Die Brose Baskets bescheren ihren Fans einen schönen Nachmittag und starten mit 98:72 in die Final-Serie

Winnie Wenzel

Möglicherweise waren die neutralen Basketball-Freunde an den Fernsehgeräten ja enttäuscht, dass es heute nicht spannender in der Stechert-Arena zugegangen ist. Als Bamberger hingegen konnte man diesen Nachmittag einfach nur genießen. Die Hausherren präsentierten sich von Beginn an von ihrer allerbesten Seite, bewegten den Ball flüssig, trafen nach Belieben, verteidigten zwingend und lieferten insgesamt eine geschlossene Mannschaftsleistung auf höchstem (deutschen) Niveau ab. Das gesamte Spiel mochte die Ulmer fatal ihr verlorenes Heimspiel (74:102!) in der Liga erinnert haben. Obwohl sie selber konzentriert starteten, sahen sie sich einem schier übermächtigen Widersacher gegenüber, dem scheinbar alles gelang. Bamberg hatte einen Traumstart! Nach zwei Dreiern von Roberts und Gavel sowie zwei Erfolgen von Pleiß stand es nach wenigen Sekunden schon 10:2. Ulm stemmte sich nach Kräften gegen den Bamberger Angriffswirbel, konnte am Ende aber noch froh sein, mit 26:15 aus dem ersten Viertel herauszukommen. Im zweiten Viertel dominierten zunächst die Verteidigungsreihen, wobei speziell die Ulmer minutenlang ohne jeden Erfolg blieben (8 Turnover!). Auf Bamberger Seite überzeugte in dieser Spielphase besonders Roberts, der zur Hälfte der Partie schon 15 Zähler auf seinem Habenkonto hatte. Allerdings setzten auch Pleiß, Tucker und Gavel eindrucksvolle Akzente. Dem 26:15 im ersten Viertel ließ Bamberg auf diese Weise – ohne besonders angestrengt zu wirken – ein 23:13 im zweiten folgen. Mit einem beruhigenden Halbzeitstand von 49:28 durften die Roten den weiteren Ereignissen gelassen entgegensehen.

Die zweite Hälfte begann gleich mit einem kleinen 9:0-Lauf der Gastgeber, womit sie alle Hoffnungen des Ulmer Anhangs auf eine Aufholjagd im Keim erstickten. Danach ging es munter hin und her, wobei es die Broses sichtbar entspannt angingen. So kamen nun auch Esterkamp und Nankivill auf Ulmer Seite (wahrlich keine Schlechten!) zu ihren ersten guten Szenen. Ein wenig Unruhe brachte ein Schiedsrichter durch mehrere umstrittene Entscheidungen und zwei technische Fouls ins Spiel; angesichts des eindeutigen Spielstandes legte sich die Aufregung aber bald wieder.

Die Kreise von Per Günther wurden von der Bamberger Defense während des gesamten Spiels wirksam eingeengt, am Ende wirkte er reichlich müde und frustriert. Mason-Griffin blieb durchweg ein Schatten seiner selbst, Watts blieb sehr blass. Ebenso verstand man es ziemlich clever, den Schaden zu begrenzen, den John Bryant normalerweise unter gegnerischen Körben anzurichten pflegt (er kam heute auf nur 13 Treffer insgesamt). Isaiah Swann konnte nach seiner Verletzung wieder spielen und erhielt auch etliche Einsatzminuten, war allerdings noch nicht in Bestform. Lange Zeit hielt ihn Bamberg gut aus dem Spielgeschehen heraus und zwang ihn zu etlichen Fehlwürfen und Ballverlusten. Seine 13 Körbe sammelte er vor allem im Schlussabschnitt, den die Gastgeber schon ein wenig als Schaulaufen anlegten. Vier Minuten vor Schuss stand es – nun auch dank einiger schöner Auftritte von Suput (Wurfquote 100% wie auch bei Pleiß), Jenkins und Slaughter (8 Punkte, 12 Rebounds!) – 93:64, und als Jenkins dann noch Dreier Nr. 14 zum 96:64 durfte man ein Rekordergebnis erwarten. (Ulm hatte übrigens auch 11 Dreier aufzuweisen!) Nun war aber der Punktehunger der Domstädter befriedigt und sie verwalteten das Spiel mit ihren Nachwuchskräften zum 98:72 Endstand.

Insgesamt haben wir einen Finalauftakt nach Maß für den Meister gesehen. Die Mannschaft scheint nach den Schwierigkeiten gegen Bonn ihr zwischenzeitliches Formtief überwunden zu haben und derzeit ihr absolut höchstes Leistungsniveau abrufen zu können. Ulm wirkte im Vergleich individuell und taktisch unterlegen, beinahe ein wenig ausgebrannt. Das heutige Spiel erinnerte doch sehr an die Halbfinal-Auftritte der Broses gegen Quakenbrück und rückt nachträglich die Leistung der Norddeutschen in ein freundlicheres Licht. Wenn Bamberg die heutige Leistung auch nur annähernd am kommenden Mittwoch in Ulm wiederholen kann, dürften die ,Spatzen’ ein ziemliches Problem bekommen … Andererseits hatte Chris Fleming völlig recht, wenn er nach diesem beeindruckenden Sieg seines Team lapidar feststellte, dass in Ulm ein völlig neues Spiel ansteht, das wieder mit 0:0 beginnt.

Statistik

Brose Baskets: Tucker (18), Roberts (17), Pleiß (12), Suput (12), Gavel (11), Jenkins (10), Slaughter (8), Jacobsen (6), Schmidt (2), Tadda (2), Neumann

Ratiopharm Ulm: Bryant (13), Swann (13), Nankivil (12), Betz (8), Mason-Griffin (8), Günther (7), Esterkamp (6), Watts (5), Torbert, Wenzl

Noch eine Randnotiz: Alba Berlin vermeldet die Verpflichtung von Sasa Obradovic als neuen Trainer; er ersetzt Gordon Herbert, der die hohen Erwartungen seines Clubs nicht erfüllen konnte, und erhält einen Zweijahresvertrag.