Noch mehr Verdichtung und Verkehr im Berggebiet? Es reicht!

Redaktion

Don Bosco Garten. Foto: Erich Weiß

Seit Monaten gibt es Befürchtungen: die gepachteten Gärten sollen aufgelöst und an deren Stelle im Teufelsgraben ein Neubau errichtet werden. Denn die Salesianer wollen langfristig ihren Innenstadt-Standort an der Weide/Pfeuferstraße auflösen und sich gänzlich im Teuflesgraben niederlassen. Die WebZet hat zuerst berichtet. Schulleiter Hartmann dreht eine Fraktionsrunde, stellt jedem Stadtrat die Planungen vor, um die Stimmung auszuloten. Der Termin bei der SPD soll keine 10 Minuten gedauert haben. Wie deren Haltung ist, ist noch unklar. Schule hört sich ja erst mal gut an, Bildung ist ein überzeugendes Argument. Doch welche Folgen solch ein Bau in einem derart sensiblen Gebiet und in der barocken Vorstadtvilla mit Grünflächen haben wird, wird derzeit (noch) wenig diskutiert. Außer bei den Anwohnern. Die der Gartenstraße (welch anheimelnder Name) sind derzeit schon schwer belastet, geht doch der komplette Verkehr des Hochseilgartens fürs Training des Selbstwertgefühls schon hier entlang, Parkplätze werden wild in die Wiese verlegt. Hartmann beschwichtigt: „Das Verkehrsaufkommen wird sich nicht spürbar erhöhen.“ Nun fasst der Verein „Bewahrt die Bergstadt“, dessen Mitglieder intensiv am 2009/10 gescheiterten Bürgerforum Mediationsverfahren Bergebiet teilgenommen hatten und die bereits überaus strapazierte Situation vor Ort am Besten kennen, zusammen.

Das Nichts-Tun gegen das Verkehrsaufkommen und weiter munter Genehmigungen erteilen sind seit Jahren gängige Praxis der starken Stadtverwaltung.

Verein Bewahrt die Bergstadt an Stadträte

Projekt einer Förderschule auf dem Grundstück des Josefsheims (Jakobsplatz 15) am Teufelsgraben

Sehr geehrte Frau Stadträtin, sehr geehrter Herr Stadtrat,

wie uns das Baureferat und das Bauordnungsamt der Stadt Bamberg bestätigten, liegt eine Bauvoranfrage der Salesianer Don Boscos vor. Das Don Bosco Jugendwerk (Gesamtleiter Emil Hartmann) möchte den Ort der bisherigen Bartolomeo-Garelli-Schule in der Hornthalstraße 35 verlegen und auf dem Gelände der Salesianer Don Boscos (Jakobsplatz 15) eine neue Förderschule für insgesamt etwa 100 Schülerinnen und Schüler bauen. Diese Bauvoranfrage geht derzeit auf dem Verwaltungsweg durch die zuständigen Abteilungen der Stadtverwaltung, wobei wir hörten, dass die meisten Sachverständigen aus den verschiedensten Gesichtspunkten heraus dem Projekt negativ gegenüberstehen.

Dennoch möchten wir nicht versäumen, aus der Sicht des Vereins „Bewahrt die Bergstadt“ und aus der Sicht der Bewohner im Berggebiet, von denen uns eine ganze Anzahl verärgert auf das Problem angesprochen hat, eine Stellungnahme abzugeben:

