Ein Jahr nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima

Energiewende – und die Regierung in Berlin pampert die Großkonzerne

Am Sonntag gedachten Viele der Reaktorkatastrophe in Japan von vor einem Jahr, auch in Bamberg. Anbei die Pressemitteilung des Veranstalters, die GAL. Unter anderen trat Heinz Jung vom Bund Naturschutz auf (Rede anbei). Er kritisierte die kontraproduktive Arbeit der derzeitigen Bundesregierung in Sachen Energiewende und die „Verwässerung“ des Erneuerbare-Energien-Gesetz.

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Hierzu von unserer Seite einige Erläuterungen: Das deutsche Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) regelt die bevorzugte Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Quellen ins Stromnetz und garantiert deren Erzeugern feste Mindestverkaufspreise. Es dient dem Klimaschutz und gehört zu einer Reihe gesetzlicher Regelungen, mit denen die Abhängigkeit von fossilen – und damit endlichen – Energieträgern wie Erdöl, Erdgas oder Kohle sowie von Kernkraft verringert werden soll. Die Regelungen des EEG betreffen ausschließlich die Stromerzeugung. Das deutsche EEG dient international als Vorbild für den erfolgreichen Ausbau der Erneuerbaren Energien und wurde bis 2011 in ähnlicher Form in mindestens 61 Staaten sowie 26 Bundesstaaten bzw. Provinzen eingeführt. Der Anreiz gerade für die breite Bevölkerung, sich am Klimaschutz zu beteiligen, war ein voller Erfolg. Der Mitmach-Schub war enorm. Die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung konnten nachhaltig gesenkt werden, sowohl Investitionen als auch Innovationen waren die Folge. Klüger kann ein Gesetz nicht konzipiert werden.

Stromintensive Industriebetriebe wurden mit einer Ausnahmeregelung bedacht. Und eben diese Ausnahmen sind derzeit in heftiger Kritik. Heinz Jung stellte vergangenen Sonntag in Bamberg fest: Zu Beginn der EEG-Umlage waren 59 Großkonzerne bei der Abgabe begünstigt. Sie – und ich – wir hatten dadurch Mehrkosten beim Strom von insgesamt ca. 20 Millionen Euro zu tragen. Die jetzige Regierung sorgte dafür, dass im nächsten Jahr mehr als 1.500 Unternehmen begünstigt sind, dann zahlen wir Verbraucher zusammen ca. 3,1 Milliarden € mehr.

Der Bund der Energieverbraucher hat deswegen jüngst Einspruch erhoben, denn in der Konsequenz führen diese Ausnahmeregelungen zu einer erhöhten Belastung der Normalverbraucher und steht dem Wunsch nach Energie-Einsparung und -Effizienz im Weg. Auch das ARD-Magazin Monitor hat im vergangenen Oktober berichtet, es sei ein fettes Geschenk der Regierung an die größten Stromfresser. Im Beitrag kommt Prof. Uwe Leprich von der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes zu Wort: Wir kriegen das als Wissenschaftler schon sehr konkret mit. … Und wenn unsere Vorschläge dann einfach vom Tisch gewischt werden, ohne Argumente, dann kann ja nur schiere Macht und schierer Lobbyismus dahinter stecken.

 

Mitteilung des Veranstalters, die GAL

Kundgebung zum Gedenken an Fukushima
Veranstalter mahnten vermehrte Anstrengungen zu Atomausstieg und Energiewende an

Rund 150 Menschen versammelten sich am Sonntag, dem Jahrestag der Katastrophe von Fukushima, auf Einladung der GAL am Gabelmann, um der Opfer zu gedenken und eine Energiewende in Deutschland einzufordern.

Heinz Jung, Vorsitzender des Bund Naturschutz machte deutlich, dass der Atomunfall auch heute noch lange nicht überwunden sei. Der Ausstieg aus der Atomkraft fordere vollen politischen Einsatz. Der schwarz-gelben Regierung attestierte er Halbherzigkeit und gar die Unfähigkeit, eine Energiewende konsequent umzusetzen.

Thoma Fischer vom Vierether Kuckucks-Ei unterstrich die Bedeutung auch lokaler Aktivitäten für erneuerbare Energien. Er sieht deshalb seinen Verein, der zur Verhinderung des AKW-Standorts Viereth gegründet worden sei und dies inzwischen erreicht habe, auch heute noch vor große Aufgaben gestellt.

