ERSTER SICHERER NACHWEIS DER WILDKATZE IM STEIGERWALD GELUNGEN!

Mitteilung von BUND Naturschutz

Wildkatze. Foto: BUND/T. Stephan

Die Suche war erfolgreich, nun herrscht Gewissheit: Die Wildkatze ist in den Steigerwald zurück gekehrt. Herzlich willkommen zu Hause!

Mehrere Aktive beteiligten sich dieses Jahr im Steigerwald an einer bundesweiten Wildkatzen-Inventur des BUND Naturschutz (BN) und des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Regelmäßig stapften sie auf Lockstock-Kontrollgängen durch den Wald und sammelten Haarproben ein. Dadurch konnte nun endlich der genetische Erstnachweis für die Rückkehr der Wildkatze in die Buchenwälder des Nordsteigerwalds erbracht werden.

Eine echte Europäerin erobert sich ihren Lebensraum zurück

Sie durchstreifte unsere Wälder schon lange bevor die Römer die ersten Hauskatzen aus Afrika mitbrachten, aber kaum einer bekommt sie je zu Gesicht: die europäische Wildkatze. Deutschlandweit wurde sie durch intensive Bejagung fast ausgerottet. Heute ist sie streng geschützt und kehrt langsam zurück in unsere Wälder. Jetzt gilt es, ihre Lebensräume zu schützen und die Gefährdung durch den Straßenverkehr zu minimieren. Auch die Ähnlichkeit mit der gestreiften Hauskatze wird leider so mancher Wildkatze zum Verhängnis. So fand 2007 der erste Nachweis in den Haßbergen durch eine auf der Jagd in den Staatsforsten erschossene Wildkatze statt.

Wiederansiedlungsprojekte und Zuwanderung

In Bayern galt die Wildkatze als gänzlich ausgestorben. In den 1980er Jahren startete der BUND eine Wiedereinbürgerungs-Aktion und setzte in mehreren geeigneten deutschen Waldgebieten Wildkatzen aus. Jahrzehntelang engagierte sich der BUND Naturschutz (BN) zusammen mit anderen Verbänden und Institutionen um die Wiedereinbürgerung der scheuen Waldbewohnerin in Bayern. Auch die Zuwanderung aus anderen deutschen Waldgebieten ist hier wieder im Gange. Ab und zu gab es deshalb in den letzten Jahren im Steigerwald Sichtmeldungen, die jedoch keine handfesten Beweise darstellten.

Die Wildkatze ist zurück im Steigerwald

Vor Ort im Steigerwald kümmern sich zahlreiche Förster und Naturschützer um die Rückkehr der wilden Ureinwohnerin und suchten lange nach einem genetischen Nachweis dafür. Einem Mitarbeiter des Forstbetriebes Ebrach, Ferdinand Kuhn, der dort ein Freiwilliges Ökologisches Jahr absolvierte, gelang nun der langersehnte genetische Erstnachweis! Genetisch sicher bestimmte Wildkatzenhaare wurden an drei Lockstöcken bei Ebrach, Michelau und südlich Sand am Main gefunden.

Die Untersuchung wurde dankenswerter Weise vom Forstbetrieb Ebrach, unter der Leitung von Ulrich Mergner, unterstützt. Der Forstbetrieb stellte Lockstöcke auf und sorgte für regelmäßige Betreuung. Außerdem wurden Fahrgenehmigungen für Mitarbeiter von BN und Freundeskreis Nationalpark Steigerwald zur Betreuung weiterer Lockstöcke erteilt. Im Rahmen des bundesweiten Projektes „Wildkatzensprung“ vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kontrollierten 2013 Ferdinand Kuhn vom Forstbetrieb Ebrach und Anton Bäuerlein, Martin Mößlein, Simone Peuleke sowie Ulla Reck vom BUND Naturschutz (BN) bzw. vom Freundeskreis Nationalpark Steigerwald 30 Lockstäbe im Nordsteigerwald.

Die Lockstockmethode – Katzen lieben Baldrian

Katzenliebhaber wissen es: die „kleinen Tiger“ werden bei Baldrian förmlich verrückt und reiben sich wie wild an der duftenden Stelle. Diese Vorliebe macht man sich zunutze: Eingekerbte Holzstäbe werden an geeigneten Stellen in den Waldboden gesteckt und mit Baldrian-Lösung besprüht. Reiben sich Wildkatzen daran, so bleiben im günstigsten Fall einige Haare eingeklemmt im Holz stecken. Diese Haare werden sorgfältig mit Pinzetten abgesammelt und im Labor untersucht. Auf diese Weise gelang jetzt der erste genetische Nachweis der „fränkischen Tiger“ im Steigerwald.

Das Projekt Wildkatzensprung

Mit dem Projekt „Wildkatzensprung“ setzt der BUND die Vision eines deutschlandweiten Waldverbundes zum Schutz von in Wäldern lebenden bedrohten Tierarten weiter um.

