Präsidiales Gemüse: Was kommt bei den Obamas auf den Tisch?

Der berühmteste Gemüsegarten der Welt liegt im Stadtzentrum von Washington, D.C. Anlässlich der morgigen Präsidentschaftswahlen in den USA baten wir unseren Korrespondenten Rady Martini um einen Bericht.

Rady Martini

Präsidiales Gemüse: Was kommt bei den Obamas auf den Tisch?

Ein Gemüsegarten in Washington, D.C., kleiner als das Flurstück einer Bamberger Gärtnerfamilie: warum spricht die ganze Welt davon? Nun, es ist nicht ein beliebiger Garten. Es ist der „First Kitchen Garden“ der amerikanischen „First Lady“ Michelle Obama, er liegt im Park des Weißen Hauses und sein symbolischer Wert könnte gar nicht größer sein.

Der Park des Weißen Hauses in Washington, umgeben von einem Eisenzaun. Foto: Rady Martini

Geht man südlich um den weitläufigen Park, der das Weiße Haus umgibt, fällt gleich auf, dass neben den großen alten Bäumen noch etwas anderes darin wächst. Etwas, das so gar nicht in die gepflegte Parklandschaft zu passen scheint. Zwischen den Eisenstangen des Zauns hindurch blickt man auf einen Gemüsegarten. Im Sommer wuchsen dort Maispflanzen in die Höhe, Bohnenstangen waren zu sehen, auf dem Boden lagen dicke orangene Kürbisse. Ganz in der Nähe standen die Stöcke der „First Bees“, der ersten Bienen im Staat. Sie beflogen die Obst- und Gemüseblüten und produzierten echten lokalen Washingtoner Honig.

Als Barack Obama im Januar 2009 zum 44. Präsidenten der USA gewählt worden war, zog die Familie mit den beiden kleinen Töchtern nach Washington. Wie alle Präsidentenfamilien vor ihnen wohnen sie im Obergeschoß des Weißen Hauses. Der Präsident als „commander-in-chief“ hat seine Büros im Westflügel, die Präsidentengattin als „mother-in-chief“ ihre im Ostflügel. Von hier aus plante sie die Anlage dieses Küchengartens.

Und sie begann sofort. Schon im März 2009 lud Michelle Obama Schülerinnen und Schüler einer benachbarten Washingtoner Grundschule ein, gemeinsam mit ihr den Rasen umzugraben, Beete anzulegen, kleine Pflanzen zu setzen und Saat auszubringen. Im Sommer konnte die erste Ernte eingefahren werden (Bilder sehen Sie hier). Seit dieser ersten Saison gedieh hier alles mögliche: Himbeeren, Stachelbeeren, Erdbeeren, Rhabarber und Melonen; Weißkohl, Rotkohl, Rosenkohl, Blumenkohl, Brokkoli, Kürbisse, Kohlrabi, Fenchel, Möhren und Süßkartoffeln, Mangold, Spinat, Rauke und verschiedene Salate, Bohnen, Tomaten, Gurken, Aubergine und Paprika, Mais, Knoblauch und Zwiebeln; Lavendel, Pfefferminze, Thymian, Oregano, Salbei, Rosmarin, Ysop, Kamille, Majoran und Basilikum.

„The White House Kitchen Garden“ im Süden des Parks. Foto: Rady Martini

Michelle Obamas Küchengarten ist nur 100 qm groß, aber weil es ja auch nie darum ging, eine Familie zu ernähren, reichte das völlig aus. Es ging ihr darum, die amerikanische Nation mit neuen Ideen zu versorgen, mit der Einsicht, dass gesündere Ernährung die Gesundheit erhält und dass es eigentlich ganz einfach ist, sich darum selbst zu bemühen. Auch um mehr Bewegung geht es ihr, sie will deutlich machen, dass Kinder spielend oder Sport treibend an die frische Luft gehören und nicht, wie in den USA üblich, durchschnittlich 7,5 Stunden täglich vor einen Bildschirm.

Michelle Obama als Gärtnerin

Seit dem ersten Spatenstich entstanden viele Fotos von glücklichen Kindern, die gemeinsam den Boden hacken, Süßkartoffeln ernten oder in der Pause die Pizza essen, die der Küchenchef des Weißen Hauses mit Tomaten aus dem Garten belegt hat (hier). Das Fernsehen berichtete, die Zeitungen schrieben und Michelle Obama war in vielen Talk-Shows zu Gast. Präsidiales Gemüse wurde an eine Washingtoner Suppenküche gespendet und Michelle Obama war höchstpersönlich zur Stelle, um die Suppe an Bedürftige auszugeben. Sogar die ausländischen Staatsgäste, die im Weißen Haus zu Staatsbanketts geladen waren, erreichten die Bohnen und damit auch die Botschaft vom besseren Weg zu leben, denn die Küchenchefs des Weißen Hauses verarbeiteten sie bei Staatsbanketts und sicher war das auch Thema bei Tisch. Auf Auslandsreisen, so berichtete Michelle Obama bereits im Sommer 2009, wurde sie jedenfalls immer wieder auf ihren Garten angesprochen.

Michelle Obama hat ihre gärtnerischen Erfahrungen in einem Buch beschrieben, das rechtzeitig vor Beginn des Präsidentschafts-Wahlkampfs im Mai 2012 erschien: American Grown. The Story of the White House Kitchen Garden and Gardens Across America. Sie stellt auch ähnliche Projekte vor, die es derzeit überall in den Vereinigten Staaten gibt, wie kommunale Gemeinschaftsgärten oder Schulgärten. Damit lässt sie keinen Zweifel daran, dass es sich bei der Renaissance des privaten Gemüseanbaus um eine große Bewegung handelt, in der der ihr eigener Garten zwar besonders prominent, aber doch nur einer von vielen ist. Wer wissen will, was die Küchenchefs des Weißen Hauses aus dem Gemüse kochen: das Buch enthält Rezepte.

