Stephanskirche zeigt Meisterwerk des Stummfilms mit Live-Musik / Die Passion der Jeanne d’Arc von Carl Theodor Dreyer

Mitteilung aus dem Ev.-Luth. Dekanat Bamberg

La passion de Jeanne d'Arc

Am Samstag, den 19. Oktober 2013, kommen Filmbegeisterte in der Bamberger Stephanskirche auf ihre Kosten: Um 20 Uhr zeigt die Stephansgemeinde in Zusammenarbeit mit dem Odeon- und Lichtspielkino den Stummfilm Die Passion der Jeanne d’Arc aus dem Jahr 1928. Der dänische Regisseur Carl Theodor Dreyer schuf mit diesem Film eine völlig eigenständige künstlerische Version des Prozesses gegen Jeanne, die als „Jungfrau von Orleans“ im Jahr 1431 als 19-Jährige hingerichtet wurde. Dabei gelang dem Regisseur ein Werk von enormer Eindrücklichkeit, das von Kennern bis heute als einer der besten Filme aller Zeiten angesehen wird.

Der Film galt für ein halbes Jahrhundert als verschollen und ist erst seit etwa 15 Jahren wieder in seiner Langfassung zugänglich. In der Stephanskirche bietet sich nun eine der raren Gelegenheiten, dieses Meisterwerk der Filmgeschichte mit Live-Musik zu sehen. Die Begleitung übernehmen Ingrid Kasper an der Orgel und Otfried Sperl am Klavier. Pfarrer Dr. Hans-Helmuth Schneider wird zu Beginn der Vorstellung eine Einführung geben.

Der Eintritt an der Abendkasse beträgt 10,- Euro, ermäßigt 6,- Euro.

Ausführlichere Informationen zum Film von Pfarrer Dr. Hans-Helmuth Schneider:

Jeanne d‘Arc, die „Jungfrau von Orleans“, ist ein Phänomen der europäischen Geschichte. Shakespeare und Schiller, Shaw und Brecht, Verdi und Tschaikowskij haben sie auf verschiedenartige Weise in ihren Werken verewigt. Das größte und beeindruckendste Kunstwerk, das sich auf ihr Leben bezieht, ist jedoch ein Stummfilm: Carl Theodor Dreyers „La passion de Jeanne d‘Arc“, der 1928 seine Uraufführung hatte.

Und auch Dreyers „Passion der Jeanne d‘Arc“ ist ein Phänomen der Filmgeschichte. Seit vielen Jahrzehnten zählt ihn das British Film Institute zu den zehn besten Filmen aller Zeiten. Noch im Jahr 2010 wurde er auf dem Filmfestival von Toronto zum „einflussreichsten Film aller Zeiten“ erklärt. Es ist ein Film, der jeden Superlativ rechtfertigt. Dass er trotz allem weitgehend unbekannt ist, liegt daran, dass er für viele Jahrzehnte als verloren galt; erst nach der Wiederentdeckung einer langen Kopie konnte er in den 1990er Jahren restauriert werden.

Jeanne d’Arc war ein Bauernmädchen, das auf Grund von Visionen, die sie seit ihrem 13. Lebensjahr hatte, auf der Seite Frankreichs in den Hundertjährigen Krieg eingriff. Nach einiger Zeit wurde sie verraten und ausgeliefert. Der Bischof von Beauvais machte ihr unter englischem Druck einen Prozess, der zu ihrer Hinrichtung führte. Im Jahr 1431 wurde sie, selbst 19-jährig, in Rouen auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Im Jahr 1456 wurde das Urteil gegen sie wieder aufgehoben. Sie stieg zur Nationalheldin Frankreichs auf und wird seit 1920 in der katholischen Kirche als Heilige verehrt.

Carl Theodor Dreyer (1889 – 1968) hat in seinem Film ausschließlich Zitate aus den originalen Prozessakten verwendet. Er stellt einige Wendungen des Prozessverlaufs aus den letzten Tagen vor Jeannes Hinrichtung dar. Es ging ihm dabei jedoch nicht in erster Linie um historische Authentizität, sondern um, wie er selbst sagte, „das innere Drama der menschlichen Seelen“. Was seinen Film am meisten auszeichnet, ist, dass in ihm tatsächlich die Gesichter zum Spiegel der Seele werden. Dreyers Film ist dadurch zu einer einzigartigen künstlerischen Leistung geworden. Er hat Anlass zu vielen ästhetischen und theologischen Diskussionen gegeben, etwa um die Frage, ob er einen „protestantischen“ Stil des Filmemachens erfunden hätte: eine Art des Filmemachens, in der hinter nahezu asketischen Bildern das Transzendente zum Vorschein kommt. Die Parallelen der Leidensgeschichte Jeannes zur Leidensgeschichte Jesu sind dabei nur ein Aspekt unter vielen.

Ich freue mich sehr, dass es in Zusammenarbeit mit dem Odeon- und Lichtspiel-Kino möglich geworden ist, diesen außergewöhnlichen Film mit Live-Musik in der Stephanskirche aufzuführen. Für die musikalische Begleitung sorgen Otfried Sperl am Klavier und Ingrid Kasper an der Orgel. Vor der Vorführung wird es eine Einführung in den Film geben.

Die Aufführung des Films fügt sich auch ein in das diesjährige Motto „Reformation und Toleranz“ der Evangelische Landeskirche, das auf das Reformationsjubiläum 2017 vorbereiten soll.