Was ist ein „Lauf“ im Basketball? Und wie ,funktioniert’ er eigentlich?

Winnie Wenzel

Basketballspiele (möglicherweise gibt es das Phänomen ja auch in anderen Ballsportarten) verlaufen derzeit häufig extrem diskontinuierlich, d.h. es gibt ausgeprägte Stärke- und Schwächephasen der beteiligten Teams, wobei es sich nicht einfach um Kippeffekte handelt, dergestalt dass bei einer – anfangs gleichwertigen oder sogar überlegenen – Mannschaft der Faden reißt (z.B. weil die Kondition ausgeht, Ärger mit den Schiedsrichtern die Konzentration zerstört oder die Bälle einfach nicht mehr in die Körbe wollen), worauf die andere die Oberhand gewinnt und dann das Spiel sicher nach Hause bringt. Das Merkwürdige an den „Läufen“ ist, dass immer wieder mal diese, mal jene Mannschaft wie aus dem Nichts heraus einen Lauf zustande bringt und die andere völlig machtlos zu sein scheint, das Verhängnis abzuwenden. Die Trainer nehmen Auszeiten, wechseln Spieler aus und stellen um – allein auch diese Maßnahmen scheinen nur begrenzt zu wirken. Es sieht aus, als sei das Spiel eines gesamten Teams plötzlich verhext. Ich kann mich übrigens nicht erinnern, dass dieses Phänomen zu meinen aktiven Zeiten (die schon ein geraumes Weilchen zurückliegen) auch schon so ausgeprägt zu beobachten war.

Gibt es für einen „Lauf“ eine genaue Definition? Nicht dass ich wüsste. Manche Leute gebrauchen den Begriff ganz eng für eine längere Erfolgsserie einer Mannschaft, ohne dass der Gegner auch nur einen Korb macht; andere würden auch eine deutliche Überlegenheitsphase, die vielleicht 16:3 ausgeht, als „Lauf“ bezeichnen. Eine genaue Quantifizierung scheint nicht zu existieren, so dass man im Kontext eines extrem engen Spiels auch schon einmal von einem 6:0-Minilauf eines Teams sprechen hört.

Ich bin sicher, dass sich die Trainer unserer großen Vereine mit diesem Phänomen und insbesondere mit den Fragen, wie Läufe zu stoppen sind bzw. wie man nach einem Lauf nicht sofort ins kollektive Koma fällt, sondern den herausgespielten Vorsprung halten kann, intensiv beschäftigen. Ich habe den gewissen Verdacht, dass hinter „Läufen“ sogenannte kollektive Flow-Ereignisse stehen, die sich teils Zufälligkeiten, teils aber auch überdurchschnittlichem Einsatz verdanken. Diese Theorie würde auch plausibel machen, warum Mannschaften nach dem Abreißen eines Laufes oft besonders disharmonisch agieren: aus einem Flow zu fallen, bedeutet in der Regel eine harte Landung in der Normalität mit entsprechenden Orientierungsproblemen und Frustrationen. Umso schlimmer, wenn man sich zuvor total verausgabt hat.