Masterplan Innenstadt und Stadtmarketing: Der Wert einer Unterschrift

 Redaktion

Das Mediationsverfahren „Zukunft Innenstadt Bamberg“ sollte gelingen

Das Mediationsverfahren „Zukunft Innenstadt Bamberg“ (Abschlussbericht / Erläuterung zum Verfahren, die Konvention und Beitrag Bürgerbeteiligung) sollte gelingen. Man nahm sich vor: Es sollte fair zugehen, alle sollten zu Wort kommen, gemeinsame Lösungen sollten erarbeitet werden. Für alle Teilnehmer galten klare Regeln im Vorfeld, um einen respektvollen Umgang, ein faires Verfahren und eine hohe Akzeptanz der Ergebnisse zu garantieren.

Die Interessenvertreter unterwarfen sich mit ihrer Teilnahmeerklärung vorher definierten Spielregeln, die von der Lenkungsgruppe abgesegnet worden waren. Eckpunkte dieser Spielregeln waren Grundsätze einer fairen gegenseitigen Kommunikation, klare Regelungen zu Berichtswesen und Verhalten gegenüber der Öffentlichkeit, Kontinuität in der Anwesenheit während des gesamten Prozesses und das Bekenntnis zu einem ergebnisoffenen Verfahren (Abschlussbericht Seite 12).

Bürgerbeteiligung pur – Demokratie pur

Die Dokumentation des Verfahrens gibt eine intensive Arbeitsatmosphäre wider. Oberziele – von allen (!) Teilnehmern akzeptiert und gezeichnet – wurden formuliert (S. 17), die die gegenwärtige Auseinandersetzung zur Aufwertung der Langen Straße berücksichtigen.

  • Oberziel 4: Königstraße und Lange Straße als Teil der Innenstadt begreifen
  • Oberziel 6: Die Erreichbarkeit der Innenstadt sichern
  • Oberziel 7: Den Motorisierten Individualverkehr deutlich beruhigen und reduzieren

Dem Stadtrat zur Umsetzung empfohlen

Für den Bereich Verkehr wurden 11 Punkte festgehalten. Interessant ist Punkt 5. In der Innenstadt oberirdisches Parken reduzieren. Da, wo die Aufenthaltsqualität steigt und Parksuchverkehr vermieden werden kann, können oberirdische Parkplätze wegfallen. Bei nachgewiesenem Bedarf wird neuer, vornehmlich unterirdischer Parkraum geschaffen. Konfliktpotenzial barg dieser Punkt, wollten doch einige Teilnehmer (Herr Geyer, Herr Schiele, Frau Hergenröder, Herr Neumann, Herr Distler, Herr Stieringer, Herr Dümig) die Erwähnung einer Schönleinsplatztiefgarage, ansonsten wurde das grundsätzliche Ziel akzeptiert. Man einigte sich auf die Formulierung „bei nachgewisenem Bedarf“. Bislang haben die Stadtwerke, die u.a. den Parkraum der vor allem um die Langen Straße fußläufig erreichbaren Tiefgaragen (Geyerswörth, Georgendamm, Schützenhaus) bewirtschaften, genügend freien Parkraum nachgewiesen. Nur während der Adventswochenenden sind diese ausgelastet. So weit – so gut.

Für den Bereich Aufenthaltsqualität und öffentlicher Raum konnte man 6 Punkte herausarbeiten. Punkt 2. Im Zuge von Verkehrsberuhigung Straßenräume umgestalten und gewonnene Räume für bessere Aufenthaltsqualität nutzen (Boulevardcharakter), die Situation für Fußgänger und Radfahrer verbessern, Außengastronomie ermöglichen, Flaniermöglichkeiten verbessern (z. B. Lange Straße, Hauptwachstraße, Kettenbrücke und Königstraße).

Für ein Mediationsverfahren ist es unabdingbar, dass die zuvor vereinbarten Grundsätze für ALLE verbindlich sind. Daher sollten alle Teilnehmer den Abschlussbericht unterzeichnen, was sie auch taten. Vor der langen Liste der Unterschriften, steht folgender Absatz:

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bestätigen mit ihrer Unterschrift, dass sie stellvertretend für ihren jeweiligen Interessensbereich das Ergebnis inhaltlich mittragen und dem Stadtrat zur Umsetzung empfehlen.

Werden im Nachhinein – warum auch immer – diese Grundsätze von einem Teilnehmer mit einem Handstrich weggewischt, verliert dieser an Glaubwürdigkeit. Werden Partikularinteressen in den Vordergrund gestellt, evtl. sogar von Lobbygruppen mit mächtigen Netzwerken unterstützt, schadet das dem ganzen Verfahren. Besteht zusätzlich die Gefahr, dass andere Teilnehmer im Nachhinein verunglimpft werden, wird der Boden für zukünftige Bürgerbeteiligung entzogen. All das steht derzeit auf dem Spiel!

