Nun öffentliches „Hearing“ zu den Veranstaltungen in der Innenstadt

Grüner Markt, 1970er Jahre

Eigentlich sollte das „Hearing“ nur Ausgewählten vorbehalten sein. Gezielt wurden Interessensvertreter eingeladen. Nach mehreren Beschwerden von Seiten der Anwohner in der vergangenen Woche, ob des Auswahlverfahrens als Betroffene nicht dabei sein zu können, hat ein Sinneswandel eingesetzt. Die Stadt hat nun kurzfristig beschlossen, das „Hearing“ für alle Interessierte zu öffnen. Wenige Stunden vor Beginn. Nun wird wohl der Ablauf des „Hearings“ sinnvoll daran angepasst werden müssen. Man darf gespannt sein. Laut Pressemitteilung von Heute, Montag, 4. November, sind nun alle interessierten Bürgerinnen und Bürger herzlich eingeladen daran teilzunehmen am Dienstag, 5. November 2013 um 18 Uhr, im Spiegelsaal der Harmonie, Schillerplatz 7

Christiane Hartleitner

Die Innenstadt ist zentraler Ort des öffentlichen und privaten Raums: Hier wohnen Familien mit Jung und Alt. Ärzte, Selbständige, Angestellte, Schüler und Studenten, Alte und Gebrechliche ziehen ebenfalls ihre Kreise. Man trifft sich, tauscht sich aus, geht seinen Geschäften nach. Dass allein Verkehr und Parken der Qualität dieses öffentlichen Raums nicht gerecht wird, war eine Erkenntnis, die zur Aufwertung führte. Bilder großflächiger Parkplätze – vom Maxplatz und auch vom Grünen Markt gibt es solche – erzeugen heute ein Kopfschütteln. Die Einrichtung von Fußgängerzonen war die Folge des Wunsches nach urbanem Leben, an dem jeder teilhaben sollte.

Die dabei wieder erstandenen Plätze sind beliebte Treffpunkte mannigfaltigen gesellschaftlichen Lebens. Wer hier lebt, seine Kinder großzieht, den zieht es mitten in das Leben. Unser Welterbe ist nicht zuletzt Erbe, weil eben hier ein Leben über viele Generationen gut möglich ist, Menschen ihre Häuser für die nächste Generation immer wieder herrichten.

Gegenwärtig haben wir ein Problem: Seit wenigen Jahren hat sich eine Gruppe dem Ziel versprochen, eben jenen öffentlichen Raum „zu beleben“, zusätzlichen Umsatz zu machen, mehr Geld zu verdienen. Regelmäßig werden Bühnen mit elektrischen Verstärkern aufgebaut, stetig mehr, die Abstände der Auf- und Abbauten werden immer kürzer, dafür die Lautstärkeregler immer weiter aufgedreht. Der Druck wird größer – künstlich erzeugt. Ob tatsächlich bei Events der Umsatz der Geschäfte steigt, ist fraglich und nicht belegt.

Der öffentliche Raum wird einem Druck ausgesetzt, dem er nicht gewachsen ist. Und dem weder die Bewohner noch die Einzelhändler gewachsen sind. Die Beschwerden über die Jahre zeugen hiervon. Es gibt einen Unterschied zwischen „Hier pulsiert das Leben“ und „Hier steppt der Bär“. Wo stets der Bär steppt, kann keiner leben, studieren und arbeiten. Eine Aussage wie „Wem es zu laut ist, kann ja wegziehen“ ist nicht nur egozentrisch, sondern auch noch dumm und kurzsichtig.

Die Tage steht ein „Hearing“ an, das sich um einen Ausgleich der Interessen bemühen soll. Dass nicht das Ordnungsamt um die Ausrichtung dieses Zusammenkommens verantwortlich zeichnet, ist bedauerlich. Denn das Ordnungsamt ist von Amts wegen für das Prozedere von Veranstaltungen zuständig, kennt die Probleme, hat diese über die Jahre begleitet und analysiert. Oberbürgermeister Starke beauftragte die städtische Wirtschaftsförderung mit der Ausrichtung des „Hearings“. Das Ordnungsamt ist nicht federführend bei dieser Veranstaltung, sondern ebenfalls geladener Gast. Anwohner wurden zunächst nach einem Auswahlverfahren geladen, der Grad der Betroffenheit zählte nicht zu den Auswahlkriterien sondern das Zufallsprinzip.

Es gibt wohl keine Wohnung, die näher an eine der Bühnen liegt, als die meine. Dem Gabelmann kann ich von meinem Wohnzimmerfenster fast das Nackenhaar kraulen. Selbst auf Wunsch wurde ich nicht geladen – bis heute. Bislang hatte ich kein „Losglück“. Bei keiner der Umfragen, ob telefonisch oder im Gespräch auf der Straße, zählt meine Erfahrung. Das ist bedauerlich, wenn man eigentlich das Gespräch mit den Betroffenen sucht. Nach mehreren Beschwerden von Seiten der Anwohner in der vergangenen Woche, ob des Auswahlverfahrens als Betroffene nicht dabei sein zu können, hat ein Sinneswandel eingesetzt. Die Stadt hat kurzfristig beschlossen, das „Hearing“ für alle Interessierte zu öffnen. Wenige Stunden vor Beginn. Nun wird wohl der Ablauf des „Hearings“ sinnvoll daran angepasst werden müssen. Man darf gespannt sein.

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Veranstaltungen in der Innenstadt – Stadtrat beschließt mehr Aufgaben für die Verwaltung und für die Betroffenen

2 Gedanken zu „Nun öffentliches „Hearing“ zu den Veranstaltungen in der Innenstadt

  1. Ich hoffe aufrichtig, daß die Äußerungen, die die Betroffenen an dem Abend vorbringen werden, hinterher nicht nur dokumentiert werden nach dem Motto „wir haben ja alle eingeladen, umsetzen müssen wir die Vorschläge ja nicht auch noch“.
    Ich wünsche mir, daß die Aufgaben einer Stadt wieder differenzierter gesehen werden, nicht nur Stadt als öffentlicher Raum, der dem Kommerz dient, sondern als Ort des (Familien-)Lebens, des sich Begegnens auch ganz ohne Events und Shoppen rund um die Uhr. Vieles davon ist nur Zeitvertreib. Und: „Zeit vertreiben“? Man vertreibt doch nur, was einem lästig ist! Wer wollte das. Ist man nicht froh, wenn sie einem gegeben ist, ohne Hast, sondern für gute Zeit mit einem wohlgesinnten Menschen oder auch mal mit etwas weniger Trubel. Dazu wäre ein Stadt-Raum mit etwas weniger des Vielen auch nicht schlecht.

    • Tja – schön wäre es und wünschenswert obendrein.
      Jedoch wird der Tanz ums goldene Kalb gewinnen.
      In diesem Sinne

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