Max Spier und sein Kino in Bamberg und die wundersame Wandlung des Hauses Grüner Markt 18

Redaktion

Max Spier (1866–1937) – ein Bamberger Kinobetreiber der ganz frühen Stunde. Dank der Forschungen von Frau Dr. Ingild Janda-Busl zur Biographie von Max Spier (die in das Buch „Juden im Landkreis Tirschenreuth / Band 3: Waldsassen“ mündeten) wissen wir, dass er bereits 1909 Kinematographievorstellungen am Bamberger Gewerbeamt anmeldete und zunächst ein Tonbildtheater im 2. Stock der Luitpoldsäle betrieb, bevor er an den Grünen Markt 18 zog.

Die Geschichte eines Hauses: Vom prächtigen Renaissanceportal über eine historistische Kaufhausarchitektur und eines der frühen Bamberger Lichtspieltheaters zum schmucklosen Vorbeigeher

Eine besonders interessante Adresse mit allerlei Veränderungen: Vom Vor-Vorgängerhaus wissen wir – Dank des Großinventars des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege – von einer Translozierung von Gebäudeteilen in einer ganz frühen Zeit, nämlich 1777 wurde das Renaissanceportal des 1566 erbauten Hauses in die Schrottenberggasse 8 versetzt.

Portal in der Schrottenberggasse 8. Foto: Erich Weiß

Schrottenberggasse 8 mit ehemaligem Portal von Grüner Markt 18. Foto: Erich Weiß

Eigentümer von Grüner Markt 18 rund 100 Jahre später war Bankier Heßlein, der 1893 sein Haus mit Grundstück an die Firma H. & C. Tietz verkaufte, die hier rund 10 Jahre später ihre erste Stammniederlassung errichtete, damals als „großer Kaufladen“ bezeichnet. Eine Photographie um 1910 zeigt den Neubau – gegenüber ihrem späteren Stammhaus Hermann Tietz (später Hertie, heute Karstadt, ab 1908 mit Architekt Kronfuß begonnen): eine repräsentative Fassade, über zwei Geschosse mit vergleichsweise schlichten Schaufenstern, darüber rundbogige Fenster mit italianisierenden, rhythmisch verteilten Säulen. Das Treppenhaus als Risalit besonders hervorgehoben.

Grüner Markt 18. Ehem. Kaufhaus Tietz, Straßenfront des Baus von 1895. Photographie von 1910

Grüner Markt 18. Ehem. Kaufhaus Tietz, Straßenfront des Baus von 1895. Photographie von 1910

Mit der Eröffnung 1910 des Neubaus „Kaufhaus Tietz“ gegenüber, stand der Verkauf des Hauses Nr. 18 an. Ludwig Weber erwarb es und eröffnete 1913 die „Universum-Lichtspiele“ – und nun kommt Max Spieß ins Spiel, der ein Jahr später hier einstieg – schließlich war „der Film zeitweise das wichtigste Medium im Überschneidungsbereich von Kommerz, Unterhaltung, Kunst und Kultur, dementsprechend groß war auch die Bedeutung der Bauwerke“ (Zeh: Lichtspieltheater, Diss 2006). Sowohl in das technische Equipment wurde mehrfach investiert, als auch ins Gebäude. Man sprach gerne vom „Filmpalast“ und „Lichtspieltheater“. Das erste Obergeschoss wurde zum Café, darüber war ein Billardzimmer und eine Wohnung.

Grüner Markt 18, 2014. Foto: Erich Weiß

Grüner Markt 18, 2014. Foto: Erich Weiß

Nahezu jede Generation im 20. Jahrhundert baute um und neu

Nach langen Diskussionen wurde 1935 dem Haus die historistische Fassade abgeklopft – in den 1930er Jahren ein weitverbreitetes Vorgehen, denn Neubarock und -renaissance standen nicht hoch im Ansehen. Stattdessen entwarf der Münchener Architekt Atzenbeck eine neue Front, die Kassenhalle wurde mit Gemälden von Hans Bayerlein geschmückt und Anton Bauer-Haderlein schuf die Masken über den Eingängen. In den 1970er Jahren zog das Kino nach oben bis es 1985 ganz schloss. Einer Abbruchvoranfrage für die Erweiterung des C & A wurde zugestimmt, doch nie ausgeführt.