Das Anwesen Jakobsplatz 15 steht mit folgendem Text in der Bayerischen Denkmalliste: „Ehem. Stiftskurie, dann Haus zum Greifen und Oblei Nova Domus, später Lorberschlösschen, dann Knabenrettungsanstalt, heute St. Josephsheim und Kinderhort, im Kern aus drei Höfen bestehende Baugruppe, Haupthof, eine in vier Flügeln um einen Hof geschlossene, zweigeschossige Anlage, im Wesentlichen um 1715 als Vorstadtvilla ausgebaut, Hoffronten mit Fresken von Francesco Marchini, wohl um 1720/30, erneuert 1961 durch Anton Greiner, Kapelle mit Ausstattung, barock, im wesentlichen 1. Hälfte 18. Jh., Hausfigur hl. Joseph, bez. 1880; an der Südostecke anschließender zweiflügeliger, zweigeschossiger Wirtschaftsbau, 18. Jh., im Norden Rosengarten mit Einfriedung, 1719; im Süden Wirtschaftsgarten, mit Einfriedung, 18. Jh., im Westen Reste der Allee im Schlegelsgarten, 18. Jh.“
Es handelt sich also um ein außerordentlich wertvolles Baudenkmal, das nicht nur mit seinen Gebäuden, sondern auch mit seinen Freiräumen das Musterbeispiel einer vornehmen barocken Vorstadtvilla mit Grünflächen darstellt. Nach Süden gehören zu diesem Ensemble der Untere Hof und der Wirtschaftsgarten, der über zwei Terrassen abfällt. Eine zweihüftige Freitreppe mit Gusseisenbalustern und barocken Vasen aus Gusseisen verbindet den Unteren Hof mit dem Wirtschaftsgarten. Die südliche Abschlussmauer des Wirtschaftsgartens Richtung Teufelsgraben stammt noch aus dem 18. Jahrhundert.
Aus unserer Sicht ist es unter keinen Umständen zulässig, ein solch wertvolles Einzeldenkmal durch eine Baumaßnahme mitten im Denkmalbestand zu beinträchtigen. Die Gärten und Grünflächen gehören zu einer barocken Vorstadtvilla genauso selbstverständlich wie die Gebäude selbst. Für eine Welterbestadt wie Bamberg wäre die Teilzerstörung eines Einzeldenkmals undenkbar und unverantwortlich.

Dazu kommen weitere Probleme, welche der Bau der Schule mit sich bringen würde. Geplant ist offensichtlich ein Schulneubau für etwa 100 Schüler von der ersten bis zur neunten Klasse. Bei der Bartolomeo-Garelli-Schule handelt sich um eine private Schule zur Erziehungshilfe; sie besuchen „sehr verschlossene Kinder oder Kinder, die mit unkontrollierten Aggressionen oder Aufmerksamkeitsschwierigkeiten kämpfen“ (Aussage der Schule). Die in kleinen Klassen (bis maximal 10 Schüler) betreuten Kinder und Jugendlichen kommen aus der Stadt Bamberg und der Region. Sie müssten also zu der neuen Schule transportiert werden, was größte Probleme mit sich bringen würde. Wenn man – wie zu hören war auch nur teilweise – die Schüler mit Kleinbussen zur Schule bringen und von dort wieder abholen möchte, müssten die Busse entweder zum Jakobsplatz fahren, wo es jedoch keine Halte- und Wendemöglichkeiten für diese Busse gibt und der Platz zu den üblichen Zeiten von Schulbeginn und Schulende jetzt schon völlig überlastet ist. Die andere Möglichkeit wäre eine Zufahrt der Busse über Ziegelgasse, Gartenstraße und Teufelsgraben, wobei es sich hier um sehr enge Straßen handelt, die keinen Gegenverkehr zulassen. Die Busse müssten am Knöcklein ein- und ausfahren, wo es wegen der Schüler des Kaiser-Heinrich-Gymnasiums sowieso zu ständigen Staus kommt. Schon aus verkehrstechnischen Gründen ist der gewünschte Standort für die Schule unzumutbar und abzulehnen. Erst recht gäbe es Probleme in einem Katastrophenfall, etwa bei einem Brand, weil die Feuerwehr die Schule nur unter großen Schwierigkeiten erreichen könnte.

