Nicht auf den Markt – auf die Menschen kommt es an

Mitteilung des DGB Oberfranken

Euphorisch – so beurteilen die oberfränkischen Kammern und die vbw (Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V.) die möglichen Auswirkungen eines möglichen Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA. „Aber mögliche künftige Gewinne für wenige, dürfen heute nicht unsere Demokratie und Grundwerte gefährden“, kritisiert der Geschäftsführer des DGB Oberfranken Mathias Eckard. Zumal diese Gewinne in der eigenen Studie des ifo-Institutes als langfristige Effekte gewertet würden.

In der gleichen Studie werden auch Arbeitnehmern und Verbrauchern Gewinne versprochen. Das ifo-Institut und auch die Bertelsmann Stiftung sagen in ihrer Studien viele neue Arbeitsplätze voraus. Bis zu 400.000 in Europa, alleine in Deutschland ca. 110.000, die wohl auch noch besser bezahlt werden. „Aber ob die Bäume wirklich in den Himmel durch ein Freihandelsabkommen wachsen, muss stark bezweifelt werden“, so Mathias Eckardt weiter. Unter anderem bezweifelt Prof. Gustav Horn vom IMK-Institut diese Effekte. Denn Gewinne bei einzelnen produktiven Firmen können nicht einfach auf alle Unternehmen übertragen werden. Zudem könnten mögliche neue Arbeitsplätze im Exportsektor nicht mit einem Zuwachs in der Gesamtwirtschaft gleichgesetzt werden. „Durch ein Freihandelsabkommen wird es auch Verlierer geben. Einige Unternehmen, Konzerne wie mittelständische Unternehmen, werden dem Wettbewerb nicht überleben. So sind Arbeitsplätze in unserer Region in erheblicher Gefahr“, betont Mathias Eckardt. Er verweist auf die Wirkung der nordamerikanischen Freihandelszone NAFTA. Gerade in Mexiko habe NAFTA keine zusätzlichen Jobs geschaffen, im Gegenteil die Arbeitslosigkeit sei sogar gestiegen. Statt mehr Wohlstand gäbe es in Mexiko jetzt mehr Menschen, die in Armut leben. „Den Arbeitnehmern und Verbrauchern in Oberfranken jetzt anzweifelbare Versprechen zu machen, halte ich für falsch. Vor allem, weil es noch sehr viele offene Fragen über die Art und den Inhalt der Verhandlungen gibt“, so Mathias Eckardt.

„Das Freihandelsabkommen darf unter keinen Umständen nicht zu schlechteren Löhnen und schlechteren Arbeitsbedingungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der EU und in den USA führen“, fordert der DGB Chef. Die Gefahr bestehe jedoch, da die USA beispielsweise von acht Kernarbeitsnormen der ILO nur zwei ratifiziert und umgesetzt. „Die Rechte der Gewerkschaften und der Betriebs- und Personalräte müssen in der EU und in den USA anerkannt werden! Ohne die Vereinigungsfreiheit, die Anerkennung der Gewerkschaften und die Möglichkeit Betriebsräte zu wählen, die starke Mitspracherechte haben, darf es kein Abkommen geben!“ Ebenso warnt der DGB Oberfranken vor einem Absenken der Sozial-, Umwelt-, und Verbraucherschutzstandards. „Wer das Chlorhühnchen und Hormonfleisch nur als „Aufreger-Themen“ versteht hat sich über den Stand und die Themen der Verhandlungen nicht richtig informiert“, kritisiert Mathias Eckardt.

Der Gewerkschafter besteht im Gegensatz zu den Kammern und der vbw ebenfalls auf mehr Transparenz bei den Verhandlungen: „Hier geht es um unsere Grundrechte. Die Forderung nach mehr Transparenz, lediglich als angenehm zu bezeichnen, ist skandalös“, so Mathias Eckardt. „Wer die Forderung nach Information der Bürgerinnen und Bürger nicht ernst nimmt, widerlegt nicht die Vorwürfe, dass die Verhandlungen massiv von Lobbyisten der Wirtschafts- und Industrieverbände beeinflusst werden. Im Gegenteil er bekräftigt sie sogar“.