Klaus Stieringer – Geschäftsführer von Stadtmarketing, Teilnehmer am Mediationsverfahren und Stadtrat der Bamberger Realisten – hat mit seiner Unterschrift

Mediationsverfahren S 27

das Verfahren und die Beschlüsse bestätigt.

Wenige Stunden nach dem Beschluss des Umwelt- und Verkehrsenats in der letzten Woche, die Lange Straße aufzuwerten, versandte er mit dem „Betreff: Jetzt abstimmen und an Ihre Mitglieder weiterleiten – Wir sagen JA zum Wirtschaftsraum Innenstadt und Nein zur Streichung von Parkplätzen in der Innenstadt!“ folgende Nachricht (sie liegt der Bamberger Onlinezeitung vor):

Liebe Kollegen und Freunde,
sagen auch Sie jetzt JA zum Wirtschaftsraum Innenstadt und stimmen Sie bei der „Online-Umfrage“ vom FT mit Nein zu der geplanten Streichung weitere Parkplätze.
Eine breite Mehrheit des Stadtrates aus CSU, Für Bamberg, Freie Wähler, Bamberger Realisten, FDP, Norbert Tscherner und Daniela Reinfelder setzt sich für den Erhalt der letzten oberirdischen Kurzzeitparkplätze in der Bamberger Innenstadt ein.
Wir sind der Meinung, dass eine vitale und lebendige Innenstadt nicht nur für Touristen geeignet sein muss, sondern auch die Interessen der regionalen Wirtschaft berücksichtigen muss.
Die Kurzzeitparkplätze in der Langen Strasse sind nicht nur für die Unternehmen der Stadt von großer Bedeutung.
Um die weitere Umsetzung von Masterplan Beschlüssen zu verhindern, brauchen wir jetzt IHRE Stimme und Ihren Kommentar.
Hier können SIE abstimmen und IHREN Kommentar hinterlassen:
Danke sagt die innerstädtische Wirtschaft!
Mit freundlichen Grüßen
Stadtmarketing Bamberg
Klaus Stieringer / Geschäftsführer
Mit diesem Schreiben handelt der Teilnehmer am Mediationsverfahren entgegen den von ihm mitgetragenen Konventionen. Es ist ein deutlicher Aufruf gegen diesen – zugegeben mühsamen – Prozess. Als verantwortungsvoller Stadtrat und Teilnehmer am Mediationsverfahren hat er hiermit eine Grenze überschritten, denn ernsthaft kann er mit diesem Hintergrund nie mehr die Einrichtung eines Runden Tisches fordern (wie jüngst bei der Diskussion um die Sperrzeitverlängerung). Besteht doch in seiner Person die Gefahr, dort gefasste Vereinbarungen im Nachhinein zu hintertreiben.
Das ist Lobbyismus pur
Mittels Lobbyismus versuchen Interessengruppen (Lobbys), vor allem durch die Pflege persönlicher Verbindungen die Exekutive und die Legislative zu beeinflussen. Außerdem wirken sie auf die öffentliche Meinung durch Öffentlichkeitsarbeit ein. Dies geschieht vor allem mittels der Massenmedien.
Es ist zu hoffen, dass durch die nochmalige Beratung der Aufwertung der Langen Straße in der Vollsitzung des Bamberger Stadtrats Ende Juli auch hierüber diskutiert wird. Zuvor sollten ALLE Stadträte den Abschlussbericht studieren. Beugt sich die Mehrheit im Parlament dem Lobbyismus, sollte in Bamberg keine Bürgerbeteiligung mehr angestrebt werden. Denn für engagierte Bürger fehlt die Akzeptanz.

3 Gedanken zu „Masterplan Innenstadt und Stadtmarketing: Der Wert einer Unterschrift

  1. Meiner Meinung nach müsste der Oberbürgermeister DRINGEND den Wert der Bürgerbeteiligung betonen und allen klar machen, dass die vereinbarten Punkte von den Bürgern so gewünscht sind – schließlich war er dabei!!!

    • Der Herr Oberbürgermeister hat sich noch nie verdächtig gemacht, den Wert einer Bürgerbeteiligung hoch einzuschätzen. Lästig, wenn die Bürger auch etwas wollen. Und das dann auch noch sagen. Und möglicherweise sich auch noch Monate und Jahre an Vereinbarungen erinnern, wenn es doch so viel einfacher gewesen wäre, sich auf kollektive Amnesie unmittelbar nach Verkündung der Beschlussfassung zu einigen.

  2. Nun, wenn der Stadtrat gegen die Aufwertung der Langen Straße stimmt (und nur darum geht es), dann hat er sich der Lobby einiger weniger Geschäftsleute gebeugt und nicht im Interesse der Stadtbewohner bzw. der Innenstadtbewohner gestimmt. Das ist nicht schlimm. Der nächste Stadtrat wird die richtige Entscheidung treffen. Und das können wir getrost abwarten.

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