Von dieser wechselhaften Geschichte inmitten der Bamberger Insel und den offensichtllichen Qualitätsansprüchen an die architektonische Gestaltung zeugen heute nur noch das Renaissanceportal in der Schrottenberggasse, einige Schwarz-Weiß-Photos sowie die Forschungen von Dr. Reinhard Gutbier zur Hausgeschichte und Frau Dr. Ingild Janda-Busl zur Biographie von Max Spier. Und dieser kurze Überblick.

Dr. Ingild Janda-Busl

Max (Moses) Spier war 1866 in Zwesten, Hessen, als Sohn des Metzgermeisters Abraham Spier und seiner Frau Betty geb. Emmerich geboren. Er erhielt eine kaufmännische Ausbildung in München. Am 30.12.1889 heiratete Max Spier in Weiden i. Opf. Jettchen (Henriette) Wilmersdörfer, die am 1.8.1864 in Floß als Tochter der Josef Löw Wilmersdörfer (geb. 9.9.1823 in Floß) und der Jeanette (Schendel) Dinkelsbühler (geb. 5.1.1831 in Fürth) geboren war. Das Ehepaar hatte sieben Kinder.

Das Ehepaar Spier lebte zunächst in Landhut, wo auch die ersten sechs Kinder geboren wurden, dann in Regensburg, wo der jüngste Sohn Siegfried 1902 zur Welt kam, und kam schließlich am 12.5.1909 nach Bamberg. Da Max in Zwesten, Kr. Fritzlar geboren war, war er preußischer Staatsbürger. Er erhielt die bayer. Staatsbürgerschaft am 15.8.1913, Bamberger Bürger wurde er am 18.3.1913.1 Max Spier meldete am 11.3.1909 beim Gewerbeamt in Bamberg an: Kinematographievorstellungen gemeinsam mit Josef Wolff (6.7.1910 von Wolff abgemeldet) im II. Stock der Luitpoldsäale. Am 4.7.1910 eröffnete er eine Agentur für Kohlenspar- u. Rauchverbrennungsapparate, die er am 10.10.1913 wieder abmeldete. Nunmehr war er alleiniger Inhaber des Tonbildtheaters. Ab 27.5.1914 führte er das Kinotheater „Universum“ am Grüner Markt 18 gemeinsam mit Eduard Trüdinger.Im Jahre 1917 verfügten die „Universum“-Lichtspiele am Grünen Markt 18 über 400 Sitzplätze mit Eintrittspreisen zwischen 0,35 – 1,00 Mark (Zu dieser Zeit wohnte die Familie Spier am Kunigundendamm 40 II). Im Jahre 1920 gab es 370 Sitzplätze. (Max Spier wohnte zu diesem Zeitpunkt am Schillerplatz 11). 1921 wird wieder eine Anzahl von 370 Sitzplätzen angegeben.Das „Kinotheater Universum“ am Grüner Markt 18 funktionierte als Familienbetrieb: Tochter Ida war der Kassier, Tochter Beatrice begleitete die Stummfime auf dem Piano.Während des Ersten Weltkrieges eröffnete Max Spier eine Filmagentur und einen Kunstverlag mit Vertrieb von Kriegergedenkblättern, am 28.4.1921 wurde dieses Gewerbe wieder abgemeldet. Laut Besch. d. Reg. v. Oberfr.v. 23.4.1925 erhielt er die Genehmigung, insgesamt achtmal im Jahre je in einer Dauer von höchstens 8 Tagen eine Sängerin oder Tänzerin auftreten zu lassen oder eine Filmoper oder -Operette aufzuführen. Am 24. April 1925 wurde ihm genehmigt, Schokolade und Zuckerwaren im Universum Lichtspieltheater zu verkaufen. Am 20. Juli 1926 meldete er seine Tätigkeit im Universum Lichtspiel ab.5

