City Schecks – eine Erfolgsgeschichte vor allem für den Säckel des Stadtmarketings

 Redaktion

City schecks in der Kasse. Foto: Erich Weiß

„City schecks“ (ehemals „Schecks in the city“ – eine Namensänderung musste auf Nachdruck einer Anwaltskanzlei erfolgen, die Ähnlichkeit zur Fernseh-Serie „Sex in the City“ war zu offensichtlich) gibt es seit 2005 und werden als Bamberger Einkaufsgutschein vom Stadtmarketing beworben. Kaufkraftbindung und Kundenfreundlichkeit sei das Ziel. Für 10 € kann solch ein Gutschein erworben und in vielen Geschäften eingelöst werden. Mittlerweile kann man den Gutschein u.a. auch bei Anwaltskanzleien, Sexshops und Personalberater einlösen.

Im Februar 2005 kam eine Erstauflage von 10.000 Stück auf den Markt. Im Juli desselben Jahres folgte die zweite Auflage mit weiteren 10.000 „Schexs in the City“. Die dritte Auflage folgte dann im Sommer 2006. Auch die Anzahl der teilnehmenden Geschäfte hat sich signifikant erhöht. Waren es zum Start der Aktion noch 204 Unternehmen, ist ihre Zahl bis November 2006 auf 300 angewachsen. Im selben Zeitraum wurden 80.000 „Schexs“, was 800.000 Euro entspricht, verkauft. Davon wurden 53.000 Einkaufsgutscheine bereits eingelöst. Zeitungsberichten zufolge habe die „Erfolgsgeschichte“ dem Einzelhandel der Innenstadt bis dahin 1 Million € Umsatz beschert. Dass sich das Stadtmarketing dabei nicht nur auf die Innenstadt beschränkt, sondern auch Geschäfte über den Stadtrand Bambergs hinaus bis nach Hallstadt beteiligt, ist eine erfreuliche Ausweitung des Citybegriffs.

Eine Erfolgsgeschichte? Tatsächlich?

Hätte die Omi, die dem Enkel zur Kommunion solche Schecks schenkt, sonst nichts geschenkt? Kein Bargeld? Nun gut, er bekommt keinen Schlafanzug mehr, der ihm nicht gefällt. Bekommt er allerdings das heißersehnte Wunschgeschenk (CD, Buch, Spiel, Sportschuh, coole Socken o.ä.) nicht bei den teilnehmenden Geschäften, tauscht er vielleicht mit seiner Tante, Scheck gegen Bargeld. Dann darf die Tante für den Umsatz sorgen. Doch die viel spannendere Frage ist doch:

Was hat das Stadtmarketing davon?

In aller Regel sammelt der Geschäftsinhaber die Gutscheine, geht zum Stadtmarketing und erhält pro Plastik 9,50 €. Das Stadtmarketing hat die Gestaltung der Karten und das Pressen der Plastikkarten übernommen – aber ein kaufmännisches Risiko und einen Einsatz zur Warenherstellung? Nein. Doch mal nachgerechnet: 5 % des Umsatzes mittels dieses Papiers geht an das Stadtmarketing. Für einen Laden, der kleine Brötchen backt, ein echtes Verlustgeschäft. Mittlerweile soll es Geschäftsinhaber geben, die den Gutschein nicht in die Obere Königstraße 1 tragen, wo das Stadtmarketing sein Büro hat, sondern den Scheck lieber Kollegen von Nachbargeschäften unterschiebt. Den Scheck selbst gegen Bargeld tauscht und beim Nachbargeschäft shoppen geht – damit der dann den 5 %-Verlust verbuchen muss.

Alltagstauglich für den Einkauf sind die Schecks nicht sonderlich. Denn als Scheckinhaber sollte man mindestens 10 Euro im Laden lassen. Maximal 10 ct geben die Geschäftsleute verständlicherweise als Wechselgeld zurück, sonst wird’s schnell ein Verlustgeschäft für den Ladenbesitzer.

Der Umsatz der Schecks lag bis 2007 bei 1 Million €, das heißt satte 50.000 € Einnahmen in zwei Jahren für das Stadtmarketing. Nach Berichten im Januar 2013 hat der Umsatz allein in 2012 bei 1 Million € gelegen, das heißt nochmal satte 50.000 € Einnahmen für das Stadtmarketing – in einem Jahr.