In den Jahren 2012 bis 2014 entstehen deutschlandweit fünf grüne Korridorverbindungen und eine Waldaufwertung, die Wildkatze & Co Schutz bei der Wanderung bieten und ihre Populationen sichern. Der parallele Aufbau einer deutschlandweiten Gendatenbank für die Wildkatze bis 2017 soll Aufschluss über Wanderbewegungen, Verwandtschaftsverhältnisse und den Grad der Isolierung der verschiedenen Populationen geben.

Der Wildkatzen-Gesamtbestand in Deutschland wird heute auf 5.000 – 7.000 Tiere geschätzt, in Bayern auf 100 bis 150.

Wertvolle Investition für den Artenschutz

Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) fördert das Projekt „Wildkatzensprung“ im Rahmen des Bundesprogramms „Biologische Vielfalt“ mit 3,8 Millionen Euro. Ergänzt durch Eigenmittel des BUND und andere Förderer stehen für die Umsetzung der Waldverbindungen und den Aufbau der Gendatenbank insgesamt 5,2 Millionen Euro zur Verfügung. In Bayern wurde die Erfassung zusätzlich vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit Mitteln aus der Jagdabgabe unterstützt. Der BN dankt allen Unterstützern für die finanzielle Förderung. Organisiert wurde das BUND-Projekt in Bayern vom BN-Artenschutzreferenten Kai Frobel und dem BN-Wildkatzenprojektteam mit Ulrike Geise, Sabine Jantschke und Jürgen Thein.

Besonders erfreulich sind die Ergebnisse aus Bayern

Auch an der Ländergrenze zu Baden-Württemberg wurden Wildkatzen nachgewiesen, eine wichtige Verbindung in Richtung der dort bereits bekannten Vorkommen. Zudem wurden in Bayern nicht nur die ausgewilderten Wildkatzen und ihre Nachkommen nachgewiesen – auch Wildkatzen aus Thüringen und Hessen sind offenbar nach Bayern eingewandert.

Erstnachweise in Bayern

In verschiedenen großen Waldgebieten Bayerns gelangen Erstnachweise. So konnten die scheuen Tiere im Steigerwald, im Nürnberger Reichswald und der Fränkischen Schweiz belegt werden. In den Hassbergen, im Spessart und in der Rhön wurden Funde der letzten Jahre bestätigt. In den genannten Regionen galt die bedrohte Art lange Zeit als nicht mehr vorkommend. In den Haßbergen konnten jetzt sogar Jungtiere beim Spielen beobachtet und gefilmt werden. Die Analysen erlauben eine Schätzung von 100 bis 150 Tieren für Bayern. Ralf Straußberger, Waldreferent des BN, ist hoch erfreut über die Ergebnisse der aktuellen Untersuchung: „Die Neufunde der Wildkatze im Nordsteigerwald belegen das große Potential, das die Staatswälder für einen Nationalpark besitzen, weil sie in einem großfächigem Schutzgebiet am besten geschützt wären“. Nach einer Studie der Universität Stuttgart ist der Steigerwald in Bayern der am wenigsten zerschnittene Naturraum außerhalb der Alpen.

Jetzt heißt es dran bleiben

„Wir freuen uns darüber, dass die Wildkatze ihre alten Lebensräume allmählich wieder zurückerobert – das ist ein großer Erfolg, der nicht zuletzt auf aktive Naturschutzmaßnahmen zurück zu führen ist“, meint Prof. Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) in einer Pressemitteilung des BfN. „Daher dürfen wir auch nicht nachlassen darin, störungsarme Wälder und unzerschnittene Räume zu erhalten und zu schaffen. Diese müssen die Wildkatzen über Korridore erreichen können“, so BfN-Präsidentin Jessel.

Mehr Raum für wilde Tiere

Die anhaltende Zerstörung und Zerschneidung ihrer natürlichen Lebensräume machen den Wildkatzen hierzulande das (Über)Leben schwer. Für eine stabile Wildkatzenbevölkerung sind große naturnahe Waldflächen nötig. Nur hier finden genügend viele Katzen Platz und Nahrung. Sind die Flächen zu klein, können Krankheiten den ganzen regionalen Bestand einfach ausrotten.

Nationalparke für den Artenschutz

Einigen Arten ist es gelungen, sich an den „Lebensraum Wirtschaftswald“ anzupassen, andere sind daran gescheitert. Eines steht fest: kein Wirtschaftswald kann den nutzungsfreien Original-Lebensraum ersetzen. Neben den Wildkatzen profitieren viele andere Tierarten von großen nutzungsfreien Waldflächen. Deshalb wird deutschlandweit der Ruf nach mehr Nationalparken immer lauter. Die wertvollen Buchenwälder im Nordsteigerwald könnten sich in Form eines Nationalparks zu einem Refugium für viele bedrohte Arten entwickeln.