Familie Max Spier in Bamberg (Fotoarchiv Abraham Frank, Jerusalem)

Familie Max Spier in Bamberg (Fotoarchiv Abraham Frank, Jerusalem)

Wie viele aus seiner Generation fühlte sich Max Spier als deutscher Patriot, stolz auf seinen ältesten Sohn Alfred, der für Tapferkeit vor dem Feind mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse dekoriert worden war. Max war aktiv in der Gemeinde tätig, war Mitglied bei den Freimaurern und verband diese Mitgliedschaft mit regelmäßigen Besuchen in der Liberalen Synagoge am Sabbat und den Hohen Feiertagen. An diesen Tagen enthielt er sich des Rauchens seiner Zigarren, die er sehr liebte. Die Familie wohnte in Bamberg zunächst am Kunigundendamm 23, dann in der Luitpoldstr. 32 (ab 1.4.11), dann Kunigundendamm 40 und schließlich am Schillerplatz 11. Ab 15.1.33 lebte die Familie an der Promenade 5/II und zuletzt ab 15.4.1935 in der Herzog-Max-Straße 40/I.Max starb am 17.12.1937.

Todesanzeige für Max Spier, Bamberg, Dezember 1937 (Fotoarchiv Abraham Frank, Jerusalem)

Todesanzeige für Max Spier, Bamberg, Dezember 1937 (Fotoarchiv Abraham Frank, Jerusalem)

Seine Frau Jettchen (Henriette) starb am 14. April 1939 in Berlin-Schöneberg, wohin sie ihr jüngster Sohn Siegfried nach dem Pogrom 1938 von Kassel, wo sie als Witwe in einem Altersheim lebte, gebracht hatte. Ihr Leichnam wurde in Bamberg neben dem ihres Ehemannes bestattet. Anstelle der Grabsteine von Max und seiner Frau Jettchen (Henriette), die beide schon stark verwittert waren, wurde nach dem Krieg durch ihre Nachkommen in Bamberg über ihren Gräbern ein neuer Doppelstein errichtet.7

Liselotte (Lilo) Heilshorn, geb. Baumgarten vor dem Grab von Max und Henriette (Jettchen) Spier auf dem Jüdischen Friedhof in Bamberg (Foto: Privatbesitz Edith Roemer, München)

Liselotte (Lilo) Heilshorn, geb. Baumgarten vor dem Grab von Max und Henriette (Jettchen) Spier auf dem Jüdischen Friedhof in Bamberg (Foto: Privatbesitz Edith Roemer, München)

Über die Kinder des Ehepaares Max und Henriette Spier berichtet Abraham Frank in seiner Familienchronik. (Abraham Franks Großmutter mütterlicherseits, Amalie (Malchen, geb. Wilmersdörfer, geb. 28.10.1865 in Floß), ist die Schwester von Henriette Spier, geb. Wilmersdörfer. Abraham Franks Großvater mütterlicherseits, Simon Suss Spier, geb. 31.10.1864 in Zwesten, Hessen, ist der Bruder von Max Spier):

Die älteste Tochter des Ehepaares Spier, Beatrice, wurde am 19. Oktober 1890 in Landshut geboren. Sie hatte eine große musikalische Begabung, hatte eine schöne Sopransingstimme und spielte hervorragend Klavier. Während des 1. Weltkrieges versorgte sie als Freiwillige verwundete Soldaten in Bambergs Militärhospital. Sie heiratete im Januar 1918 Joseph Baumgarten, der 1881 in Halberstadt als Sohn von Moses und Dorothea, geb. Buttermilch, in einer traditionell-orthodoxen Familie zur Welt gekommen war. Sein Vater und auch sein Großvater waren Uhrmacher von Beruf, daher erlernte auch Joseph Baumgarten dieses Handwerk. Er diente als Freiwilliger im Deutschen Marine-Corps und nahm als Morse-Techniker an den Kämpfen in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika in den Jahren 1904/05 teil. Nach seiner Entlassung eröffnete er ein Geschäft für Juwelen und Uhren in Kiel. Während des 1. Weltkrieges diente er in der deutschen Armee in einem Munitionsdepot in Kiel. Nach dem Tod seiner ersten Ehefrau Regine Baruch, geb. Elias, mit der er eine Tochter Ida hatte, heiratete er Beatrice Spier. Beatrice unterstützte ihren Ehemann in seinem Geschäft in Kiel. Am 9. November 1938, während der Pogromnacht, wurde das Geschäft zerstört und Joseph Baumgarten ins KZ nach Sachsenhausen gebracht, wo er sechs Wochen inhaftiert war. Anschließend musste er im Winter 1938/39 Zwangsarbeit beim Straßenbau leisten. Im Juli 1939 emigrierte das Ehepaar mit seinen beiden Töchtern Liselotte Dorothy (Lilo) und Margit nach Chile. Beatrice starb 1951 in Santiago de Chile, ihr Mann Joseph ebenfalls in Santiago im Jahre 1959.

