The horror! The horror! Die Monsterpoeme Nora Gomringers laden ein zu einem dreifachen Horrortrip: im Gedicht, auf CD und via sie begleitender Illustrationen, die zudem als Postkartenserie zu haben sind.

P

Sylvia und Norman teilen sich ein Zimmer in einer großen ame-
rikanischen Stadt. Sie backt, und manchmal – übermannt von
Traurigkeit – steckt sie den Kopf gleich mit in die Röhre.
Norman trägt ihre Kleider, während sie auf der Geschlossenen
nicht recht gesund werden will. Sie lernt einen Veteranen
kennen – der Krieg ist erst zehn Jahre her –, der ihr von
Deutschland erzählt. Sie weint und weint. Wenn Norman sie
besucht und sie sich wie ein Ehepaar verhalten, sieht sie,
dass er sich in ihrem Bikini gesonnt hat. Sie sagt nichts
dazu. In Sylvias Abwesenheit beginnt Norman, die Wohnung um-
zugestalten und Besuch zu empfangen. Er hat Vorlieben, die
er gerne mit schreckhaften Frauen teilt. Oft denkt er, dass,
wäre sein Leben ein Film, er nur einen Teil haben könnte.
Sylvia reicht die Scheidung ein, als sie in den Schränken
Schuhe findet, die eindeutig getragen, aber nicht ihre sind.
Er sagt, die hätten seiner Mutter gehört. Mit denen wäre
sie seinem Vater davongelaufen. Sylvia weint und schreibt.
Norman zieht in ein großes Haus am anderen Ende des Landes.

Die Schuhe hat er mitgenommen.

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