Kein Respekt für Hartz-IV-Empfänger im Ehrenamt?

GAL kritisiert Praxis des Bamberger Jobcenters, das gesetzlichen Freibetrag nicht anerkennen will

„Gibt es in Bamberg zwei Klassen von Ehrenamtlichen – eine mehr und eine weniger wertvolle?“ Das fragt provokant die GAL-Stadtratsfraktion in ihrem jüngsten Brief an Oberbürgermeister Starke. Hintergrund ist eine Neuerung im Sozialgesetzbuch SGB, die Hartz-IV-EmpfängerInnen betrifft, die ehrenamtlich engagiert sind.
Wie der sozialpolitische Sprecher und OB-Kandidat Wolfgang Grader erklärt, dürfen Hartz-IV-EmpfängerInnen, die ein kleines eigenes Einkommen z. B. aus einem 400-Euro-Job haben, davon einen Freibetrag von 100 Euro für sich behalten. Der Rest wird auf die Hartz-IV-Leistung angerechnet bzw. diese entsprechend gekürzt. Laut SGB erhöht sich dieser Freibetrag auf 175 Euro, wenn der Leistungsbezieher zusätzlich noch ein Ehrenamt ausführt und dafür eine entsprechende Aufwandsentschädigung erhält.
„Doch in Bamberg wird das so nicht akzeptiert, es bleibt bei dem Freibetrag von nur 100 Euro“, kritisiert Grader. Grundlage dafür ist eine Durchführungsbestimmung der Bundesagentur für Arbeit, die nach seinen Worten „das Gesetz falsch und zu Ungunsten der Betroffenen auslegt“. Das sei aber nicht überall und zwingend so, weiß der Grünen-Politiker: „Die Jobcenter etwa in Nürnberg oder Coburg verfahren hier anders und erkennen einen Freibetrag von 175 Euro an, so wie er im Gesetz steht.“
Das fordert die GAL nun auch vom Bamberger Jobcenter bzw. von Oberbürgermeister Starke. Grader verweist in seiner Argumentation insbesondere auf die bayerische Ehrenamtskarte, die in Bamberg vor kurzem eingeführt wurde. „Wir können uns nicht damit brüsten, das Ehrenamt zu fördern, wenn wir gleichzeitig die Gruppe armer Menschen ausgrenzen und mit ihrem Ehrenamt finanziell schlechter stellen und sie gewissermaßen dafür bestrafen. Auch sie verdienen Respekt und Anerkennung, wenn sie sich für die Gesellschaft und einen guten Zweck engagieren“, verlangt Grader.
Nach seinen Informationen sind bereits zwei Klagen von Betroffenen gegen diese Handhabe des Bamberger Jobcenters beim Sozialgericht in Bayreuth anhängig. „Das ist peinlich und würdelos für Bamberg“, so Grader.

3 Gedanken zu „Kein Respekt für Hartz-IV-Empfänger im Ehrenamt?

  1. Ich würde selbst gern ehrenamtlich tätig werden. Hier stelle ich mir vor, Betroffene beim Ausfüllen ihrer Hartz IV Anträge zu helfen.Eigentlich tue ich dies nun schon seit mehreren Jahren, jedoch nur im Verwandten und Bekanntenkreis. Doch warum nicht auch anderen Menschen helfen? Ich suche hier also eine Anlaufstelle für den Raum Bamberg.

  2. Wenn sich jemand ehrenamtlich engagiert, so ist das schon wirklich gut. Wenn dann aber bei der Bezahlung (wieso wird ein Ehrenamt bezahlt?) den Harz IV Empfängern Nachteile entstehen, so ist das nicht in Ordnung. Ganz abgesehen von den sozialen Kontakten, die sich durch ein Ehrenamt ergeben, ist es gerade bei diesen Menschen besonders wichtig, dass sie anerkannt werden. Denn nur das kann helfen, wieder mehr Selbstbewusstsein zu bekommen, sicherer aufzutreten und so vielleicht aus dem Teufelskreis – kein Geld, kein Job, keine Wohnung, keine Hoffnung – heraus zu kommen. Gut, dass da nachgehakt wird!.

    • Nicht die ehrenamtliche Tätigkeit wird bezahlt. Vielmehr handelt es sich um eine Vergütung des Aufwands, der mit der Ausübung des Ehrenamts verbunden ist – in pauschalierter Form.

      Da es sich also der Sache nach nicht um Einkommen, sondern um Ersatz für Auslagen handelt, ist eine Anrechnung als Einkommen nicht sachgerecht.

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