Im März 1942 heiratete Lilo Baumgarten in Chile Hans Heilshorn. Dieser war 1914 als Sohn von Johann Heilshorn und Jenny, geb. Goldschmidt, in Bremen geboren. Seine Mutter stammte aus einem streng orthodoxen Haus, sein Vater war Christ. Hans wollte Schiffsingenieur werden und fuhr deswegen vier Jahre lang als „assistant engineer“ auf Schiffen des „Norddeutschen Lloyd“. Er begann sein Studium an der Technischen Hochschule in Bremen, war dann aber im Frühjahr 1939 gezwungen, wegen seiner jüdischen Wurzeln die Hochschule zu verlassen. In der Absicht, nach Shanghai zu emigrieren, gelangte er zunächst nach Tokio, wo er vorübergehend Arbeit fand, Als Japan an der Seite Deutschlands in den 2. Weltkrieg eintrat, war er gezwungen, Japan zu verlassen und emigrierte nach Chile. Als er in Santiago mit 75 Cent in der Tasche ankam, besorgte ihm die dortige Jüdische Gemeinde ein Zimmer bei einer Jüdischen Familie. Auf diese Weise traf er seine künftige Frau, Lilo Baumgarten, die er im März 1942 heiratete. In Chile führte er einen Betrieb für Schiffsbau (Pumpen, Elektromotoren für Schiffe etc.)mit 38 Angestellten. Ihre Kinder Ruth Marion, Gerado und Susanne wurden in Santiago de Chile geboren. 1970 verließ die Familie aufgrund der politischen Situation in Chile das Land und kehrte zurück nach Deutschland. Hans arbeitete dann 13 Jahre lang als Ingenieur auf einer Werft in Kiel. Als er sich zur Ruhe setzte, zog das Ehepaar nach Kaarst bei Düsseldorf. Hans starb dort am 9. Januar 1997. Lilo Heilshorn, geb. Baumgarten lebt heute hochbetagt in Kaarst. Sie ist heute Mitglied der Jüdischen Gemeinde in Düsseldorf.

Der Sohn Alfred des Ehepaares Max und Jettchen Spier wurde 1892 in Landshut geboren. Er leitete zunächst erfolgreich eine Anzahl von UFA-Kinos in Bamberg, Frankfurt a.M. und Hamm in Westfalen. Nach seiner Entlassung durch die Nazis 1933 erwarb er zunächst ein eigenes Kino in Karlsruhe. Als er dieses im Jahre 1935 aufgeben musste, eröffnete er ein elegantes Herren- und Damen-Modehaus in Kiel. Alfred war verheiratet mit Marga Verena geb. Silbermann aus Bremen und hatte eine Tochter Renate (Renée), die 1932 in Karlsruhe geboren wurde. Die Ehe wurde geschieden und Marga emigrierte mit Tochter nach Equador. Alfred wurde am 9. November 1938 in Kiel verhaftet und zusammen mit seinem Schwager Joseph Baumgarten ins KZ Sachsenhausen gebracht. Nach seiner Entlassung emigrierte er nach Chile, wo er seine Brüder Josef und Siegfried und seine Schwester Bea(trice) mit ihren Familien wiedertraf, die sich dort schon etabliert hatten. Er heiratete in Santiago seine zweite Ehefrau Catalina (Käthe) Collin Sundheimer, die aus Gelnhausen (Hessen) stammte und arbeitete als Verkaufsagent für importierte Uhren. Er starb in den 1970er Jahren in Santiago de Chile.