Schon vor Jahren hat das Klinikum am Michelsberg zu erheblichen Verkehrsbelastungen in dem sowieso schon viel zu engen Berggebiet geführt. Dazu kommen die vielen erzbischöflichen Behörden am Domberg und am Jakobsberg, die Altenheime (Bürgerspital, Antonistift, Walburgisheim, St. Klara-Heim) und die Schulen (Domschule, KHG, Fachakdemie für Sozialpädagogik), zu denen noch weitere Schulen angesiedelt wurden (Montessori-Schule, Private Wirtschaftsschule im Aufseesianum, Altenpflegeschule der Caritas). Im Berggebiet gibt es ferner Kindergärten und Horte (Kindergarten St. Michael, Kindergarten St. Elisabeth, Kinderkrippe St. Elisabeth, Internat der Salesianer mit Zirkus Giovanni und Hochseilgarten, Kinderhort Boscolino, das Aufseesianum mit Internat, Tages- und Hausaufgabenbetreuung), das Theater am Michelsberg, das  Hotel Bergschlösschen und das Hotel Altenburgblick, einige Restaurants und Cafés usw.

All das ist eingerichtet bzw. genehmigt worden, im Wissen um schon jetzt übermäßig in ihrer Lebensqualität beeinträchtigte Anwohner und ohne anzudenken, wie eine alternative, effektive und nachhaltige Erschließung mit den Verkehrsmitteln des Umwelt­verbundes erfolgen könnte.

2009/10 führte die Stadt mit großem Aufwand das Mediationsverfahren „Mobilität im Berggebiet – Lösung der Verkehrsprobleme“ durch, an dem fast 40 Bürger und Interessenvertreter in enger Zusammenarbeit mit ausgewiesenen Fachleuten intensiv diskutierten. Oberbürgermeister Starke sagte damals zu Recht: „Die Überlastung durch den motorisierten Individualverkehr verlangt nach einer Verkehrsreduzierung im Berggebiet“. Die Grundlage aller Diskussionen war die Erkenntnis, dass das Berggebiet durch die genannten Institutionen derart belastet ist, dass eine weitere Verdichtung durch zusätzliche Einrichtungen nicht mehr hingenommen werden kann. Diese Aussage hat erfreulicherweise auch sinngemäß Eingang in Parteiprogramme gefunden. Nun ist Gelegenheit, dies umzusetzen.
Obwohl auch das Stadtentwicklungskonzept (SEK) eine weitere Verdichtung und Verkehrsbelastung im Berggebiet ablehnt, ließ es der Stadtrat zu, dass sich die Verhältnisse in katastrophaler Weise immer noch verschlechtern. Trotz aller Beteuerungen, das Berggebiet in Zukunft zu verschonen, wurde die Einrichtung weiterer Institutionen genehmigt. Im Dezember 2011 beschloss der Stadtrat den Umzug der Musikschule in das ehemalige Propsteigebäude von St. Getreu. Damals versprach Bürgermeister Hipelius: „Auch der Stadt Bamberg ist daran gelegen, dass durch die Verlegung der Musikschule keine zusätzlichen verkehrlichen Belastungen auf die Anwohner zukommen“. Aber man hat bis heute nicht überzeugend geklärt, wie die vielen Schülerinnen und Schüler transportiert werden sollen, ohne dass es zu einem Verkehrskollaps kommt. Und neuerdings nahm der Südflügel des Abteigebäudes von St. Michael einige städtische Dienstellen auf, für die Parkplätze im Innenhof der ehemaligen Abtei geschaffen wurden – aber sonst fand wieder keine grundsätzliche Klärung der Verkehrsproblematik statt.

