Eine Mitteilung von Lobbycontrol und Testbiotech
Interessenkonflikte in staatlichen Institutionen und in der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)
München 24.5.2012. Ein neuer Bericht von Testbiotech zeigt eine systematische und teilweise verdeckte Einflussnahme der BiotechIndustrie in deutschen Behörden und Forschungseinrichtungen, die mit gentechnisch veränderten Pflanzen befasst sind. Betroffen sind das Bundesinstitut für Risikoforschung (BfR), die Bundesforschungsinstitute des Verbraucherministeriums (BMELV) sowie eine Senatskommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Der Bericht benennt 17 Experten, die gleichzeitig an zentralen Schaltstellen staatlicher Einrichtungen und industrienaher Organisationen sitzen. Die meisten der Experten haben falsche oder zumindest unvollständige Angaben über ihre persönlichen Interessen gemacht.
„Es ist für die jeweiligen Experten scheinbar normal, auch dann keine Auskunft über Verbindungen zur Industrie zu geben, wenn diese offensichtlich sind. Gleichzeitig besteht bei der Politik ein weitgehendes Desinteresse, Ma©¨nahmen gegen Interessenkonflikte zu ergreifen. Im Ergebnis kann man in Deutschland nicht auf die Unabhängigkeit der Behörden vertrauen, wenn es um die Risikobewertung gentechnisch veränderter Pflanzen geht“, fasst Christoph Then von Testbiotech die Ergebnisse des Reports zusammen. „Hier ist vom Versuch einer systematischen Einflussnahme auf staatliche Institutionen und die öffentliche Meinung auszugehen.“
Timo Lange von der Organisation LobbyControl sagt: „Das Verbraucherschutzministerium muss hier für mehr Transparenz und klare Regeln zur Vorbeugung von Interessenkonflikten sorgen. Es darf nicht sein, dass Experten im Auftrag der öffentlichen Hand Produkte untersuchen und bewerten und zugleich enge Verbindungen mit den Herstellern eben jener Produkte pflegen. Die Verbraucher haben ein Recht auf eine unabhängige Risikobewertung.“
Eine zentrale Rolle in den bestehenden Netzwerken spielt das International Life Sciences Institute (ILSI), das seinen Hauptsitz in den USA hat und von der Lebensmittelund der Agrochemieindustrie finanziert wird. So ist Gerhard Eisenbrand zum einen Leiter der Senatskommission zur gesundheitlichen Bewertung von Lebensmitteln (SKLM) der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und gehört der Expertenkommission für genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel und dem wissenschaftlichen Beirat des Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) an und ist zum anderen gleichzeitig Präsident und Mitglied des Board of Directors von ILSI Europe. Ähnliche Verbindungen zum ILSI und Interessenkonflikte finden sich bei Gerhard Rechkemmer, dem Leiter des Max RubnerInstituts für Ernährung und Lebensmittel, und bei Alfonso Lampen, der die Leitung der Abteilung Lebensmittelsicherheit beim BfR inne hat.
Wegen systematischer Verflechtungen mit ILSI hat die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA jüngst die eigenen Standards für die Wahrung ihrer Unabhängigkeit angehoben. Seitdem ist die Mitarbeit von ILSIExperten auf verschiedenen Arbeitsebenen der EFSA ausgeschlossen. Zudem wurde die Vorsitzende des Verwaltungsrates der EFSA aus ihrem Amt entlassen, weil sie beim ILSI eine Führungsposition an der Seite von Gerhard Eisenbrand übernehmen will.
Testbiotech und Lobbycontrol empfehlen das Einsetzen einer Expertenkommission, um die Interessenkonflikte in staatlichen Instituten, Ämtern und Ministerien zu untersuchen und um herauszufinden, warum die beschriebenen Netzwerke jahrelang völlig unbehindert agieren konnten. Nach ihrer Ansicht sollten bestimmte Gremien aufgelöst und wichtige Stellen neu besetzt werden, wenn die Vorwürfe nicht widerlegt werden können.
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