Schülerinnen des Eichendorff-Gymnasiums lasen literarische Texte apokalyptischen Inhalts. Der Bamberger Schauspieler Andreas Ulich brachte eine aktualisierte Version von Goethes „Zauberlehrling“ dar, in dem die gerufenen Geister, die der Zauberlehrling nicht mehr los wird, mit der Atomkraft parallel gesetzt wurden.

Am Ende der Veranstaltung ließ das Kindertheater Chapeau Claque gefaltete Kraniche an Luftballons in den grauen Himmel fliegen. 1000 Kraniche falten – das bedeutet nach japanischer Tradition einen Wunsch frei haben. Nach der Erdbeben-, Tsunami- und Atomkatastrophe im März 2011 hatten Bamberger Kinder 3000 Kraniche gefaltet.

 

Rede von Heinz Jung, Bund Naturschutz  Bamberg

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

Mahnwachen sollen zum einen an die Opfer der Katastrophe erinnern und zum anderen für die Zukunft vor den Gefahren warnen.
In Japan wissen Zehntausende von Menschen nicht, wie es für sie weitergehen soll. Sie leben ohne Zukunft und in großer Angst vor der Krebserkrankung in Containersiedlungen. Vergessen von einer überforderten Regierung und von einem Konzern, dem es anscheinend schon immer nur um dass Eine ging: Gewinne, um jeden Preis!
Diese Mahnwache kommt zum richtigen Zeitpunkt, damit wir auch über die Zukunft in Deutschland wieder nachdenken.
Atomausstieg in Deutschland – von wegen. Ich habe hier an dieser Stelle vor ca. einem Jahr davor gewarnt, den angeblichen Ausstiegsplänen zu vertrauen.
Röslers Angriff auf die solare Stromerzeugung ist ein deutlicher Schritt dieser Bundesregierung zu einer erneuten Laufzeitverlängerung für die AKWs.
Die Bürger will man mit permanenten Horrormeldungen über angeblich unvermeidliche Steigerungen der Stromkosten verunsichern.
Und dabei trägt diese Regierung selbst massiv zur Preissteigerung beim Strom bei: Zu Beginn der EEG-Umlage waren 59 Großkonzerne bei der Abgabe begünstigt. Sie – und ich – wir hatten dadurch Mehrkosten beim Strom von insgesamt ca. 20 Millionen Euro zu tragen. Die jetzige Regierung sorgte dafür, dass im nächsten Jahr mehr als 1.500 Unternehmen begünstigt sind, dann zahlen wir Verbraucher zusammen ca. 3,1 Milliarden € mehr. Nicht Sonne und Wind machen den Strom für den kleinen Mann teuer, nein, es ist diese Bundesregierung mit ihren engen Verbindungen zu den großen Konzernen.
Die Energiewende – richtig gemacht – würde uns sicheren und bezahlbaren Strom liefern!
Ach ja, da sind ja noch die Netzprobleme. Angeblich können unsere Ingenieure Atomkraftwerke absolut sicher betreiben. Aber diese Ingenieure sind anscheinend nicht in der Lage ein funktionierendes Stromnetz mit vielen dezentralen Erzeugern aufzubauen.
Nein, meine Damen und Herren, man will nicht, dass die wirkliche Energiewende kommt, denn dann geht den Großkonzernen ein sicheres Milliardengeschäft verloren. Rösler – und damit diese Regierung – prägen einen neuen Kampfbegriff:
Wachstum um jeden Preis – auch wenn es nur wenigen Konzernen dient. Ein nachhaltiges Wachstum mit einem intelligenten und effizienten Einsatz von Energie, das Handwerksbetrieben, Kleinunternehmen und Stadtwerken dient und hunderttausende Arbeitsplätze schafft, wollen sie hingegen regelrecht verhindern.
Frau Merkel ist im Moment bei den Umfragen obenauf. Sie kämpft ja so beeindruckend für den Euro. Schaden vom deutschen Volk abwenden – so heißt es in ihrem Amtseid.
Aber wo droht denn wirklich Schaden? Die tickende Zeitbombe Atommüll und der Klimawandel – da höre ich ganz wenig von unserer ach so eifrigen Kanzlerin.
Hoffen wir, dass dieser Regierung endlich ein Licht aufgeht. Hoffen wir, dass dieses Licht dann nicht aus einem europäischen Reaktor kommt: Grafenrheinfeld – Temelin – auch die Franzosen haben einiges zu bieten für eine strahlende Zukunft!
Ich rufe dieser Regierung zu, machen Sie endlich ernst mit der Energiewende! Und hört auf uns für blöd zu halten! Zwei Gedenktage im Jahr – Fukushima und Tschernobyl – sind genug!
Bei der Energiewende sind intelligente Stromzähler ein unverzichtbarer Bestandteil. Die intelligenten Stromzähler gibt es bereits. Was wir jetzt noch brauchen, ist eine intelligente Regierung!