Bisher wurden alle diese Beschlüsse gefasst, ohne ernsthaft zu überlegen, wie man den ständig zunehmenden Verkehr bewältigen könne. Als letztes hat der Stadtrat grünes Licht gegeben für eine Parkpalette auf dem Gelände südlich von St. Getreu, so dass die Zahl der bestehenden Parkplätze gigantisch erweitert wird. Das bringt natürlich immer noch mehr Verkehr ins Berggebiet!
Ständig erleben wir Staus und stockenden Verkehr rings um so neuralgische Straßenkreuzungen wie beim Torschuster oder am Knöcklein. Wenn zu Stoßzeiten – wie so oft – wieder einmal alles verstopft ist, kann man nur hoffen, dass es dann zu keinem Brand oder zu einer anderen Katastrophe im Berggebiet kommt. Denn auch die Feuerwehr und die Polizei würden dann im Stau steckenbleiben.

Wir wollen Ihnen eindringlich zur Kenntnis geben, dass es uns mit der ständigen Nachverdichtung im Berggebiet und der Genehmigung weiterer Schulen bzw. Behörden endgültig reicht! Wir verlangen jenes Umdenken in Bezug auf das historisch unersetzliche und ungemein wertvolle Berggebiet, das zwar ständig versprochen, aber bislang nicht umgesetzt wurde. Ohne ein Verkehrskonzept, das den motorisierten Individualverkehr durch ein offensives konkurrenzfähiges ÖPNV- System in die unbedingt notwendigen Schranken weist, wird jede neue Einrichtung auf Widerstand stoßen. Die Empörung der Bürger wird immer lauter!

Wenn die Bartolomeo-Garelli-Schule wirklich einen Neubau benötigt, soll sie sich bitte nach anderen Orten umsehen. Es gibt schließlich in Kürze die Konversionsflächen im Nordosten der Stadt, wo beliebig viele Flächen und bereits hervorragend eingerichtete Schulräume zur Verfügung stehen werden.

Wir schreiben diesen Brief, weil wir das Berggebiet lieben und es als Denkmalensemble, aber auch als Wohngebiet für die Zukunft erhalten wollen. Wir hoffen sehr auf Ihr Verständnis und Ihren Einsatz gegen den Schulneubau! Dafür möchten wir uns schon im Voraus herzlich bei Ihnen bedanken.

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Parken am Berg: “Konzept” undurchsichtig, Anzahl der Parkplätze widersprüchlich / Protestaufruf: Wir werden überfahren / Auch der Verkehrsclub Deutschland lehnt die Parkierungsanlage am Michelsberg ab / Appell der Bürger: Bewahrt die Bergstadt! / Parken und Verkehr im Berggebiet / Verkehr macht Denkmäler kaputt, Teil IV: Bewahrt die Bergstadt! / Masterplan Innenstadt: Bürgerbeteiligung erwünscht oder nicht? / In Sicht: Schritte gegen das Verkehrschaos im Berggebiet / Berggebiet: Die Nase voll

Ein Gedanke zu „Noch mehr Verdichtung und Verkehr im Berggebiet? Es reicht!

  1. Es geht bei dem Vorhaben „Förderschule“ nicht nur um die Verkehrssituation, sondern auch um die Art und Weise wie das Heim geführt wird. Herr Hartmann ist ein begnadeter Selbstdarsteller, der es versteht, sich öffentlichkeitswirksam durch alle möglichen Initiativen – wie z.B. Klettergarten, Fähre, Weihnachtsmarkt – als Retter und Helfer benachteiligter Jugendlicher darzustellen und Geld einzusammeln.Dabei verliert er sein Kerngeschäft, nämlich den Erziehungsauftrag und die Mitarbeiterführung, aus den Augen. Wie sonst kann es sein, daß Nachbarn sich um unerträgliche Ruhestörung beklagen, Eigentum beschädigt wird, Passanten mit Steinen beworfen oder wüst beschimpft werden.Seitens der Erzieher bekommt man dann die lapidare Antwort, man solle sich an diePolizei wenden. Soll die es etwa richten wozu das Heim nicht in der Lage ist?
    Was will man dem ohnehin schon überlasteten Viertel eigentlich noch alles zumuten?

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