Ida, Tochter von Max und Jettchen Spier, wurde am 1894 in Landshut geboren. Sie litt an Depressionen und wurde im Jahre 1940 im Rahmen des Euthanasieprogramms der Nationalsozialisten ermordet.Ihre Tochter Ruth überlebte das KZ Theresienstadt und lebt mit ihrer Familie in Ashdod, Israel.

Jeannette Gisela, Tochter des Ehepaares Max und Jettchen Spier wurde 1896 in Landshut geboren. Sie heiratete Julius Herzfeld aus Hamburg und ging zu ihm nach Buenos Aires. 1930 kehrten beide nach Deutschland zurück und lebten in Hamburg-Altona. Als die Nazis  an die Macht kamen, gingen sie nach Argentinien zurück. Jeanette starb 1961 in Buenos Aires, ihr Mann Julius im Jahre 1971.

Brunhilde (Hilde), Tochter des Ehepaares Max und Jettchen Spier, wurde 1898 in Landshut geboren. Sie besuchte die Volksschule und eine höhere Schule in Bamberg. Im Jahre 1920 heiratete das sehr attraktive Mädchen gegen den Willen ihrer Eltern Wolf Ziprkowski, der aus Polen stammte, was zu dieser Zeit nicht „quite the thing to do“ in deutsch-jüdischen Kreisen war. In Braunschweig eröffnete Wolf ein Schuhgeschäft und später ein Herrenbekleidungsgeschäft. Am 25. Juni 1935 wurde er von einem „Nazi-Rowdy“ ermordet. Der Mörder wurde gefasst und zu einer kurzen Gefängnisstrafe verurteilt. Das Ehepaar Hilde und Wolf Ziprkowski hatte drei Söhne: Herbert, Alfred und Robert. Im Jahre 1936 schickte Hilde ihre beiden älteren Söhne mit der Jugend-Aliya nach Palästina, wo sie sich Zvi Bar Zeev und Avraham Ziper nannten. Als im Oktober 1938 Tausende jüdischer Männer, Frauen und Kinder polnischer Abstammung über die deutsche Grenze nach Polen abgeschoben wurden, waren auch Hilde und ihr Sohn Robert darunter, da ihr Ehemann die polnische Staatsangehörigkeit hatte. Sie hielt sich zunächst bei ihren Verwandten in Meseritz auf, wo sie Robert zurückließ, in dem Glauben, er wäre dort sicherer als in Nazideutschland. Nach einem Jahr kehrte Hilde nach Braunschweig zurück, wo sich Mutter und Sohn wiederfanden. 1941 wurde Hilde mit ihrem Sohn Robert ins Ghetto von Lodz deportiert. Beide kamen dort ums Leben, ihr Sterbedatum ist unbekannt.

Josef Alfons, Sohn des Ehepaares Max und Jettchen Spier wurde im Jahre 1900 in Landshut geboren. „Seppl“, wie er genannt wurde, war Handelsvertreter für Textilien und andere Manufakturwaren bei Textilgeschäften in Bamberg, Nürnberg und Umgebung. Am 10. November 1938 wurde er in seiner Wohnung in Bamberg, Luitpoldstraße 4, festgenommen und im KZ Dachau interniert. Da er schon ein Visum nach Chile hatte, wurde er bald entlassen und verließ im Dezember 1938 mit Ehefrau Blanka und Sohn Rudolf Deutschland. In Chile arbeitete er als Textilkaufmann. Blanka Spier, geb. Meyer hatte als junge Frau im Haushalt von Max und Jettchen Spier in Bamberg gearbeitet, wo Josef Alfons sie kennen lernte und heiratete. Rudolf, der einzige Sohn des Ehepaares, war am 30. Juli 1931 in Nürnberg geboren. „Rudi“, wie er genannt wurde, besuchte die Volksschule in Bamberg, Nach der Emigration der Familie nach Chile lernte er schnell Spanisch und begann ein Studium an der Universität von Santiago als Mineningenieur. Er fand anschließend eine gute Stellung bei einer Ölgesellschaft in Puentas Arenas (Fireland, Süd-Chile). Er kam im Jahre 1962 in Chile bei einer Explosion an seinem Arbeitsplatz ums Leben. Seine Eltern waren durch den Verlust ihres einzigen Sohnes tief erschüttert. Sie verließen 1970 Chile und kehrten nach Deutschland zurück und lebten in Oberursel, nahe Frankfurt a.M. Josef Alfons starb im März 1983. Seine Frau Blanka lebte zuletzt im jüdischen Altersheim in Frankfurt, wo sie im August 1994 starb.

