Sozial-Schwache Haushalte sollen für Kampagne gegen Erneuerbare Energien herhalten

Wie schon an der EEG-Umlage klar wird, ist der Strompreis politisch beeinflusst. Um sich die Entwicklung zu verdeutlichen, muss man genauer betrachten, aus welchen Komponenten sich der Preis zusammensetzt: Zurzeit sind das Stromerzeugung (macht rund 35 Prozent des Strompreises aus), Stromtransport (rund 20 Prozent) sowie Steuern und Abgaben (rund 45 Prozent). Hierzu hat die Bamberger Online zeitung neulich einen ausführlichen Beitrag gebracht (Die Energiewende und die Debatte). Von den Regierungsparteien wird auf die Kostensteigerung der Energiepreise durch Einsatz erneuerbarer Energien hingewiesen. Eine Gegenposition stellt der Verein „Vierether Kuckucks-Ei e.V. “ in seiner Mitteilung dar.

Vierether Kuckucks-Ei e.V.

Auf der öffentlichen Diskussionsveranstaltung des Vierether Kuckucks-Ei erläutert zunächst Vorstand Christian Mose wie sich aktuell der Strompreis zusammensetzt.

Er führt dann aus, dass die Strompreise in den vergangenen 10 Jahren um 10 Ct/kWh gestiegen sind. Davon gehen ca. 3,3 Ct/kWh aufs Konto der EEG-Umlage; alles andere wird in der Öffentlichkeit nicht weiter diskutiert – es wird bewusst unterdrückt. Daher ist es unredlich, den Preisanstieg allein den Regenerativen Energien anzulasten. Zudem geht es insgesamt nur um ca. 3.5% der Ausgaben für Energie in durchschnittlichen Privathaushalt, der zu rund 3/4 vom Preis für Benzin/Diesel und Heizkosten dominiert wird.

„Die ganze Aufregung erscheint übertrieben, wenn man sich vor Augen führt, um wie wenig Geld es hier geht im Vergleich zur Bankenkrise oder der Euro-Rettung“, rückt Mose die Maßstäbe zurecht.

Mit diesem Fazit gibt er den Stab an seinen Kollegen, Dr. Jens Garleff, weiter, der die Kosten der verschiedenen Energieträger in volkswirtschaftlichen Gesamtrahmen platziert. Atomar-fossile Energieträger wurden und werden zusammen mit rund 430 Mrd. Euro fast 10 mal so hoch subventioniert wie die regenerativen Energien mit 54 Mrd. Euro. Die regenerativen Energien schaffen ca. doppelt soviel Arbeitsplätze (383.000 Beschäftigte) wie die großen 4 Stromriesen, die nach eigene Angaben zusammen lediglich ca. 180.000 Menschen Arbeit geben.

Erneuerbare Energien sind nur scheinbar teurer als die fossil-atomare Stromerzeugung, weil letztere massiv Kosten auf den Steuerzahler abwälzt, bzw. den nächsten Generationen zuschiebt. Diese Kosten tauchen aber nicht in den Bilanzen auf und sind daher schwer auf Heller und Pfennig zu beziffern. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie unwichtig wären. Es geht hier um 4 große, Blöcke:

  1. Luftverschmutzung: Gesundheitskosten, Waldsterben beeinträchtigt die Forstwirtschaft usw..
  2. Klimawandel und deren Kosten: Auswirkungen z.B. Meeresspiegelanstieg, Küstenschutz, Wetterextreme, Verschiebung der Klimazonen.
  3. Altlasten: z.B. kollabierende Endlager für Atommüll, Rückbau der AKW.
  4. Haftungsrisiko (AKW sind völlig unzureichend gegen den SuperGau versichert) Geschätzt summieren sich diese versteckten Kosten auf min. 10 Ct/kWh bei Kohlestrom und min 35 Ct/kWh bei Atomstrom. Damit ist Windstrom jetzt schon günstiger, wenn man ehrlich rechnet.

Unabhängig von den Kosten sind die fossil-atomaren Energieträger endlich und reichen nicht weiter in die Zukunft als ein paar zehn (Öl) bis vielleicht einige Hundert Jahre (Kohle, Uran). Wir Menschen haben langfristig keine andere Option als die Erneuerbaren Energien. Wer sich jetzt rechtzeitig umstellt, ist vor dem Schock gefeit. Wer jetzt die Energiewende gestaltet muss später nicht einfach das nehmen, was übrig bleibt.

