Sommerlektüre: Der größte Raubzug der Geschichte

Izzie Franke

Es sind Sommerferien in Europa und somit herrscht Urlaubsstimmung und die Bevölkerung ist abgelenkt. Herrscht vielleicht die Ruhe vor dem Sturm? Seit Monaten, ach mittlerweile sind es schon Jahre, befinden wir uns im Krisenmodus. Wirtschaftskrise, Finanzkrise, Bankenkrise und jetzt im finalen Modus der Staatenkrise.

Die Schlagzeilen der letzten Woche lauten:

SZ: „ Schuldfrage: Wer entfesselte die Finanzmärkte?“

Die Zeit: „ Abschied vom Süden. Griechenland, Spanien, Italien: Unsere liebsten Urlaubsländer gehen baden – uns aber geht die Kraft aus, ihnen zu helfen. Was dies für die Länder bedeutet und was den Deutschen bevorsteht.“

Das Handelsblatt fragt: „Wer regiert Deutschland?“. Timothy Geithner, seines Zeichen US- Finanzminister, hat unseren Finanzminister in seinem Urlaubsdomizil auf Sylt besucht.

Focus Money weiß es aus Kabinettskreisen ganz genau und titelt deshalb: „In 18 Monaten ist der Euro kaputt.“

Der Stern rät: „Die Reichen müssen den Euro retten. Bei der Eurorettung wurde eine Gruppe bislang glatt vergessen. DIE REICHEN. Ausgerechnet in den Krisenstaaten im Süden leben besonders viele von ihnen. Denn es ist ein Merkmal der armen Länder, dass sie ihre Millionäre bei der Steuer weitgehend verschonen. Doch ohne das Geld der Wohlhabenden ist der Euro nicht zu retten.“

Erwin Pelzig hat sich mit seiner Sendung „Pelzig hält sich“ ebenfalls in die Sommerpause verabschiedet, jedoch nicht ohne vorher noch einen Buchtipp an den interessierten Zuschauer zu senden. Von Matthias Weik und Marc Friedich mit dem Titel: „Der größte Raubzug der Geschichte. Warum die Fleißigen immer ärmer und die Reichen immer reicher werden“.

Bereits im Vorwort von Prof. Dr. Harald Lesch wird ausgesprochen was alle wissen, Verbrechen werden des Geldes wegen begangen. In den letzten Jahrzehnten haben sich Strukturen aufgebaut, die nichts anderes machen, „als nur Geld zu vermehren, und dieses Geld sucht sich dann wieder Anlagen, um sich weiter zu vermehren.“

Im Buch geht es zunächst um grundlegende Fragen der Volkswirtschaft und Geldpolitik. Was ist Geld? Wie entsteht Geld und wie erzeugt eine Geschäftsbank selbst Geld? Anhand der Geschichte von Jimmys Kneipe- Party auf Kredit wird aufgezeigt, dass unser phänomenales Wirtschaftswachstum auf Pump und Vertrauen auf Rückzahlung basiert. Wobei das Vertrauen eher der Gier nach mehr gewichen ist. Es werden Geschichten vom ganz großen Geld erzählt.

Die Autoren zeichnen auch die Verflechtung zwischen Politik und Wirtschaft auf. Werfen wir einen Blick in die USA, dort ist es nicht ungewöhnlich, dass beispielsweise Wissenschaftler zwischen Politik und Wirtschaft wechseln. Oder aber sie „saßen in Verwaltungsräten von Finanzfirmen, arbeiteten als Consultants oder hatten eigene Unternehmen.“

Einen solchen Lebenslauf hat Larry Summers. Larry Summers war Professor in Harvard, Chefökonom bei der Weltbank, unter dem demokratischen Präsidenten Bill Clinton war er Finanzminister und danach Geschäftsführer eines Hedgefonds. Nun ist es wieder als Wirtschaftsberater unterwegs bei Barack Obama.

Die Investmentbank Goldman Sachs hat eine hohe Fluktuation bezüglich Pöstli in der Politik. Der ehemalige US-Finanzminister Henry Paulson war zuvor Vorstandschef von Goldman Sachs.