Der DGB Oberfranken betont, dass gerade jetzt mehr Transparenz nötig sei. Der NSA Skandal der letzten Monate sei weder aufgeklärt noch wurden die politischen Konsequenzen daraus gezogen. Dabei geht es auch hier um ein Grundrecht der Bürgerinnen und Bürger in Oberfranken, das Recht auf die informationelle Selbstbestimmung. „Wir fordern deshalb, dass zunächst der Datenschutz jeder Bürgerin und jedes Bürgern gesichert ist, bevor die Verhandlungen weitergeführt werden dürfen.“

Als fahrlässig und gefährlich bezeichnet der DGB Oberfranken die Forderung nach einem schnellen Abschluss der Verhandlungen. „Wir sind davon überzeugt, dass es am Ende auf das Ergebnis und nicht auf die Dauer der Verhandlungen ankommt“, betont Eckardt. Statt eines transparenten und demokratischen Verfahrens bliebe als Alternative nur ein Rahmenabkommen. Die Details würden dann von Experten in Brüsseler oder Washingtoner Hinterzimmern verhandelt. „Und wir wissen alle: Der Teufel steckt im Detail“.

Der DGB Oberfranken fordert stattdessen, dass die Abgeordneten des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente das letzte Wort haben. „Dafür wurden sie von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt“, erklärt Mathias Eckardt. Derzeit fehle jedoch von der EU Kommission noch die Anerkennung, dass es sich bei den Freihandelsabkommen um Mischabkommen handelt und damit auch die nationalen Parlamente mitentscheiden müssen. „Bei den Verhandlungen um die Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA bzw. Kanada geht es um unsere Demokratie und (soziale) Sicherheit, die wir nicht für Gewinne für wenige verkaufen dürfen,“ so Mathias Eckardt abschließend.

2 Gedanken zu „Nicht auf den Markt – auf die Menschen kommt es an

  1. Der Kern von CETA, TTIP und TiSA ist es, dass Investoren, d.h. Konzerne, die über Staatengrenzen hinweg operieren, einen absoluten Hebel gegen Beschneidungen von Gewinnmöglichkeiten durch Staaten in die Hand bekommen.
    Nicht wie normale Bürger vor ordentlichen Gerichten im Rahmen der Rechtsordnung, sondern bar jedweder demokratischer Kontrolle, sollen diese Interessen durchsetzbar sein.
    Was schmälert die Geweinnmöglichkeiten? Nun, Alles, was reguliert, Umweltgesetze, Verbraucherschutz, Mieterschutz, Arbeitsschutz, Arbeitnehmerrechte,… in keinem dieser Gebiete sind Verbesserungen möglich ohne sich der Gefahr von Milliardenklagen auszusetzen, ob nun der künftige Mindestlohn erhöht, ein sich als gefährlich erweisendes Medikament verboten oder Gesetzeslücken im Verbraucherschutz geschlossen werden sollen, dies Alles steht unter dann Finanzierungsvorbehalt der Schadensersatzklagen, kurz gesagt die Demokratie steht dann unter Vorbehalt.
    Wie Mitglieder von Regierungen, die nach Grundgesetz geschworen haben, Schaden von und abzuwenden, dem zustimmen können, ist mir ein Rätsel.

  2. guter Artikel, wennauch immer der Gegnerseite das Neidargument (Gewinn für wenige) in die Hände gespielt wird. Da sollte man geschickter sein.
    Die gestrige Nachricht über die Verhandlungen sind noch nicht einmal in der Tagesschau von gestern oder heute ein Thema gewesen.
    Wie soll sich Hinz und Kunz da informieren?
    Fakt ist, dass ca. 66% der Amerikaner den TTIP ablehnen, da sie ihre Arbeitsplätze in Gefahr sehen. Liegt diese Zahl an der Umfragemethode, oder der Aufklärungsrate in den USA? Wer weiß?
    Die Erfahrung der letzten zwei Jahrzehnte haben aber gezeigt, dass die Wirtschaft und die Politik an einem Strang ziehen und es immer weiter bergab geht mit der Idee, der die BRD zugrunde liegt. Traurig.
    Was im Zusammenhang mit dem TTIP vielleicht noch ganz wichtig wäre, ist der gerichtliche, bzw. nicht gerichtliche Aspekt. Da können die Interessengruppen fröhlich ihre Interessen durchklagen und die Schöffensprüche sind nicht anfechtbar. Demokratie? Wo?

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