Rede von Alina Poukamissas (Schülerin Eichendorff Gymnasium)

Die letzten sieben Tage der Schöpfung

Am Morgen des ersten Tages
beschloss der Mensch, frei zu sein und gut, schön und glücklich. Nicht mehr Ebenbild eines Gottes, sondern ein Mensch.
Und weil er etwas glauben musste, glaubte er an die Freiheit und an das Glück,
an Zahlen und Mengen,
an die Börse und den Fortschritt,
an die Planung und seine Sicherheit.
Denn zu seiner Sicherheit hatte er den Grund zu seinen Füßen gefüllt mit Raketen und Atomsprengköpfen.

Am zweiten Tage
starben die Fische in den Industriegewässern, die Vögel am Pulver aus der chemischen Fabrik, das den Raupen bestimmt war, die Feldhasen an den Bleiwolken von der Straße, die Schoßhunde an der schönen roten Farbe der Wurst, die Heringe am Öl auf dem Meer und an dem Müll auf dem Grunde des Ozeans. Denn der Müll war aktiv.

Am dritten Tage
verdorrte das Gras auf den Feldern und das Laub auf den Bäumen, das Moos an den Felsen und die Blumen in den Gärten. Denn der Mensch machte das Wetter selbst und verteilte den Regen nach genauem Plan. Es war nur ein kleiner Fehler in dem Rechner, der den Regen verteilte. Als sie den Fehler fanden, lagen die Lastkähne auf dem trockenen Grund des schönen Rheins.

Am vierten Tage
gingen drei von vier Milliarden Menschen zugrunde. Die einen an den Krankheiten, die der Mensch gezüchtet hatte, denn einer hatte vergessen, die Behälter zu schließen, die für den nächsten Krieg bereitstanden. Und ihre Medikamente halfen nichts. Die hatten zu lange schon wirken müssen in Hautcremes und Schweinelendchen. Die anderen starben am Hunger, weil etliche von ihnen den Schlüssel zu den Getreidesilos versteckt hatten. Und sie fluchten Gott, der ihnen doch das Glück schuldig war. Es war doch der liebe Gott!

Am fünften Tage
drückten die letzten Menschen den roten Knopf, denn sie fühlten sich bedroht. Feuer hüllte den Erdball ein, die Berge brannten, die Meere verdampften, und die Betonskelette in den Städten standen schwarz und rauchten. Und die Engel im Himmel sahen, wie der blaue Planet rot wurde, dann schmutzig braun und schließlich aschgrau. Und sie unterbrachen ihren Gesang für zehn Minuten.

Am sechsten Tage
ging das Licht aus. Staub und Asche verhüllten die Sonne, den Mond und die Sterne. Und die letzte Küchenschabe, die in einem Raketenbunker überlebt hatte, ging zugrunde an der übermäßigen Wärme, die ihr gar nicht gut bekam.

Am siebten Tage war Ruhe.
Endlich. Die Erde war wüst und leer, und es war finster über den Rissen und Spalten, die in der trockenen Erdrinde aufgesprungen waren. Und der Geist der Menschen irrlichterte als Totengespenst über dem Chaos. Tief unten, in der Hölle, aber erzählte man sich die spannende Geschichte von dem Menschen, der seine Zukunft in die Hand nahm, und das Gelächter dröhnte hinauf bis zu den Chören der Engel.

Jörg Zink