Der jüngste Sohn von Max und Jettchen Spier, Siegfried, wurde 1902 in Regensburg geboren. Er heiratete 1925 in Berlin Margarete Elisabeth Müller, wo auch die drei Kinder des Paares zur Welt kamen. Er und seine Frau waren aktive Mitglieder der kommunistischen Partei Deutschlands. Im Dezember 1939 verließen sie Deutschland via Italien in Richtung Chile. Siegfried bestritt seinen Lebensunterhalt dort durch den Verkauf von Bürsten, seine Frau arbeitete als Näherin. Nach dem 2. Weltkrieg kehrten die beiden nach Ostberlin zurück, wo sie glaubten, Deutschland in Übereinstimmung mit ihrer kommunistischen Ideologie wieder aufbauen zu können. Doch nach nur einem Jahr kehrten sie völlig desillusioniert nach Chile zurück. Im Jahre 1970, als ihre Kinder Jutta, Sigrid und Hans Peter in Chile verheiratet waren und sich dort etabliert hatten, kehrte das Ehepaar nochmals nach Deutschland zurück und lebte in Kronach (Bayern). Siegfried starb dort im Jahre 1979, Seine Frau war bereits 1978 in Berlin-Charlottenburg verstorben. Beide sind in Kronach bestattet.9

Anmerkungen

  1. Stadtarchiv Bamberg, Familienbogen und Stadtarchiv Bamberg C 9, 58 a
  2. Stadtarchiv Bamberg, C 9, 58 a
  3. http://allekinos.pytalhost.com/kinowiki/index.php?title=Bamberg_Filmpalast%2C_Universum, Stand vom 13.01.2013
  4. Abraham Frank, Jerusalem, Familienchronik
  5. Stadtarchiv Bamberg, C 9, 58 a
  6. Stadtarchiv Bamberg D 9, 58 a
  7. Abraham Frank, Jerusalem, Familienchronik
  8. Tel. Bericht von Frau Lilo Heilshorn, Kaarst
  9. Die Angaben über die Familienangehörigen des Ehepaares Max und Jettchen Spier stammen aus der nicht veröffentlichten Familienchronik  von Abraham Frank, Jerusalem

Ein Gedanke zu „Max Spier und sein Kino in Bamberg und die wundersame Wandlung des Hauses Grüner Markt 18

  1. Vielen Dank für diesen hoch interessanten Einblick in eine bedeutende Bamberger Familie. Max Spier war ein lokaler Kinopionier. Zu ergänzen wäre, dass der Umbau der schönen historistischen Fassade des Filmpalastes nicht mehr unter Max Spiers Ägide stattfand. Er hatte seine Universum-Lichtspiele, wie sie damals noch hießen, bereits 1926/27 verkauft. So musste er nicht nur den Umbau als Zuschauer mitverfolgen, sondern dass dort in den 1930ern auch noch protzige Propagandafilme inszeniert wurden … mit riesigen Hakenkreuzfahnen an der Fassade und Horst-Wessel-Lied mit Begleitung einer Blaskapelle (siehe Martin Lorber – Ein Spaziergang durch mehr als 100 Jahre Bamberger Kinogeschichte – Stadtarchiv Bamberg).

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