Aussegnungshalle: Wandbehang von Kettmann in neuem Glanz

Wandteppich von Alfred Kettmann. Foto: Erich Weiß

Am 17. März wäre Alfred Heinz Kettmann 100 Jahre alt geworden. Der im Dezember 2010 verstorbene Bamberger Künstler gilt als einer der renommiertesten Grafiker der Region. Seinen Nachlass vertraute er der Staatsbibliothek Bamberg an. Die zeigte heuer im März und April einen Einblick in dessen Druckgrafik, Zeichnungen und Malerei.

Im September hat die Bamberger Textilrestauratorin Claudia Entschladen den großen Wandteppich in der Bamberger Aussegnungshalle gereinigt und überraschenderweise festgestellt, dass der Wandbehang auf einen Entwurf Kettmanns zurückgeht.

Claudia Entschladen

Wandbehang in neuem Glanz

Wandteppich von Alfred Kettmann. Foto: Erich Weiß

Der Wandbehang in der Aussegnungshalle des Bamberger Friedhofs, 1966 nach einem Entwurf des Bamberger Graphikers und Malers Alfred Heinz Kettmann (1912–2010) in Handarbeit genäht, erstrahlt seit kurzem in neuem Glanz.

Der damalige Stadtrat hatte Kettmanns Entwurf favorisiert, weil er „auf der Vorstellung basiert, dass letztlich die keimende Kraft des Lebens über die Vergänglichkeit obsiege.“ (FT 1965, Nr. 156, S. 14)

Mit der Ausführung des dann 10 x 4 Meter großen Kunstwerks aus verschieden farbigem  Leinengewebe wurden die Schwestern des Heilig-Grab-Klosters beauftragt.

Wandteppich von Alfred Kettmann. Foto: Erich Weiß

Die Farbigkeit sorgte damals an einem Ort der Trauer für Aufsehen. Der bunte Wandbehang als einziger Raumschmuck und Bestandteil des architektonischen Raumkonzepts einer „tröstlichen großen Helligkeit“ war in den Augen der Bevölkerung zu stark. Ein Weniger an Farben wäre vielleicht gut gewesen, schrieb der FT nach der Einweihung. (FT 1966, Nr. 252, S. 16)

Wandteppich von Alfred Kettmann. Foto: Erich Weiß

Seither ist fast ein halbes Jahrhundert vergangen. Unter dem einfallenden Licht hat die beeindruckende Farbigkeit stark gelitten. Besonders das wunderschöne Hellblau auf der Vorderseite ist nahezu ganz verblichen. Ein grauer Schleier aus Staub und Ruß hatte sich auf der Oberfläche abgelagert. Außerdem ist ein starker Faserabrieb festzustellen. Das seinerzeit verwendete farbige Nähgarn ist so spröde geworden, dass es an Stellen mit größerer Zugbelastung bereits gerissen war. Einige Nähte waren stellenweise offen.

Eine Restaurierung war also dringend erforderlich, nicht nur um das Werk als Zeitdokument zu erhalten. Auch die Wahrnehmung hat sich geändert. Was damals als unpassend verurteilt wurde, erscheint heute in einem anderen Licht. Die Trost spendende Kraft dieses besonderen Kunstwerks sollte sich wieder voll entfalten können.

So wurde ich im Sommer diesen Jahres als in Bamberg ansässige Textilrestauratorin vom Denkmalamt der Stadt mit der Reinigung beauftragt. Im Korb einer Scherenbühne konnte ich ganz nah an den Wandbehang heranfahren und so Quadratmeter für Quadratmeter aus nächster Nähe in Augenschein nehmen. Um das Werk nicht mehr als nötig zu strapazieren, wurde in mühevoller Kleinarbeit die Restaurierung an Ort und Stelle vorgenommen. Der Wandbehang konnte erfolgreich von Staub und Ruß befreit werden.

Danach wurde die Farbigkeit begutachtet. Es zeigte sich, dass die umgeschlagenen, also vor Licht geschützten Kanten der Farbfelder eine deutlich kräftigere Farbigkeit bewahrt haben als der sichtbare Teil des Wandbehangs. Zudem entdeckte ich als Erfahrene im Umgang mit Textilien das dominikanische Lilienwappen mit der aufgestickten Jahreszahl „1966“ und dem Namen „A. H. Kettmann“ auf der Rückseite des Behangs.

Das Kunstwerk in seiner Farbigkeit bei einer Restaurierung völlig in den ursprünglichen Zustand zu versetzen, ist leider nicht möglich.

Die Folge des Lichteinfalls, also ein Weniger an Farbigkeit, muss in Kauf genommen werden. Jedoch wäre es grundfalsch, diesen Prozess des Ausbleichens in den kommenden Jahren und Jahrzehnten mehr als unumgänglich in Kauf zu nehmen. Das Anbringen eines Lichtschutzes in der Aussegungshalle außerhalb der Nutzungszeiten seitens der Stadt Bamberg wäre deshalb dringend erforderlich, um die noch verbliebene, unersetzliche Farbigkeit des Wandbehangs zu erhalten, der zum Raumkonzept der denkmalgeschützten Aussegnungshalle gehört. So würden die Trauenden die keimende Kraft des Lebens, die sich tröstend beim Anblick des Wandbehangs ergibt, noch länger erleben können.

Wer das Werk und seine gelungene Restaurierung selbst in Augenschein nehmen möchte, hat dazu jeweils im Anschluss an Aussegungsfeierlichkeiten Gelegenheit.