Ein Sündenfall der Denkmalpflege!

Stellungnahme von FDP-Stadtrat Martin Pöhner

Historischer Laubengangs des Denkmals Lange Straße 22. Foto: Martin Pöhner

Ich halte den vom Bamberger Bausenat vor kurzem mehrheitlich beschlossenen Abriss des historischen Laubengangs im Hof des bedeutenden Bamberger Einzeldenkmals Lange Straße 22 für einen Sündenfall der Denkmalpflege! Ich habe deshalb als Stadtrat in der entsprechenden Sitzung ein klares Plädoyer für den Erhalt des Laubenganges vor Ort gehalten und gegen den Abriss gestimmt. Leider ist es mir nicht gelungen meine Stadtratskollegen davon zu überzeugen.

Der Abriss bedeutet den unwiederbringlichen Verlust eines um 1700 in seiner heutigen Form entstandenen, bedeutsamen Gesamtensembles aus Vorderhaus, historischem Laubengang und rückwärtigem Gartenpavillon. Es wurde damals für den fürstbischöflichen Kanzler Hieronymus Karg von Bebenhausen errichtet. Die übrig bleibenden Gebäude werden durch den Abriss des Mittelteils massiv in ihrer Wirkung beeinträchtigt – man kann sagen: Der historische Zusammenhang zwischen den Gebäuden wird zerstört.

Darüber hinaus ist der Abriss des Laubengangs ein äußerst gefährlicher Präzedenzfall: Nun kann jeder in Bamberg kommen und sagen: „Die Gebäude um den Innenhof meines Einzeldenkmals sind baufällig und ich will den Innenhof deshalb entkernen und die Gebäude drum herum neu bauen.“

Es ist für mich vollkommen unverständlich, wie das Landesamt für Denkmalpflege und die Stadtheimatpflege dem Abriss zustimmen konnten. Gewiss: Ein erheblicher Teil des Innenlebens des schmalen Gebäudes hätte erneuert werden müssen. Aber: Es ist ganz klar, dass der Laubengang selbst und die Fassade sehr gut vor Ort hätten erhalten werden können. Für mich ist es nicht nachvollziehbar, dass das Gebäude nun abgerissen werden darf, ein dreistöckiges statt zweistöckiges modernes Bauwerk an seine Stelle treten darf und die vom Landesamt als erhaltenswert (!) eingestuften Bauteile des Laubengangs sowie die „signifikanten Fenster“ (Zitat aus dem Sitzungsvortrag) eingelagert werden sollen. Ich bin immer noch der Ansicht: Historische Bauteile gehören vor Ort im historischen Zusammenhang erhalten. Dies hätte meiner Meinung nach auch dem Eigentümer des Baudenkmals, der Mediengruppe Oberfranken, die unter anderem den Fränkischen Tag herausgibt, ein wichtiges Anliegen sein müssen!

Hätte man in deutschen Großstädten nach dem 2. Weltkrieg so argumentiert wie manche heutige amtliche Denkmalschützer, die ein Gebäude nur erhaltenswert finden, wenn es auch innen komplett historisch ist und nicht nur die Fassade (der Laubengang …), dann wäre beispielsweise die Münchner Innenstadt heute eine Betonwüste aus 50er Jahre-Bauten nahezu ohne ein einziges historisches Gebäude, weil bei fast allen durch die Bombenschäden nur die Fassade stehen geblieben ist und die Gebäude innen modern wiederaufgebaut wurden.

Den neuen Trend im Weltkulturerbe Bamberg, beim Denkmalschutz auf Insellösungen zu setzen, anstatt Ensembles in ihrer Gesamtheit zu erhalten, halte ich für den falschen Weg! Es bleibt zu hoffen, dass es zukünftig zu einem Umdenken der Verantwortlichen kommt, sonst fällt bald der nächste historische Innenhof der Abrissbirne zum Opfer!

 

5 Gedanken zu „Ein Sündenfall der Denkmalpflege!

  1. Mit jedem Abriss eines historischen Gebäudes steigt der welt-erbe-touristische „Wert“ der noch bestehenden landes-denk’mal-registierten Anwesen!
    Franz Fichtl

  2. Der alte Bamberger Spruch bewahrheitet sich immer wieder:
    „Vom Krieg verschont, vom Stadtrat zerstört!“

  3. Das Einzeldenkmal aus dem 18. Jahrhundert ist „nicht wirtschaftlich zu erhalten“, Überraschung! -Insbesondere im Umfeld der „Kahlschlag-Theatergassen“ der 80ér Jahre… Welche Art von Vorbildfunktion das heute für private Denkmalbesitzer darstellen soll, erschließt sich mir nicht. Unter dieser Begründung ist noch sehr viel zum „Rückbauen“ da. Der Abriss ist übrigens seit gestern in vollem Gang, vielleicht kann ich mir noch ein Erinnerungssteinchen holen…

  4. Offensichtlich wäre es bautechnisch möglich gewesen die Fassade zu erhalten. Umso unverständlicher so eine Entscheidung. Und das im Jubiläumsjahr „25 Jahre Welterbe Bamberg“.

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