Mario Draghi seines Zeichens aktueller EZB-Präsident war ebenfalls bei Goldman Sachs. Mario Monti, Nachfolger von Silvio Berlusconi, ist ebenfalls Goldman Sachser. Mit „Herrn Monti ist erstmals ein hochrangiger Vertreter der Finanzindustrie zum Regierungschef eines europäischen Landes aufgestiegen, ohne dass er vom Volk gewählt wurde. Herr Monti ist Berater jener Bank, welche die europäische Regierung und die EU bei der Bewältigung der Schuldenkrise berät. Zur Erinnerung Goldman Sachs hatte Griechenland geholfen, seine Zahlen vor dem EU- Beitritt unter Täuschung der europäischen Statistikbehörde Eurostat so zu präsentieren, dass das wahre Haushaltsdefizit erst nach der Aufnahme in die EU zum Augenschein kam.“

Das Buch ist überaus interessant und sehr lesenswert für all diejenigen die Mehr wissen und auch die Zusammenhänge kennen wollen. Die Autoren behandeln ein sehr ernstes Thema mit einem Schuss Humor, denn so ist es leichter das Treiben und die Verflechtungen zwischen Finanzwelt und Politik zu bestaunen.

Zum Schluss noch ein Zitat: „Die bisherigen Vorkommnisse zeigen, dass Politik immer mehr ein ‚Handlanger’ der Finanzwirtschaft ist und deren Interessen gnadenlos gegen die eigene Bevölkerung durchsetzt. Global werden die Staaten und ein immer größerer Teil der Bevölkerung aufgrund der Struktur des Geldsystems immer tiefer in die Schuldenfalle getrieben.“

Fazit: „Die Finanzindustrie hat es geschafft, die Staatskassen zu plündern und die Politiker in eine gefährliche Abhängigkeit zu bringen. (…) Das Spiel ist aus. Rein mathematisch verrinnt die Zeit des Handelns. (…) Bevor ein Staat pleitegeht, wird er alle, aber auch alle Register ziehen, um den Staatsbankrott so weit wie möglich hinauszuzögern bzw. auf Sie abzuwälzen. Dies hat er in der Vergangenheit immer getan, und dies wird er auch in Zukunft tun.“

Weik, Matthias / Friedrich, Marc
Der größte Raubzug der Geschichte
Warum die Fleißigen immer ärmer und die Reichen immer reicher werden
Verlag: ectum
ISBN : 978-3-8288-2949-7
Paperback
19,90 Euro
440 S. – 21,0 x 14,8 cm

2 Gedanken zu „Sommerlektüre: Der größte Raubzug der Geschichte

  1. Das Buch klingt ultra spannend. Danke für den Tip. Es scheint, als würden die beiden Autoren mehr wissen und dieses Wissen teilen. Werde es mir umgehend zulegen.

  2. Schöner Beitrag!! zu einem offenbar wirklich mal wieder nennenswerten Buch! Man kann genau das mittlerweile gar nicht mehr oft genug rausposaunen, s. zum einen Wolfgang Streeck in SZ/27.7:.„Das Ende der Nachkriegsdemokratie“ oder zum andern, auch sehr lesenswert, Bofinger, Habermas und Rümelin in der FAZ/04.08.: „Einspruch gegen die Fassadendemokratie“. Traut sich damit etwa mal endlich wieder die „intellighentia“ aus den Gräben des ewig irrelevanten besserwisserischen Schmollwinkels heraus?
    Es geht um unser aller Kopf und Kragen, d.h. um die ureigensten Restbestände unserer (noch) verteidigenswerten, mittlerweile aber eben schon fast komplett neoliberal verwursteten „Demokratie“.
    Niemand wills aber wissen. Das alltägliche ignorante Schwadronieren und Ängsteschüren der Medien über „unser Geld…“ ist in der Tat Ausdruck einer allumfassenden, sehr interessierten Verdummungspolitik, zu der immer leider noch zwei gehören…„Der Deutsche“ bleibt bei dem, was er schon immer hatte und vor allem was er war… Auch der Franke, ganz zu schweigen der Bayer (s. nur mal, und nicht spaßeshalber, Feuchtwangers „Erfolg“).

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