 Dreier), Günther (14/2), Watts (12), Nankivil (10/2), Bryant (7), Esterkamp (5), Mason-Griffin (3/1), Betz, Torbert
Brose Baskets: Gavel (22/3), Tucker (18), Roberts (16/2), Jenkins (9/1), Pleiß (8), Tadda (7), Jacobsen (3/1), Suput (2), Slaughter (1)