Insgesamt ist damit zu rechnen, dass die Strompreise langfristig ansteigen, mindestens auf das Niveau der Erneuerbaren.

Dieser höhere Strompreis gibt zugleich einen verstärken Anreiz für sparsamen Umgang mit Energie und mehr Effizienz. Natürlich stellen höhere Strompreise die sozial schwachen Haushalte vor Probleme. Daher führt Karin Zieg aus, wie man die unvermeidlich steigenden Preise sozialverträglich abfedern kann.

Das wichtigste Element ist ein vergünstigter „Sozialtarif“ zu dem Empfänger von Sozialleistungen eine Basisversorgung beziehen können. Dieser verbilligte Tarif soll nur für die Energiemenge gewährt werden, die ein Haushalt durchschnittlich benötigt, der moderne Stromspargeräte (z.B. A+ Standard) sinnvoll einsetzt. Dadurch bleibt auch hier ein gewisser Anreiz zum Stromsparen bestehen. Mit dem Tarif ist eine kostenlose Energiesparberatung verknüpft, die hilft, dass der Stromverbrauch innerhalb dieser Basisversorgung bleibt. Anstelle der Industrieförderung durch eine Fast-Befreiung der industriellen Großverbraucher auf Kosten der Normalverbraucher, wäre es sozialer, den Sozialtarif für Arme aufkommensneutral umzusetzen, indem die Strompreise für alle anderen entsprechend angehoben werden. Vergünstigungen für industrielle Großverbraucher verzerren dagegen den Wettbewerb zugunsten nicht-nachhaltiger Produkte, das kann nicht Ziel sein für deutsche Qualitätsprodukte und ist daher an sich unerwünscht. Über begründete Ausnahmen könnte man in wenigen Einzelfällen nachdenken. Weitere Ideen sind strengere Auflagen für den energetischen Standard von Sozialwohnungen, was Heizung und vom Vermieter gestellte Weißware betrifft, sowie eine Palette von Maßnahmen und Hilfsangeboten zur Bekämpfung der Armut.

Wir haben jetzt noch die Möglichkeit eine Energiewende „by design“ umzusetzen und das Beste daraus zu machen. Dazu müssen wir alle einen Beitrag leisten. Wenn wir uns dem verweigern und zuwarten, wird der Spielraum immer kleiner, bis uns ein SuperGAU oder der Klimawandel extrem schmerzhafte Einschnitte als Energiewende „by disaster“ aufzwingt.

Fazit: Ist der Strompreis zu teuer? Und wo bleiben die Schwachen?

Antwort: Der Strompreis ist zu billig, denn es ist offensichtlich, dass Einsparen und Effizienz noch nicht in der Breite angekommen ist. Hier kommt die Hetzkampagne richtig zum tragen: Die Sozial schwachen Haushalte müssen herhalten, um von der Unfähigkeit der Politik abzulenken, ablenken von der Tatsache, dass die konservativ-liberale Politik sich vor den Karren der Stromkonzerne spannen lässt, denen die Energiewende ein Dorn im Auge ist, weil sie deren Gewinne schmälert und ihre Marktmacht bedroht.

Ein Gedanke zu „Sozial-Schwache Haushalte sollen für Kampagne gegen Erneuerbare Energien herhalten

  1. Ein Aspekt wird immer wieder gerne übersehen: Es gibt moderne Elektrogeräte, bei Kühlschränken sind wir inzwischen bei der Energieeffizienzklasse A+++ angekommen, jedoch sind diese selbt für Haushalte der unteren Mittelschicht nicht mehr bezahlbar. Hier wäre ein Ansatzpunkt für sinnvolle Subventionen. Mein Vorschlag: Geringverdiener, Sozialrentner usw. bekämen die Differenz zum klassischen Gerät der Klasse B erstattet, die untere Mittelschicht anteilig etwas. Dies würde der Konjunktur helfen in Zeiten der Eurokrise, dem Klima täte es gut, und die Stromnetze würden auch entlastet…

Kommentare sind geschlossen.