Nie war in den USA die Rückkehr zu einer naturnäheren Ernährung und einer gesünderen Lebensform mit mehr Bewegung wichtiger als heute.

Man sieht in den USA durchaus normalgewichtige und gesunde Menschen, aber auch solche, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, weil ihre eigenen Beine ihr Gewicht nicht mehr tragen können. Erkrankungen wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Probleme nehmen dramatisch zu.

Amerika hat sich über Jahrzehnte an verarbeitete Lebensmittel gewöhnt. Die amerikanischen Verbraucher schätzen Lebensmittel, die mindestens halbfertig aus der Tüte kommen. Sogar Pfannkuchenteig, der in Deutschland auch nur aus Eiern, Mehl und Milch zusammengerührt wird, kann man als Backmischung in Tüte und Umverpackung einkaufen. Das Fast Food aus dem Supermarkt-Regal ist in der Regel zu fettig und zu zuckerhaltig. Das fast endlose Angebot an Frühstückscerealien hat mit dem eigentlichen Getreide nicht mehr viel zu tun, es sind kleine Kringel, Kissen oder Kügelchen in unterschiedlichen Farben, eigentlich würden sie ins Süßigkeiten-Regal gehören.

Während man sich in Europa daran gewöhnt hat, in Supermärkten zunächst eine Obst- und Gemüsezone zu passieren, bevor man Milch und Käse erreicht und irgendwo schließlich, wenn man sie sucht, auch die Chips, sind diese salzigen Knabberspäße in amerikanischen Supermärkten das allererste, was zu sehen ist, wenn man den Einkaufswagen durch die Tür schiebt. Es ist bekannt, dass solche Plazierungen das Einkaufsverhalten stark beeinflussen, Zufall ist das nicht. Die Frage, was die 314 Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner essen und trinken, ist eine Frage von Big Business: nur fünf große Lebensmittelkonzerne teilen sich die Hälfte des Marktes.

Das ist alles bekannt, doch wirkliche Verbesserungen bei der Ernährung der amerikanischen Bevölkerung gab es bisher kaum. Zwar enthält das Kindermenu bei McDonalds inzwischen eine kleine Tüte mit vorgeschnittenen Apfelschnitzen. Damit aber deren Schnittflächen in der Tüte die frische Farbe nicht verlieren, müssen sie mit irgendetwas behandelt werden und schmecken anschließend nur noch denen, die niemals in einen richtigen Apfel gebissen haben.

Größere Fortschritte verspricht die Absprache zwischen Michelle Obama und dem weltgrößten Einzelhändler Wal-Mart, der sich ihrer Campagne Let´s move! gegen Übergewicht bei Kindern anschließen will. Im vergangenen Jahr 2011 sagte Wal-Mart zu, seine Zulieferer zu verpflichten, in den nächsten Jahren den Salz-, Zucker- und Fettgehalt der Fertigprodukte zu verringern. Damit erreicht man immerhin 60.000 Zulieferer und wöchentlich mehr als 140 Millionen Kunden.

Tatsächlich sind also das harmlos unter der Sonne Washingtons wachsende Obst und Gemüse ein Symbol, das wirkmächtiger kaum sein könnte.

Im Grunde ist dieser Garten die flankierende Maßnahme der Präsidentengattin zu einem der größten politischen Reformprojekte des Präsidenten.

Nach vielen gescheiterten Versuchen vor ihm wollte Barack Obama, dass endlich alle Amerikaner eine Krankenversicherung bekommen, so dass eine Versorgung im Krankheitsfall nicht länger vom Einkommen abhängig ist. Die Republikaner hatten dieses Gesetz heftig bekämpft, doch es ist noch im Juni 2012 vom Supreme Court, dem obersten Gericht der USA, bestätigt worden.

Bei den Republikanern kommen solche Gesetze stets als quasi-sozialistische Machenschaften an und bürokratische Gängelungsversuche des freien Amerikaners. Im republikanischen Wahlkampf war der Angriff auf „Obamacare“ eines der Dauerthemen. Wenn er gewählt werde, ließ Romney wissen, würde er das Gesetz noch am gleichen Tag zurücknehmen.

Wer wird morgen das Rennen machen? Obama oder Romney? Die aktuellen Prognosen über den Ausgang der Präsidentschaftswahlen bringen keine Erkenntnisse. Beide Kandidaten liegen so gut wie gleichauf.

Selten war die Präsidentschaftswahl der USA so spannend wie in dem Jahr.

Ein Gedanke zu „Präsidiales Gemüse: Was kommt bei den Obamas auf den Tisch?

  1. und wie immer waren die (marionetten)kandidaten so unwichtig wie in diesem jahr…

    das gerede vom „mächtigsten“ politiker der erde ist das wohl lauteste märchen dieser erde. was bewegt er denn wirklich, außer den lachmuskeln der lobbyisten aus der banken(unter)welt, der waffen- und energieindustrie?

    noch weniger als seine frau mit ihrem gemüsegarten
    sie stampft wenigstens etwas nutzbares aus dem boden! aber ein amerikanischer präsident???

    und wenn sie nicht gestorben sind, dann verkohlen sie euch noch morgen…
    amerika – das land der unregierbaren gier und verlogenheit!

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