Neben den erklecklichen Einnahmen mit dem Stück Plastik treibt das Stadtmarketing den Umsatz mit demselben kräftig an. Während der eigenen Veranstaltungen benötigt das Stadtmarketing immer wieder Unterstützung von Schülern und Studenten, die einfache Dienste leisten – und die werden nach unseren Informationen in City Schecks bezahlt. Demnach arbeiten sie in der Regel zwei Stunden für ein Plastikkärtchen, das sie dann in den Handel bringen und diesem 5 % Verlust, aber dem Stadtmarketing wiederum höhere Einnahmen bescheren. Alles legal.

Gutschein-Geld-Modelle mit einem Konzept, das den Geldfluss innerhalb einer Stadt/Region zum Wohl der einheimischen Wirtschaft befördert und zusätzlich die heimische Kultur unterstützt, ist das länger bekannte Regionalgeld.

Es gibt Regiogelder – Idee und Umsetzung

Chiemgauer-Fächer. Foto: Christian Gelleri (CC BY-SA 2.0 DE)

Der Chiemgauer dürfte das bekannteste Beispiel für echtes Regiogeld sein. Der BR zeigte erst jüngst, wie das Regiogeld funktioniert: Money or nothing? Er wurde im Januar 2003 durch ein Schülerprojekt der 10. Klasse der Waldorfschule Chiemgau in Prien gestartet und löste sich aufgrund des dynamischen Wachstums der Initiative im Sommer 2005 von der Waldorfschule. Die wirtschaftliche Abwicklung obliegt seit 2008 der Sozialgenossenschaft Regios eG, ideeller Träger ist der Chiemgauer e.V. mit 3.000 Mitgliedern, darunter 600 Unternehmen und 250 gemeinnützige Vereine aus der Region.

Das Ziel des Chiemgauer Regiogelds ist die Stärkung und Bildung regionaler Wirtschaftskreisläufe und die Förderung gemeinnütziger Vereine in der Region. Das Chiemgauer Regiogeld gibt es als Gutscheinsystem und in bargeldloser Form, dem elektronischen Chiemgauer. Die Chiemgauer-Initiative kooperiert bei der Kontoführung und der Zahlungsabwicklung mit regionalen und ethisch-ökologisch orientierten Banken. Der Geldkreislauf (Kunde kauft beim Händler – Händler zahlt Lieferanten, Vermieter oder Angestellte – diese investieren das Geld wieder vor Ort) soll geschlossen werden. Die Mitgliedschaft in einem Trägerverein dient zur rechtlichen Abgrenzung gegenüber dem gesetzlichen Zahlungsmittel und zur Anwendung der vereinsinternen Regeln. Die Idee dahinter ist eine direktdemokratische Selbstverwaltung der Initiative.

Wie geht’s? Chiemgauer können mit einem Wert von 1:1 gegen Euro eingetauscht werden. Prinzipiell können teilnehmende Unternehmen den Chiemgauer gegen eine Gebühr in Höhe von 5 % („Regionalbeitrag“) in Euro zurücktauschen. Von den 5 % gehen 60 % an einen gemeinnützigen Verein. Welcher Verein gefördert wird, bestimmt derjenige, der Euro in Regiogeld einwechselt. Die verbleibenden 40 % dienen der Kostendeckung des Herausgebers.

Geld muss im Fluss bleiben. Als Umlaufimpuls behalten die Chiemgauer auch nur 3 Monate ihre Gültigkeit, außer man lässt sie mit einer Zusatzmarke (2 % des Wertes) verlängern, nach 4 Jahren verlieren sie ihren Wert. Der Chiemgauer ist vier Mal schneller als der EURO. Außerdem bleibt das Geld in der Region.  Der Umsatz des Chiemgauers belief sich in 2009 auf 4 Mio. Euro. Das jährliche Wachstum von 2008 auf 2009 lag bei 21 %. Damit ist der Chiemgauer das derzeit größte Regiogeld-System im deutschsprachigen Raum und eine der erfolgreichsten Komplementärwährungen der Welt.

Doch nicht nur das. Der Chiemgauer formuliert eine Antwort auf die Frage: Wie wollen wir leben? Der Verbraucher bestimmt mit seinem Umsatz, welche Vereine gefördert werden und wie sich die Region verändert. Die Währung entfaltet eine zusätzliche Wirkung.